So fassen Sie formal wirksame Beschlüsse im Gremium

25. Oktober 2019

Als Betriebsrat werden Sie mit einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften konfrontiert. Im Hinblick auf Ihre Gremiumsarbeit geht es dabei häufig um das Einhalten von Formalien. Das ist nicht immer einfach. Die Praxis zeigt, dass gerade bei der Beschlussfassung viele Fehler gemacht werden. Deshalb lesen Sie hier, wann Beschlüsse erforderlich sind, mit welchen Mehrheiten Sie sie treffen und wie Sie Beschlüsse rechtssicher dokumentieren, damit Ihr Arbeitgeber eventuelle kleine Nachlässigkeiten nicht nutzt, um z. B. einen Wunsch auf Weiterbildung abzuwehren.

Verbindliche Entscheidungen setzen Beschluss voraus

Wollen Sie als Betriebsrat eine verbindliche Entscheidung treffen, benötigen Sie einen Beschluss. Diesen können Sie allerdings nur während einer Betriebsratssitzung fassen.

Nicht gefasst werden kann ein Beschluss im Umlaufverfahren, also indem der entsprechende Vorschlag schriftlich abgefasst jedem Betriebsratsmitglied vorgelegt wird und dieses dann schriftlich für oder gegen die Maßnahme stimmt. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass die Tagesordnung der Sitzung den zu beschließenden Punkt benennt.

Vorgehensweise bei der Beschlussfassung

Ein Punkt auf der Tagesordnung benennt z. B. die Teilnahme eines Kollegen an einer arbeitsrechtlichen Fortbildung. Damit allen bereits vorab klar ist, worum es in der Abstimmung geht, sollten Sie den Sachverhalt in einem kurzen Text in der Tagesordnung schildern: „Herrn Meyer fehlen arbeitsrechtliche Kenntnisse, die für die Arbeit im Gremium nötig sind, vor allem jetzt, da der Betrieb vor erheblichen Änderungen steht.“

Beschlussfähigkeit muss sein

Soweit es in der Geschäftsordnung keine Regelung gibt, sind die Form der Beschlussfassung und der Wortlaut der zu fassenden Beschlüsse frei. Die Abstimmung erfolgt meist per Handzeichen. In großen Gremien wird auch immer wieder per Stimmzettel abgestimmt. Möglich ist beides.

Die Abstimmung kann entweder öffentlich oder geheim stattfinden. Darüber müssten Sie sich zuvor im Gremium einigen.

Natürlich müssen Sie als Gremium zudem beschlussfähig sein. Das setzt voraus, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder Ihres Gremiums anwesend ist, § 33 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Die Zahl bemisst sich dabei nach den tatsächlich im Amt befindlichen Kollegen und nicht nach der gesetzlich vorgesehenen Anzahl. Auch Ersatzmitglieder sind für den Vertretungsfall in diesem Sinne vollwertige Betriebsräte.

Beispiel: Beschlussfähigkeit

Ein Betriebsrat hat 11 Mitglieder. Für die Beschlussfähigkeit müssen mindestens 6 Mitglieder anwesend sein.

! ACHTUNG: Vor jeder Abstimmung Beschlussfähigkeit feststellen

Um sicher zu sein, dass die Beschlussfähigkeit des Gremiums gegeben ist, müssen Sie sie vor jeder Abstimmung, also für jeden einzelnen Punkt, feststellen. Denn Ihre Kollegen können sich durch Erklärung einer Beschlussfassung entziehen, z. B. bei persönlicher Befangenheit.

Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit gefasst (§ 33 Abs. 1 BetrVG), es sei denn, dass das Gesetz etwas anderes vorsieht. Bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Stimmenenthaltungen wirken als Ablehnung, da eine Stimmenmehrheit aller anwesenden Mitglieder nötig ist.

Beispiel: Keine einfache Stimmenmehrheit

Der 9-köpfige Betriebsrat stimmt ab. 3 Mitglieder sind für den Antrag, 4 dagegen und 2 enthalten sich. Der Antrag ist abgelehnt, da er keine einfache Stimmenmehrheit fand.

Wann die absolute Mehrheit notwendig ist

Nur in wenigen Ausnahmefällen verlangt das Gesetz, dass die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder für den Antrag stimmen muss. Das ist z. B. der Fall, wenn Aufgaben auf Ausschüsse übertragen wurden (§§ 27, 28a Abs. 2 BetrVG). Des Weiteren ist die absolute Mehrheit z. B. nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG beim Rücktritt des Betriebsrats vorgesehen.

Wer abstimmen darf

Grundsätzlich dürfen alle Betriebsratsmitglieder abstimmen. Betreffen die Beschlüsse überwiegend jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende, sind auch die anwesenden Mitglieder der Jugendund Auszubildendenvertretung stimmberechtigt (§ 67 Abs. 2 BetrVG).

Checkliste: Wirksamer Betriebsratsbeschluss?

  • Sämtliche Betriebsratsmitglieder wurden ordnungsgemäß zur Betriebsratssitzung geladen.
  • Für verhinderte Betriebsratsmitglieder wurden Ersatzmitglieder geladen.
  • Die Schwerbehindertenvertreter wurden eingeladen.
  • Die Jugend – und Auszubildendenvertreter wurden eingeladen.
  • Die Tagesordnung wurde den Kollegen aus dem Gremium rechtzeitig mitgeteilt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass sie sich in die zu diskutierende Materie einlesen konnten.
  • Der Betriebsrat war beschlussfähig.
  • Der Vorsitzende des Betriebsrats hat die Beschlussfähigkeit festgestellt.
  • Der Beschluss wurde während einer Betriebsratssitzung gefasst.
  • Der Beschluss wurde angenommen.
  • Der Beschluss wurde in die Sitzungsniederschrift aufgenommen.

Können Sie bei allen Punkten das Ja ankreuzen, spricht viel dafür, dass Ihr Betriebsratsbeschluss wirksam ist.

Wer ausgeschlossen werden darf

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen einzelne Mitglieder des Betriebsrats von der Abstimmung ausgeschlossen werden müssen, z. B. bei persönlicher Befangenheit. Auch deshalb müssen Sie vor jeder Abstimmung die Beschlussfähigkeit erneut feststellen.

! ACHTUNG: Ausschluss bei Interessenkonflikt

Liegt bei einem Kollegen bei einem Tagesordnungspunkt ein Interessenkonflikt vor, ist er weder stimmnoch teilnahmeberechtigt und er muss bei diesem Punkt den Sitzungsraum verlassen. An seiner Stelle müssen Sie ein Ersatzmitglied heranziehen. Unterlassen Sie das, ist der gefasste Beschluss unwirksam.

Abstimmungen in eigener Sache sind okay

Geht es bei der Beschlussfassung um Themen im Zusammenhang mit der Führung Ihres Amts als Betriebsrat oder um rein organisatorische Belange, wie z. B. Schulungsansprüche, dann dürfen Sie auch in eigener Sache abstimmen. Das heißt: Der Kollege, der z. B. von einer Schulung profitieren soll, kann im Raum bleiben und mit abstimmen.

Wann Beschlüsse geändert werden können

In der Praxis können Sie ordnungswidrige bzw. unwirksame Beschlüsse häufig rechtzeitig wirksam nachholen. Schließlich dient die Beschlussfassung im Betriebsrat der Willensbildung. Beschlüsse können zudem geändert werden, solange sie noch keine Rechtswirkung nach außen erzeugt haben. Unter diesen Bedingungen können sie theoretisch auch wieder aufgehoben werden.

Tipp: 

Sie können Beschlüsse revidieren

Wirksame Beschlüsse binden Sie als Betriebsrat nur so lange, wie Sie es möchten. Sie können Beschlüsse jederzeit durch eine neue Abstimmung revidieren. Sind Sie mit der Entscheidung nicht mehr einverstanden, setzen Sie den Punkt auf die Tagesordnung Ihrer nächsten Sitzung und stimmen erneut über die Angelegenheit ab.

Welche Folgen ein fehlerhafter Beschluss hat

Nicht jeder fehlerhaft zustande gekommene Beschluss ist nichtig. Sie müssen vielmehr differenzieren: Schwere Verstöße gegen die Formalien führen dazu, dass die Beschlussfassung unwirksam ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn nicht alle Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß geladen wurden oder die Beschlussfähigkeit fehlerhaft berechnet wurde.

Leichte Verstöße beeinträchtigen die Wirksamkeit der Beschlussfassung dagegen nicht. Ein leichter Verstoß ist beispielsweise bei einem kleinen Formfehler gegeben.

! ACHTUNG: Nichtige Beschlüsse entfalten keine Wirkung

Nichtige Betriebsratsbeschlüsse haben keine Rechtswirkungen.

Unterliegt eine Maßnahme lediglich Ihrer Mitwirkung als Betriebsrat, hat ein nichtiger Betriebsratsbeschluss keine Auswirkungen auf die Rechtsgültigkeit der Maßnahme Ihres Arbeitgebers. Denn diese bedarf nicht Ihrer Zustimmung.

Handelt es sich hingegen um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme, so hat ein nichtiger Beschluss keine konstitutive Wirkung. Maßnahmen Ihres Arbeitgebers wären in diesem Fall ebenfalls unwirksam. Beschlussfähigkeit ist Voraussetzung.

FAZIT

Voraussetzung eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses ist, dass Sie als Gremium beschlussfähig sind. Dazu müssen mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend sein.

Bitte beachten Sie: Die Zahl der Betriebsräte bemisst sich dabei nach den tatsächlich im Amt befindlichen Betriebsräten und nicht nach der gesetzlich vorgesehenen Anzahl. ■

Muster-Betriebsratsbeschluss

Der Betriebsrat der … (Name des Unternehmens) hat in der Sitzung am … beschlossen:

Frau/Herrn … (Name einsetzen)

………………………………………………………………..

Ersatzteilnehmer im Fall der Verhinderung

………………………………………………………………… Ersatzteilnehmer im Fall der Verhinderung

auf die Schulung ………………. (konkrete Bezeichnung der Fortbildung) zu entsenden.

Die Weiterbildungsmaßnahme wird von … (Name des Veranstalters) durchgeführt. Und zwar vom … bis zum … in … (Adresse des Veranstaltungsortes benennen). Als Anlage zu diesem Beschluss sind Hinweise auf Preis, Ort und Zeiten der Schulungen in Kopie beigefügt.

Die Veranstaltung vermittelt Kenntnisse, die für die Arbeit im Gremium von Frau/Herrn … erforderlich sind. Es handelt sich mithin um ein Seminar im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG. Nach § 37 Abs. 6 in Verbindung mit § 40 Abs. 1 BetrVG muss der Arbeitgeber die Kosten der Schulung tragen. Zudem ist er verpflichtet, während des Verlaufs das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Der Betriebsrat hat bei der Auswahl des Zeitpunkts der Veranstaltung betriebliche Belange berücksichtigt.

Abstimmungsergebnis: Ja-Stimmen: …

Nein-Stimmen: …

Enthaltungen: …

Damit ist der Antrag angenommen.

Unterschrift (Betriebsratsvorsitzende(r)        Unterschrift (weiteres Betriebsratsmitglied

© 10/2019 VNR AG

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