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Persönlichkeit des Monats: Equal Pay bei Bahlsen dank Manuela Haase

10. April 2021
Equal Pay bahlsen Bild von Knut / Adobe Stock

Am 10. März beging Deutschland offiziell zum dreizehnten Mal den Equal Pay Day. Das Datum des internationalen Aktionstags markiert symbolisch den Tag, bis zu dem Frauen „umsonst“ arbeiten, während Männer für ihre Arbeit ab dem ersten Januar bezahlt werden. Denn obwohl das Datum seit 2010 langsam näher an den Jahresanfang rutscht, verdienen Frauen hierzulande im Durchschnitt noch immer 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Damit belegt Deutschland im Europavergleich eine der hinteren Positionen.

„Game Changer – Mach dich stark für equal pay!“ lautete das Motto des diesjährigen Equal Pay Day. Game Changer, das sind mutige, moderne und vor allem hartnäckige Macher und Macherinnen – so wie Manuela Haase. Mit dem Projekt „Equal Pay bei Bahlsen – Leuchtturm der Süßwarenindustrie“ setzte sich die GBR-Vorsitzende des Bahlsen Werk in Varel gemeinsam mit dem Betriebsrats-Team erfolgreich für eine gerechtere, diskriminierungsfreie Bezahlung der Beschäftigten ein und wurde dafür im vergangenen Jahr mit dem „Deutsche Betriebsräte-Preis 2020“ geehrt.

Lebenslauf und Karriere

Manuela Haase wurde 1961 in Magdeburg geboren. 1990 begann sie ihre Laufbahn bei Bahlsen am Standort Varel und arbeitete dort zunächst in der Produktion als Bandbedienung, Packerin und Hilfsaufsicht, bevor sie 1998 ins Qualitätsmanagement wechselte. Im selben Jahr wurde die 59-Jährige erstmals im Betriebsrat aktiv, in dessen Vorsitz sie schließlich 2010 gewählt wurde.

Seit 2011 ist Haase außerdem Mitglieds des Hauptvorstandes der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Weiterhin ist sie aktiv im Verwaltungsrat der Hamburger Pensionskasse, Mitglied der Vertreterversammlung der BGN sowie der Tarifkommission und ehrenamtliche Arbeitsrichterin am Arbeitsgericht Wilhelmshaven.

Betriebsrat kritisiert Diskriminierung der Mitarbeiterinnen

Bereits 2010 begann bei dem Süßwarenhersteller Bahlsen eine Automatisierungswelle, die zahlreiche Arbeitsplätze bedrohte. Auch die sogenannten Packhandarbeitsplätze, auf denen in der Regel Frauen per Hand die Qualität der Kekse prüfen und diese anschließend verpacken, waren betroffen. So ergaben sich Fragen hinsichtlich der zukünftigen Qualifizierung der Mitarbeiterinnen. Eigenen Aussagen zufolge registrierte der Betriebsrat dabei die eher unterschwellig formulierte Auffassung, die Mitarbeiterinnen besäßen nicht den nötigen Sachverstand, die entsprechenden Maschinen zu bedienen, zu warten und eventuelle Störungen zu beseitigen.

Die Weigerung, Frauen nicht zu qualifizieren, die Maschinen zu bedienen, wertete das Gremium als Diskriminierung. Ebenso kritisierte der Betriebsrat die um zwei Entgeltstufen niedrigere Eingruppierung der weiblichen Mitarbeiter im Vergleich zu männlichen Kollegen, welche die gleiche Arbeit verrichteten.

„Equal Pay bei Bahlsen – Leuchtturm der Süßwarenindustrie“

Der Betriebsrat unter Manuele Haase weigerte sich, die Ungleichbehandlung der Mitarbeiterinnen zu akzeptieren und nahm diese stattdessen zum Anlass, das Projekt „Equal Pay bei Bahlsen – Leuchtturm der Süßwarenindustrie“ ins Leben zu rufen. Dazu bezog sich das Gremium auf den Tarifgruppenkatalog des Bundesrahmentarifvertrages der Süßwarenindustrie, welcher die verschiedenen Tarifgruppen listet und die dazugehörigen Aufgabengebiete umreißt. Die betroffenen Mitarbeiterinnen wurden gebeten, ihre Arbeiten und Tätigkeiten zu dokumentieren, woraus sich beim Vergleich deutliche Unterschiede zwischen den geleisteten Arbeiten und der jeweiligen Eingruppierung ergaben.

Nach langen Verhandlungen konnte der Bahlsen Betriebsrat in Varel erreichen, dass nicht nur die untersten Tarifgruppen komplett abgeschafft wurden, sondern auch eine Höhergruppierung von 100 Frauen um zwei Gruppen. Dies führte zu einer nun gleichen Vergütung der erbrachten Arbeitsleistung – unabhängig vom Geschlecht.

Auszeichnung mit dem Deutschen Betriebsräte-Preis

Für den Erfolg des Projekts erhielten Manuela Haase sowie ihre Kolleginnen und Kollegen im vergangenen Jahr bei der Verleihung des Deutschen Betriebsräte-Preises 2020 die Auszeichnung Gold. Die Initiative der Fachzeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb“ ehrt jährlich besonders mutige und engagierte Betriebsarbeit und soll Erfolge der Interessenvertretung öffentlich machen sowie zum Nachahmen anregen.

Auch die Stellvertretende NGG-Vorsitzende Claudia Tiedge lobte das Engagement des Betriebsrates um Haase: „Wir sind wirklich unheimlich stolz auf das, was dem Bahlsen-Betriebsrat gelungen ist. Die Kolleginnen und Kollegen haben nie lockergelassen mit ihrer Überzeugungsarbeit für faire, diskriminierungsfreie Bezahlung. Arbeitgeber sperren sich oft mit Händen und Füßen, wenn die Eingruppierung in die verschiedenen Lohngruppen grundsätzlich hinterfragt wird. Dieses ganz dicke Brett haben Manuela Haase und ihre Kolleginnen und Kollegen im Betriebsrat jahrelang beharrlich und mit viel Herzblut gebohrt: Herzlichen Glückwunsch!“ Laut Tiegde zeige das Beispiel Bahlsen, wie wichtig es sei, regelmäßig zu überprüfen, ob richtig „eingruppiert“ werde.

Das Unternehmen: die Bahlsen GmbH & Co. KG

Die Bahlsen GmbH & Co. KG wurde im Jahr 1889 von Hermann Bahlsen gegründet und ist somit seit mehr als 130 Jahren einer der führenden Hersteller von feinen Backwaren. Etwa 80.000 Tonnen produzieren die rund 2.700 Mitarbeiter (davon 1.800 in Deutschland) jährlich. Neben dem Standort Varel betreibt das Unternehmen noch zwei weitere Werksstandorte in Deutschland, Berlin und Barsinghausen. Varel ist mit rund 260 MitarbeiterInnen das kleinste Werk in Deutschland und weist eine Frauenquote von fast 50 Prozent auf. Die Hauptverwaltung der Bahlsen GmbH & Co. KG sitzt in Hannover.

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