Ihr Arbeitgeber darf die Betriebsratswahl nicht einfach so abbrechen

19. Januar 2022

Lesezeit 2 Minuten

Vom 1.3.2022. bis zum 31.5.2022 findet die nächste reguläre Betriebsratswahl statt. Vielen Arbeitgebern ist das ein Dorn im Auge – aus den unterschiedlichsten Gründen. Das ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass ein Arbeitgeber die Betriebsratswahl nicht verhindern können wird. Das lässt sich auch einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg entnehmen (23.11.2021, Az. 13 TaBVGa 1534/21).

Arbeitgeberin fordert sofortigen Abbruch der Betriebsratswahl

Der Fall: Die Arbeitnehmer eines Lebensmittellieferdienstes wollten einen Betriebsrat gründen. Das missfiel dem Arbeitgeber. Er versuchte daraufhin, die Wahl mit rechtlichen Mitteln zu verhindern. So forderte er vor Gericht mit der Begründung, dass der Wahlvorstand nicht ordnungsgemäß gebildet worden sei, den Abbruch der Wahl. Zudem rügte er, dass erhebliche Mängel im Wahlverfahren vorlägen und das Wahlausschreiben fehlerhaft sei.

Wahlabbruch nur bei gravierenden Mängeln

Die Entscheidung: Das LAG Berlin-Brandenburg wies die Klage ab. Das begründeten die Richter damit, dass eine Betriebsratswahl nur abgebrochen werden könnte, wenn der Wahlvorstand bei der Einleitung der Wahl offensichtlich nicht im Amt gewesen sei oder wenn die festzustellenden Mängel im Wahlverfahren zu einer nichtigen Wahl führen würden.

Die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl kann von jedermann zu jeder Zeit und in jeder Form geltend gemacht werden. Dafür muss jedoch ein so grober offensichtlicher Fehler vorliegen, dass nicht einmal der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl vorliegt.

Eine nichtige Wahl könnte z. B. gegeben sein, wenn es keinen Wahlvorstand oder keine Wählerliste gäbe. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor, so die Richter. Deshalb sei die Wahl nicht abzubrechen.

Dann ist die Anfechtung der Wahl ggf. möglich

Das Gericht lehnte zwar den Abbruch der Wahl ab. Deren Anfechtung beim Arbeitsgericht wäre allerdings ggf. möglich gewesen.

Das setzt grobe Verstöße gegen wesentliche Vorschriften voraus (§ 19 BetrVG), und zwar über:

  • das Wahlrecht (Beispiel: Zulassung von Nichtwahlberechtigten zur Wahl),
  • die Wählbarkeit (Beispiel: Zulassung nicht wählbarer Arbeitnehmer als Wahlkandidaten) oder
  • das Wahlverfahren (Beispiel: Bestellung eines Wahlvorstands durch einen Betriebsrat, dessen Amtszeit abgelaufen ist).

Eine Wahl muss binnen 2 Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten werden. Erklärt das Arbeitsgericht die Wahl daraufhin für ungültig, muss ein kompletter neuer Wahlvorgang mit korrektem Ablauf gestartet werden.

Nach 2 Wochen ist Schluss

Ist die 2-Wochen-Frist abgelaufen, ohne dass jemand die Wahl angefochten hat, sind die Mängel geheilt, die eine Anfechtung der Betriebsratswahl rechtfertigen und nicht zur Nichtigkeit führen. Danach erlischt das Anfechtungsrecht und das Wahlergebnis ist wirksam und verbindlich.

Wer anfechtungsberechtigt ist

Anfechtungsberechtigt sind nach § 19 Abs. 2 BetrVG

  • mindestens 3 wahlberechtigte Kolleginnen und Kollegen Ihres Betriebs,
  • eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder
  • Ihr Arbeitgeber.

Die erfolgreiche Anfechtung einer Betriebsratswahl führt zur Neuwahl. Das macht die Bestellung eines neuen Wahlvorstands erforderlich.

Weisen Sie Ihren Arbeitgeber auf die Kosten hin

Bekommen Sie Wind davon, dass Ihr Arbeitgeber darüber nachdenkt, die Betriebsratswahl anzufechten, versuchen Sie, ihn mit dem Argument, dass er die Kosten auch für eine Neuwahl trägt, davon abzuhalten. Und diese Kosten sind nicht unerheblich! Vielleicht überlegt er sich es dann noch einmal.

§ 19 Abs. 1 BetrVG

Die Wahl kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.

Fazit: Abbruch der Wahl nur möglich, wenn Nichtigkeit droht

Ihr Arbeitgeber kann den Abbruch einer Betriebsratswahl nur durchsetzen, wenn so gravierende Mängel vorliegen, dass andernfalls die Nichtigkeit der Wahl droht. Diese muss stets von der Anfechtbarkeit unterschieden werden. Denn für die Nichtigkeit gilt nicht § 19 BetrVG. Sie kann vielmehr von jedermann zu jeder Zeit in jeder Form geltend gemacht werden.

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