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Immer mehr Beschäftigte wünschen sich, ihre Arbeitszeit zu verringern. Das hat ganz unterschiedliche Gründe: Bei einigen Arbeitnehmern hat die Arbeit im Laufe der Jahre einen anderen Stellenwert erreicht. Andere benötigen – gerade jetzt in der Corona-Pandemie – mehr Zeit und Flexibilität, um ihre Kinder zu betreuen. Wieder andere Arbeitnehmer haben pflegebedürftige Eltern, deren Betreuung mehr und mehr Zeit einnimmt.
Corona-Pandemie hin oder her: Es gibt offensichtlich immer noch genug Arbeitgeber, deren Auftragsbücher gut gefüllt sind und die solchen Mitarbeitern gerade jetzt Schwierigkeiten bereiten. Dabei ist der Anspruch gesetzlich klar geregelt. Als Betriebsrat sollten Sie die rechtlichen Besonderheiten kennen, die mit einer Teilzeitbeschäftigung einhergehen.
Teilzeit durchsetzen: So sollten Kollegen vorgehen
Wenn ein Kollege weniger arbeiten will, muss er einen entsprechenden Antrag bei Ihrem Arbeitgeber stellen, und zwar mit einer Vorlauffrist von 3 Monaten. Nach dem Wortlaut des § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) soll Ihr Kollege mit dem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit auch die gewünschte Verteilung nennen. Einige legen sich in dem Antrag noch nicht fest und äußern sich nicht zur gewünschten Verteilung.
Ihr Kollege kann die Reduzierung der Arbeitszeit zudem davon abhängig machen, dass Ihr Arbeitgeber der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit zustimmt. Auch in einem solchen Fall muss Ihr Kollege die gewünschte Verteilung allerdings nicht bereits mit dem Antrag auf Herabsetzung der Arbeitszeit verbindlich nennen. Es genügt vielmehr, wenn er seine Wünsche in dem Erörterungsgespräch mit Ihrem Arbeitgeber einbringt.
! Achtung: Wenn Mitarbeiter Verteilung nicht angibt
Einige Arbeitgeber nehmen das dann zum Anlass, das Erörterungsgespräch zu verweigern. Das geht allerdings nicht. Ihr Arbeitgeber ist auch dann zur Erörterung des Teilzeitgesuchs verpflichtet, wenn Ihr Kollege keine konkrete Zeitvorgabe macht bzw. wenn die Zeitvorgabe betrieblichen Belangen zuwiderläuft.
Wenn Ihr Arbeitgeber das Teilzeitgesuch ablehnt
Ist Ihr Arbeitgeber mit der Arbeitszeitverringerung nicht einverstanden, muss er Ihrem Kollegen dies spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitreduzierung schriftlich mitteilen. Versäumt er diese Frist, gilt die beantragte Verringerung entsprechend als fest vereinbart (§ 8 Abs. 5 TzBfG).
Ablehnung der gewünschten Verteilung
Ist Ihr Arbeitgeber zwar grundsätzlich mit der Arbeitszeitverringerung, nicht aber mit der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit einverstanden, muss er Ihrem Kollegen dies auch spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitreduzierung mitteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG). Und zwar schriftlich. Versäumt er die Frist, gilt wie bei der verspäteten Ablehnung der Arbeitszeitverringerung die beantragte Neuverteilung der Arbeitszeit nach den Vorstellungen Ihres Kollegen (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG).
Allerdings hat Ihr Arbeitgeber hier mehr Gestaltungsspielraum. Denn stellt sich später heraus, dass die Verteilung der Arbeitszeit für den Betriebsablauf nicht praktikabel ist, und kann er nachweisen, dass sein Interesse an einer anderen Verteilung größer ist als das Interesse Ihres Kollegen an der Beibehaltung der eingetretenen Verteilung, darf Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeit wieder anders verteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG).
! ACHTUNG: Ablehnung nur, wenn betriebliche Gründe entgegenstehen
Ihr Arbeitgeber darf einen Teilzeitantrag bei der befristeten und unbefristeten Teilzeit nur in Ausnahmefällen ablehnen. Und zwar nur dann, wenn der Reduzierung der Arbeitszeit betriebliche Gründe entgegenstehen.
Das TzBfG definiert allerdings nicht konkret, was als betrieblicher Grund in diesem Sinne anzusehen ist und was nicht. Lediglich § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG nennt beispielhaft einige Gründe. Danach kann Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung ablehnen, wenn dadurch
- die betriebliche Organisation,
- der technische Ablauf oder
- die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt würden oder
- unverhältnismäßig hohe Kosten für die Umstellung auf Teilzeit entstünden.
Ablehnung spätestens einen Monat vor Beginn
Will Ihr Arbeitgeber ein Teilzeitgesuch ablehnen, muss er Ihrem betroffenen Kollegen – wie bereits zuvor dargestellt – spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitverringerung Bescheid geben. Versäumt er diese Frist, gilt der entsprechende Antrag als genehmigt.
Wie Sie am besten handeln, wenn Ihr Arbeitgeber ein Teilzeitgesuch ablehnt
Erfahren Sie als Betriebsrat von der Ablehnung eines Teilzeitgesuchs, sollten Sie folgende 2 Punkte noch einmal überprüfen:
§ 8 Abs. 4 TzBfG
(4) Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Übersicht: Hier kann Ihr Arbeitgeber ein Teilzeitgesuch ablehnen:
Vorteile | Erläuterung | Beispiel |
1. Wesentliche Beeinträchtigung der betrieblichen Organisation | Arbeiten in Ihrem Betrieb bzw. in der Abteilung des Kollegen, der den Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit gestellt hat, ausschließlich Vollzeitkräfte, kann Ihr Arbeitgeber ein entsprechendes Gesuch unter Umständen ablehnen. | In einem Betrieb sind ausschließlich Vollzeitkräfte tätig. Die Beschäftigung von Teilzeitkräften bietet sich vor allem deshalb nicht an, weil die Arbeitnehmer wegen der Art der Projekte ganztags für ihre Ansprechpartner erreichbar sein müssen. |
2. Erhebliche Störung des technischen Ablaufs | Gefährdet eine Teilzeitbeschäftigung den Arbeitsablauf im Betrieb, darf Ihr Arbeitgeber einen entsprechenden Wunsch ablehnen. Allerdings darf er nicht jeden Mehraufwand, der durch eine Teilzeitbeschäftigung entsteht, heranziehen, um diese abzulehnen. | Kann Ihr Arbeitgeber einen hohen wirtschaftlichen Mehraufwand nachweisen, z. B. dadurch, dass eine Produktion unterbrochen werden müsste und eine Umorganisation nicht möglich ist, wird er den Wunsch wohl ablehnen können. |
3. Unverhältnismäßig hohe Kosten | Ihr Arbeitgeber kann ein Teilzeitgesuch ablehnen, wenn damit unverhältnismäßig hohe Kosten verbunden sind. | Möchte ein Arbeitnehmer, dessen Job eine ganztägige Präsenz erfordert, seine Arbeitszeit reduzieren und lässt sich die Stelle nicht sinnvoll teilen (Jobsharing), kann Ihr Arbeitgeber das Gesuch ablehnen, wenn ihm dadurch Kunden und damit Aufträge verloren gehen und daraus z. B. höhere Fixkosten entstehen würden. |
4. Tarifliche Gründe | Das TzBfG sieht vor, dass Tarifverträge weitere Ablehnungsgründe enthalten können. | Prüfen Sie insoweit am besten die auf Ihren Betrieb anwendbaren Tarifverträge. |
Downloads zum Thema
§ 9a TzBfG
Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden hat, kann verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit für einen im Voraus zu bestimmenden Zeitraum verringert wird.
1. Wird das behauptete Konzept überhaupt praktiziert?
Begründet Ihr Arbeitgeber die Ablehnung eines Teilzeitgesuchs mit einer unternehmerischen Entscheidung (z. B. damit, dass im entsprechenden Bereich nur Vollzeitkräfte tätig sein können), muss er dies durch ein schlüssiges Konzept nachweisen. Gegen ein solches Konzept spricht unter anderem, wenn Ihr Arbeitgeber eine lange Abwesenheit eines Kollegen, z. B. eines Elternzeitlers oder eines langzeiterkrankten Kollegen, ohne die Einstellung einer Ersatzkraft überbrücken konnte.
2. Wurde oder wird bereits in Teilzeit gearbeitet?
Wurde von Ihrem Arbeitgeber bereits einmal Teilzeitarbeit angeordnet, z. B. aufgrund eines vorübergehenden Auftragsmangels, belegt dies ebenfalls, dass einer Teilzeitarbeit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Zudem spricht die Tatsache, dass er bereits Teilzeitkräfte beschäftigt, dagegen, dass Teilzeit prinzipiell in Ihrem Unternehmen nicht möglich ist.
Selbst wenn in Ihrem Betrieb noch nie Teilzeit geleistet wurde, heißt das nicht automatisch, dass diese nicht möglich ist. Denn in diesem Fall müsste Ihr Arbeitgeber nachweisen, dass eine Umorganisation der betrieblichen Gegebenheiten nicht möglich ist.
! ACHTUNG: Prüfen Sie alle Möglichkeiten
Ihre Aufgabe wäre es dann, alle denkbaren Möglichkeiten zu prüfen. Dieser Ablehnungsgrund wird aber nur in den seltensten Fällen vorliegen. In der Regel wird sich ein Betrieb immer so umorganisieren lassen, dass Teilzeitstellen geschaffen werden können.
Schichtarbeit macht Teilzeit nicht unmöglich
Es gibt immer wieder Arbeitgeber, die ein Teilzeitgesuch mit der Begründung eines Schichtbetriebs ablehnen. Das ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Bei der Umsetzung eines Teilzeitanspruchs können vielmehr sogar Änderungen des Schichtsystems zumutbar sein. Weisen Sie Ihren Arbeitgeber notfalls darauf hin.
Tipp: Im Zweifel Anwalt einschalten
Spricht nach der Prüfung dieser Punkte einiges dafür, dass die Ablehnung
eines Teilzeitgesuchs unberechtigt war, sollte Ihr betroffener Kollege
die Erfolgsaussichten einer Klage durch einen Anwalt, vorzugsweise einen
Fachanwalt für Arbeitsrecht, prüfen lassen.
Wenn ein Kollege auf Teilzeitarbeit angewiesen ist
Ist ein Kollege dringend auf die Durchsetzung eines Teilzeitbegehrens angewiesen, hat er die Möglichkeit, diese auch im Rahmen eines Eilverfahrens durchzusetzen. Damit er Erfolg hat, muss er allerdings konkret darlegen, dass ihm das Abwarten des regulären Verfahrens nicht zugemutet werden kann.
Das ist immer dann der Fall, wenn ihm in der Zwischenzeit dem Betroffenen sonst wesentliche Nachteile drohen. Weisen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in einer entsprechenden Situation auf die Möglichkeit eines Eilverfahrens hin.
Mit der folgenden Checkliste können Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen helfen, schnell zu prüfen, ob sie einen Anspruch auf Teilzeitarbeit bzw. die sogenannte Brückenteilzeit (zeitlich befristete Teilzeit) haben:
Checkliste: Wann Ihre Kollegen einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben
- Das Beschäftigungsverhältnis mit dem an Teilzeit interessierten Kollegen besteht seit mehr als 6 Monaten.
- Ihr Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer (unbefristete Arbeitszeitverringerung, § 9a KSchG) bzw. mehr als 45 Arbeitnehmer (befristete Arbeitszeitverringerung).
- Im Hinblick auf die befristete Arbeitszeitverringerung ist das Soll nicht überschritten (in einem Unternehmen mit bis zu 200 Arbeitnehmern muss nur einem von 15 Arbeitnehmern diese Art der Teilzeit gewährt werden).
- Der Kollege hat den Antrag auf Teilzeitarbeit 3 Monate vor dem Beginn der Verringerung der Wochenarbeitszeit gestellt.
- Ihr Arbeitgeber kann dem Antrag keine betrieblichen Gründe entgegenhalten.
- Der Kollege hat in den vergangenen 2 Jahren keinen Antrag auf unbefristete bzw. im vergangenen Jahr keinen Antrag auf befristete Teilzeitarbeit gestellt. Gleiches gilt 2 Jahre, nachdem eine befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung aus betrieblichen Gründen abgelehnt wurde.
- Kann Ihr Kollege alle Fragen mit Ja beantworten, kann Ihr Arbeitgeber das Teilzeitgesuch sehr wahrscheinlich nicht erfolgreich ablehnen.
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