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Die Corona-Pandemie hat uns einen längst überfälligen Digitalisierungsschub gebracht. Durch eine Neuregelung im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sind jetzt sogar virtuelle Sitzungen möglich (§ 129 BetrVG). Das machen sich neuerdings immer wieder Arbeitgeber zunutze. Sie verweisen ihren Betriebsrat auf eine virtuelle Sitzung. Das ist nicht immer praktikabel. Die bisherige Erfahrung zeigt, dass es durchaus Situationen gibt, in denen es sinnvoller und effizienter ist, wenn Sie sich als Gremium persönlich treffen. Das muss Ihr Arbeitgeber im Zweifel auch tolerieren, wie sich einer aktuellen Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Berlin entnehmen lässt (7.10.2020, Az. 7 BVGa 12816/20).
Die Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats […] sowie die Beschlussfassung können mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt keine Kenntnis nehmen können.
Arbeitgeber verbietet einrichtungsübergreifende Dienstliche treffen
Der Fall: Der Arbeitgeber, ein Unternehmen, das deutschlandweit Rehabilitationskliniken betreibt, hat all seinen Beschäftigten bis auf weiteres einrichtungsübergreifende dienstliche Treffen und Zusammenkünfte verboten. Von diesem Verbot sollte auch die bereits geplante mehrtägige Präsenzsitzung des Konzernbetriebsrats erfasst sein. Zu dieser sollten sämtliche Betriebsrats-mitglieder aus den Einzelbetrieben anreisen.
Gesamtbetriebsrat zieht vor Gericht
Davon hielt der Arbeitgeber im Hinblick auf die anhaltende Corona-Pandemie gar nichts. Er untersagte dem Konzernbetriebsrat deshalb die Durchführung der Präsenzsitzung. Dieser wandte daraufhin ein, dass bei der Zusammenkunft alle geltenden gesetzlichen Maßgaben zum Infektionsschutz eingehalten würden. Da sich der Arbeitgeber darauf nicht einließ, landete die Angelegenheit vor Gericht.
Arbeitgeber darf keine Verbote ohne gesetzliche Grundlage aussprechen
Die Entscheidung: Das ArbG Berlin entschied zugunsten des Betriebsrats. Und zwar mit der Begründung, dass es für ein solches Verbot keine gesetzliche Grundlage gebe. Im BetrVG sei geregelt, dass der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats die Entscheidungsmacht über die Ein-berufung der Sitzung, den Sitzungsort und damit auch über die Frage, ob eine Präsenzsitzung oder eine Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werde, habe.
Für die Durchführung einer Präsenzsitzung sprach aus der Sicht des Gerichts zudem, dass auf der Tagesordnung des einladenden Konzernbetriebsrats geheim durchzu-führende Wahlen standen. Diese lassen sich virtuell nur schwierig durchführen.
Was grundsätzlich für Betriebsratssitzungen gilt
Betriebsratssitzungen sind nicht öffentliche Sitzungen. Das ist bei Telefon- und Videositzungen grundsätzlich schwierig zu realisieren. Schließlich lässt sich die Öffentlichkeit bei solchen Sitzungen unter Umständen nicht so einfach ausschließen wie bei einer Präsenzsitzung in einem geschlossenen Raum. Nach § 33 Abs. 1 BetrVG werden Beschlüsse in Betriebsratssitzungen mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst.
Diese Regelung zeigt ebenfalls, dass der Gesetzgeber grundsätzlich von Präsenzveranstaltungen ausgeht. Dennoch wurden – bedingt durch die Corona-Pandemie – jetzt Video- und Telefonsitzungen ausdrücklich genehmigt. Damit verbunden ist jedoch nicht die Pflicht, sämtliche Sitzungen als Telefonkonferenzen abzuhalten. § 129 BetrVG regelt ausdrücklich, dass der Betriebsrat Sitzungen als Telefon- und Videositzungen abhalten darf. Das heißt, Sie als Betriebsrat entscheiden, welche Art der Sitzung Sie abhalten wollen.
Tipp: Wägen Sie im Einzelfall ab
Sie dürfen sich also durchaus auch persönlich treffen. Das halte ich
auch für richtig und sinnvoll. Prüfen Sie als Betriebsrat deshalb ab
sofort vor jeder Betriebsratssitzung, ob die Durchführung einer
Präsenzveranstaltung, z. B. wegen einer durchzuführenden Wahl, im
Einzelfall wichtiger ist als eine eventuelle Gesundheitsgefährdung, die
für Sie und Ihre Kollegen von einer persönlichen Zusammenkunft ausgehen
könnte.
Sorgen Sie immer für die Einhaltung des Hygienekonzepts
Hierbei wird es im Einzelfall entscheidend darauf an-kommen, wie viele Personen sich persönlich treffen sol-len und ob der vorgesehene Raum groß genug ist, um die Abstandsregeln einzuhalten. Entscheiden Sie sich für eine persönliche Zusammenkunft, sorgen Sie dafür, dass alle das Hygienekonzept in Form von Abstand, Maske, Desinfektion und vor allem auch regelmäßigem Lüften einhalten.

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