So schützen und fördern Sie die Gesundheit Ihrer Kolleginnen und Kollegen

09. November 2020

Wer sich wohlfühlt, arbeitet effektiver. Das gilt auch und gerade in Zeiten der Corona-Pandemie. Sie als Betriebsrat sind deshalb zurzeit besonders gefragt, wenn es um den Arbeits- und Gesundheitsschutz geht. Ihre Aufgabe ist es, sich dafür einzusetzen, dass die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen umgesetzt und Ihren Kolleginnen und Kollegen trotzdem arbeitnehmerfreundliche Arbeitsbedingungen geboten werden.

Gibt es in Ihrem Betrieb noch kein Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), sollten Sie zudem grundsätzlich überlegen, ob Sie mit Ihrem Arbeitgeber eines vereinbaren. Denn die Erfahrung zeigt, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten durch ein aktives BGM verringert werden können. Wie Sie sich in Sachen Gesundheitsschutz am besten einbringen können, lesen Sie im Folgenden.

Sie bestimmen mit

Als Betriebsrat haben Sie ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften geht, § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Ihre Hauptaufgabe liegt aber darin, sich für die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen über die Förderung des Gesundheitsschutzes einzusetzen (§ 89 BetrVG).

Maßnahmen zur allgemeinen Gesundheitsförderung

Überlegen Sie, welche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Gesundheitsförderung in Ihrem Betrieb besonders wirkungsvoll sein könnten. Schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber entsprechende Angebote vor, z. B.:

  • Förderung der körperlichen Fitness durch Betriebssportangebote, Ernährungsseminare, Raucherentwöhnungskurse und gesundes Kantinenessen,
  • Maßnahmen zur gesundheitsfördernden Arbeitsorganisation, wie etwa abwechslungsreiche Tätigkeiten,
  • Vorbeugungsmaßnahmen gegen psychische Fehlbelastungen, z. B. Anti-Stress-Seminare.

Wie wichtig gerade das letzte Handlungsfeld ist, beweist die Tatsache, dass 23 % der vorzeitigen Verrentungsfälle auf psychische Erkrankungen zurückgehen.

Tipp: Passende Angebote entwickeln
Unterbreiten Sie Angebote. die auf die spezifischen Belastungen der unterschiedlichen Tätigkeiten in Ihrem Betrieb abgestimmt sind. Während die Arbeiter in der Produktion eher auf Kurse zur richtigen körperlichen Arbeit angewiesen sind. benötigen die Kollegen aus dem Vertrieb unter Umständen eher Stressbewältigungskurse.

Das müssen Sie zur allgemeinen Arbeitsorganisation wissen

Der körperliche Verschleiß im Alter ist keinesfalls zwangsläufig. Untersuchungen haben gezeigt, dass die mangelhafte Gestaltung von Arbeitsplätzen und das lange Verbleiben darauf für so manche Defizite verantwortlich sind.

Denn anforderungsarme, monotone und hoch arbeitsteilige Tätigkeiten führen zu vorzeitiger körperlicher und psychischer Abnutzung. Folge dessen ist häufig, dass die Arbeitnehmer demotiviert sind. Dadurch sinkt ihre Leistungsfähigkeit. Sie verlieren die Lust, sich weiterzuentwickeln.

Ziehen Sie als Betriebsrat daraus folgende Konsequenzen

Setzen Sie sich dafür ein, dass Ihren Kolleginnen und Kollegen Tätigkeiten, bei denen sie ständig folgenden Anforderungen ausgesetzt sind, weitestgehend erspart bleiben. Sorgen Sie dafür, dass

  • sie möglichst keine gleichförmigen Arbeitsabläufe haben,
  • von ihnen keine Daueraufmerksamkeit gefordert wird,
  • sie sich nicht ständig in Zwangshaltungen befinden,
  • sie keine übermäßig vielen Nachtschichten leisten müssen,
  • sie nicht ständig anstrengende und taktgebundene Arbeit verrichten müssen,
  • sie nicht allzu hohem Zeitdruck ausgesetzt sind,
  • sie keine schweren Hebe- bzw. Tragetätigkeiten ohne Hilfsmittel verrichten müssen.

Stress vermeiden

Viele lang andauernde Krankheiten werden durch Stress verursacht. Und zwar dann, wenn Stress zu psychischer Belastung führt. Oft werden psychische Krankheiten durch den Arbeitsalltag ausgelöst. Einige Arbeitnehmer stehen ständig unter hohem Druck. Dem sind sie nicht gewachsen. Irgendwann ist der Akku dann leer. Es folgt der totale Erschöpfungszustand. Damit nicht zu viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen ein Burn-out erleiden, müssen Sie vorbeugend tätig werden.

Wie Sie Kollegen helfen, wenn sie doch länger krank waren

Ist ein Beschäftigter in Ihrem Unternehmen länger als 6 Wochen am Stück oder häufig kurz erkrankt und überschreitet er dabei die 6-Wochen-Grenze innerhalb eines Jahres, muss Ihr Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten (§ 167 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX). Ziel ist es, dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten möglichst gesund bleiben und ihren Arbeitsplatz behalten. Als Betriebsrat können Sie auf das BEM Einfluss nehmen. Am besten, indem Sie eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit Ihrem Arbeitgeber schließen.

Langzeiterkrankte müssen mit Krankenrückkehrgespräch rechnen

Zudem müssen Ihre Kolleginnen und Kollegen, die länger krank waren, damit rechnen, dass Ihr Arbeitgeber mit ihnen ein Krankenrückkehrgespräch führen möchte. Dabei handelt es sich um ein Gespräch, in dem er erforschen will, ob es dem Kollegen wieder gut geht und ob die Ursache seiner Erkrankung im betrieblichen Bereich zu suchen ist. Denn dann kann Ihr Arbeitgeber die Ursachen vielleicht abstellen.

Durch das Gespräch kommt Ihr Arbeitgeber zum einen seiner Fürsorgepflicht nach. Zum anderen übt er allerdings eine gewisse Kontrolle aus. Diese Gefahr können Sie als Betriebsrat aber zum Glück begrenzen. Denn Sie bestimmen mit.

Übersicht: Krankenrückkehrgespräche

VorteileErläuterung
Motivation steigtIhr Arbeitgeber zeigt dem betroffenen Kollegen, dass er die Abwesenheit festgestellt hat. Er bringt zum Ausdruck, dass ihm das Befinden nicht gleichgültig ist.
InformationsgewinnDas Rückkehrgespräch liefert mögliche Informationen aus erster Hand über den Auslöser der Fehlzeit, vor allem ob das Fehlen möglicherweise auch dienstlich bedingt war. Nur so können dann die möglichen Konsequenzen gezogen und Abhilfe geschaffen werden.

Hilfe bei der Wiedereingliederung
Im Rahmen des Rückkehrgesprächs können Ihre Kollegen ausführlich darüber informiert werden, was sich während der Abwesenheit ereignet hat. So kann ihnen die Wiedereingliederung erleichtert werden.

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Arbeitsunfähigkeit in 3 Schritten vorbeugen

Bei der Einrichtung eines BGM geht es vor allem darum herauszufinden, welche Krankheiten in einem Betrieb besonders häufig auftreten. Ziel ist es, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wenn sie durch bestimmte Arbeitsbedingungen verursacht wurden.

Das funktioniert nur, wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen sich zu ihren Krankheiten erklärt haben. Das müssen sie aber nicht. Viele Kollegen erzählen es dennoch. Möchten Sie ein BGM einführen, dann gehen Sie am besten in den folgenden 3 Schritten vor.

1. Schritt: Art der Erkrankungen ermitteln

Notieren Sie, soweit Sie es können, welche Erkrankungen Ihre Kolleginnen und Kollegen hatten. Am besten beschränken Sie sich dabei auf die Erkrankungen des vergangenen Jahres. Berücksichtigen Sie dabei auch psychische Krankheiten wie das Burn-out-Syn- drom oder etwa Erkrankungen, die durch Mobbing hervorgerufen wurden.

2. Schritt: Ermitteln Sie die Arbeitsbedingungen in Ihrem Betrieb

Finden Sie heraus, ob Ihre Kolleginnen und Kollegen das Gefühl haben, ständig unter großem Zeitdruck zu arbeiten. Prüfen Sie, ob schlecht ausgestattete Arbeitsplätze, sei es im Büro oder in der Produktion, Arbeitsunfälle oder typische Bürokrankheiten wie etwa Rückenbeschwerden den hohen Krankenstand hervorgerufen haben. Gleichen Sie den Istzu- stand mit dem gewünschten Sollzustand ab.

3. Schritt: Maßnahmen festlegen

Legen Sie im Anschluss gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber Maßnahmen fest, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Achten Sie in der Folgezeit darauf, dass die von Ihnen und Ihrem Arbeitgeber verfügten Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Am besten einigen Sie sich mit ihm dazu bereits vorab auf einen konkreten Zeitplan, damit Sie ihn auf die Termine festnageln können.

Tipp: Arbeitnehmerumfrage starten
Um sich ein möglichst umfassendes Gesamtbild zu machen, ist es zudem sinnvoll, eine Umfrage unter den Arbeitnehmern zu den Krankheitsursachen zu starten, und zwar am besten bereits im Rahmen des 1. Schrittes, also im Zusammenhang mit der Ermittlung der Krankheiten. Mit der folgenden Checkliste können Sie zudem prüfen, ob Ihr Arbeitgeber Ihre Mitbestimmungsrechte beim Gesundheitsschutz berücksichtigt hat.

Mitbestimmungsrechte beim Gesundheitsschutz ausreichend berücksichtigt?

  • Informiert Ihr Arbeitgeber Sie über sämtliche, den Arbeitsschutz betreffende Angelegenheiten? Hat er Ihnen auf Ihr Verlangen hin die entsprechenden Unterlagen vorgelegt?
  • Ihr Arbeitgeber plant eine Maßnahme, die der Verhütung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren dient: Hat er Ihre Mitbestimmungsrechte gewahrt?
  • Ihr Arbeitgeber will die arbeitsmedizinische oder sicherheitstechnische Betreuung neu organisieren: Hat er Sie bei der Bestellung bzw. Abberufung eines Betriebsarztes sowie des Sicherheitsbeauftragten beteiligt?
  • Ihr Arbeitgeber will umbauen oder Arbeitsplätze neu gestalten bzw. Arbeitsverfahren ändern: Hat er Sie so rechtzeitig informiert, dass Ihre Bedenken noch Berücksichtigung finden können?
  • Ihr Arbeitgeber will eine Gefährdungsbeurteilung durchführen: Hat er Ihre Mitbestimmungsrechte gewahrt?
  • Ihr Arbeitgeber plant eine Betriebsbesichtigung mit der für den Arbeitsschutz zuständigen Behörde: Hat er Sie hinzugezogen?
  • Ihr Arbeitgeber will eine Besprechung mit dem Sicherheitsbeauftragten durchführen: Hat er Sie auch eingeladen?
  • Die Aufsichtsbehörde bzw. die Berufsgenossenschaft hat Ihrem Arbeitgeber Auflagen erteilt: Hat er Sie sofort darüber in Kenntnis gesetzt?
  • Ihr Arbeitgeber will eine Informationsveranstaltung zum Arbeitsschutz durchführen: Hat er Sie informiert?
  • Ein Arbeitsunfall ist passiert: Hat Ihr Arbeitgeber Sie informiert und Ihnen die Anzeige zur Unterschrift vorgelegt?

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Können Sie alle Fragen mit Ja beantworten, hat Ihr Arbeitgeber Ihre Mitbestimmungsrechte gewahrt. Haben Sie eine Frage mit Nein beantwortet, hat er Ihre Mitbestimmungsrechte ignoriert. Weisen Sie ihn nachdrücklich auf Ihre Beteiligungsmöglichkeiten und -rechte hin.

Prävention ist ein wichtiger Aspekt beim Thema Gesundheitsförderung. Ein durchdachtes, ganzheitliches BGM bringt Ihren Kolleginnen und Kollegen erhebliche Vorteile. Welche das sind, können Sie der Übersicht entnehmen.

Übersicht: Vorteile eines systematischen Gesundheitsmanagements

Vorteile für Ihren ArbeitgeberVorteile für Ihre Kollegen
Wachsendes Bewusstsein bei allen Kollegen für gesundheitsförderndes Verhalten bei der ArbeitSensibilisierung für ein gesundheitsförderndes Verhalten bei der Arbeit und in der Freizeit
Reduzierung der Fehlzeitenquote durch GesundheitsmaßnahmenVerbesserung des allgemeinen Gesundheitszustands insgesamt
Senkung der FluktuationsquoteSteigerung der Arbeitszufriedenheit
Gesunde Arbeitnehmer, die leistungsfähiger sindEinsparen von Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, die sie ansonsten ggf. zu tragen hätten

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