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Urteil 6 – Gekündigtes Arbeitsverhältnis: Urlaubsanspruch kann nicht per einstweilige Verfügung durchgesetzt werden

03. Mai 2020

Hat Ihr Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis mit einem Kollegen per Kündigung beendet, hat dieser keinen Anspruch auf Urlaub für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist. Das gilt auch für den Fall, dass die Kündigung noch nicht rechtskräftig ist. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hervor.

Arbeitnehmerin beantragt bereits im Januar Urlaub

Der Fall: Die Arbeitnehmerin eines Callcenters hatte bereits im Januar ihren Jahresurlaub vom 27.7. bis zum 9.8. beantragt. Der Arbeitgeber gewährte den Urlaub daraufhin aber lediglich bis zum 2.8. Den Urlaubsantrag für die 2. Urlaubswoche lehnte er ab.

Im Juni desselben Jahres kündigte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin verhaltensbedingt unter Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 31.7. Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin umgehend mit einer Kündigungsschutzklage. In einem 2. Verfahren, einem Eilverfahren, also per einstweilige Verfügung, beantragte sie, den Arbeitgeber außerdem zu verpflichten, ihr den beantragten Urlaub vom 5.8. bis zum 9.8. zu gewähren.

ArbG gibt dem Antrag statt

Das Arbeitsgericht (ArbG) gab dem Antrag statt. Und zwar mit der Begründung, dass das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses durch die Kündigungsschutzklage streitig sei. Es ging deshalb davon aus, dass noch ein Urlaubsanspruch bestehe. Auch der Aspekt, dass der Arbeitgeber seine Kündigung noch zurückziehen könnte, sprach nach Ansicht des Gerichts für den Anspruch der Arbeitnehmerin.

Mit dieser Entscheidung war der Arbeitgeber nicht einverstanden. Er legte deshalb Berufung ein. Doch noch bevor das LAG, das über die Berufung zu entscheiden hatte, zum Zug kam, einigten sich die Parteien auf einen Vergleich. Danach sollte das Beschäftigungsverhältnis nun zum 31.8. enden.

LAG beurteilt den Fall anders

Bedingt durch den Vergleich reduzierte sich die Aufgabe des LAG Mecklenburg-Vorpommern nun auf eine Entscheidung darüber, wer welche Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen hat. Denn während in der 1. Instanz vor dem ArbG jede Partei die Kosten selbst trägt, sind diese in der 2. Instanz, also im Berufungsverfahren, von der unterlegenen Partei zu tragen.

Der Vergleich hatte dazu geführt, dass es keine unterlegene Partei gab. Das Gericht musste deshalb prüfen und entscheiden, welche Partei im Fall der Weiterführung des Verfahrens den Prozess gewonnen hätte.

Einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung ist unbegründet

Die Entscheidung: Die Richter stellten im Rahmen dieser Entscheidung klar, dass sie die einstweilige Verfügung auf Urlaubsgewährung als unbegründet ansehen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 12.9.2019, Az. 5 SaGa 6/19). In ihrer Begründung verwiesen sie darauf, dass der Urlaubsanspruch ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis voraussetze.

Das sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Urlaub eine Freistellung von der Arbeitspflicht darstelle. Diese Voraussetzung sei nur gegeben, solange ein Arbeitsverhältnis bestehe.

Daran mangelte es hier. Schließlich sei die Arbeitnehmerin ursprünglich nicht verpflichtet gewesen, ihre Arbeitspflicht nach dem 31.7. zu erbringen, so die Richter.

FAZIT

Ihre Kollegen haben keinen Anspruch auf Urlaub nach Ablauf der Kündigungsfrist.

Hat Ihr Arbeitgeber einem Kollegen gekündigt, hat dieser nach Ablauf der Kündigungsfrist keinen Anspruch mehr auf Urlaub. Ihr Arbeitgeber muss vielmehr eventuell übrig gebliebene Resturlaubstage abgelten. Raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen allerdings, sich im Zusammenhang mit einer Kündigung – unabhängig davon, von wem sie ausgesprochen wird – immer auch einen Überblick über die Urlaubssituation zu verschaffen. Ihr Arbeitgeber ist dabei gut beraten, wenn er die betroffenen Kolleginnen und Kollegen auffordert, ihren Urlaub bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu nehmen. Abgesehen von den etwaigen fristlosen Kündigungen werden sie auf diesem Weg zumindest einen Großteil eines noch bestehenden Urlaubsanspruchs verbrauchen können. Das ist auf jeden Fall kostengünstiger für Ihren Arbeitgeber und erspart Ihren Kolleginnen und Kollegen unnötige Auseinandersetzungen

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