Lesezeit: 3 Minuten
Vor allem in Krisenzeiten wie diesen sind flexible Arbeitszeiten wichtiger denn je. Gerade die Nutzung von Arbeitszeitkonten bekommt jetzt einen hohen Stellenwert. Schließlich ermöglichen sie grundsätzlich einen längerfristigen Ausgleich der Arbeitszeit. Das hat den Vorteil, dass Ihr Arbeitgeber auf Guthaben auf dem Konto zurückgreifen kann, bevor er z. B. Kollegen in die Kurzarbeit schickt.
So bestimmen Sie mit
Hinsichtlich Ihrer Beteiligungsrechte müssen Sie zwischen Ihrem Vorschlagsrecht und Ihren eventuell zum Tragen kommenden Mitbestimmungsrechten unter-scheiden. Sie können Ihrem Arbeitgeber Vorschläge zur flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit machen, § 92a Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Ihr Arbeitgeber muss diese mit Ihnen beraten. Hält er sie für ungeeignet, muss er dies begründen.
Darüber hinaus muss Ihr Arbeitgeber bei der Einführung und Ausgestaltung der flexiblen Modelle zur Arbeitszeit Ihre Mitbestimmungsrechte beachten. Welche das genau sind, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab:
- Fast immer spielen Ihre Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG) eine große Rolle.
- Darüber hinaus bestimmen Sie als Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG).
Auch dieses Thema ist im Zusammenhang mit Arbeitszeitkonten von Bedeutung. Genau wie bei allen Fragen der vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit ist auch gerade bei diesen Grundsatzfragen Ihr vollstes Fingerspit-zengefühl gefragt. Für Sie als Betriebsrat ist es dabei immer wieder ein Balanceakt, beiden Seiten gerecht zu werden.
Minimieren Sie etwaige Risiken bei Arbeitszeitkonten
Beinahe jedes Arbeitszeitmodell birgt auch Risiken. Beim Einsatz von Arbeitszeitkonten besteht z. B. immer die Gefahr, dass Zeitguthaben oder Zeitschulden in nur schwer wieder ausgleichbare Bereiche steigen. Als Betriebsrat sollten Sie Ihren Arbeitgeber deshalb ver-pflichten, die Zeitguthaben und -schulden regelmäßig zu kontrollieren. Das können Sie am besten in einer Betriebsvereinbarung regeln.
Insolvenzabsicherung im Blick behalten
Seit Inkrafttreten des Flexi-II-Gesetzes vor mehr als 10 Jahren ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Guthaben auf Langzeitkonten gegen eine Insolvenz abzusichern. Die Insolvenzsicherung erfolgt dabei z. B. durch die Übertragung des Wertguthabens auf ein Treuhandkonto, das nicht auf Ihren Arbeitgeber zurückübertragen werden kann. Seit Inkrafttreten des Gesetzes werden die bisherigen Zeitguthaben deshalb als Wertguthaben geführt.
Muster-Betriebsvereinbarung über die Einführung von Arbeitszeitkonten
Zwischen dem Betriebsrat der __________ (Name des Unternehmens) und der Unternehmensleitung der ___________ (Name des Unternehmens) wird folgende Betriebsvereinbarung über die Einführung von Arbeitszeitkonten geschlossen:
§ 1 Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer des Betriebs. Nicht erfasst sind die leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz und die Auszubildenden des Betriebs.
§ 2 Arbeitszeit
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden. Die Rahmenarbeitszeit läuft von 8 bis 19 Uhr, die Kernarbeitszeit von 9 bis 15 Uhr.
§ 3 Arbeitszeitkonto
Für alle Arbeitnehmer des Betriebs wird ein Arbeitszeitkonto ein-gerichtet. Auszugehen ist von der vertraglich vereinbarten Wochen-arbeitszeit (= Nullsaldo). Ausgehend vom Nullsaldo werden Zeitguthaben und Zeitschulden auf das Arbeitszeitkonto gebucht.
Zeitguthaben können sich ergeben aus Mehrarbeit, Überstunden sowie Arbeitszeiten während des Ruf- und Bereitschaftsdienstes.
§ 4 Ober- und Untergrenze, Ausgleichszeitraum
Die Obergrenze für Zeitguthaben beträgt 60 Stunden, für Zeitschulden 40 Stunden.
In Vollzeit beschäftigte Arbeitnehmer dürfen das höchstzulässige Zeitguthaben (Obergrenze) von 60 Stunden bzw. Zeitschulden von 40 Stunden nicht überschreiten.
Die höchstzulässigen Zeitguthaben bzw. Zeitschulden für Teilzeitbe-schäftigte werden entsprechend der mit ihnen vertraglich vereinbarten Arbeitszeit anteilig errechnet.
Der Ausgleichszeitraum beträgt ein Kalenderjahr. Das Arbeitszeitkonto ist im Ausgleichszeitraum auszugleichen.
§ 5 Ausgleich
Der Ausgleich des Arbeitszeitkontos kann bei Zeitguthaben wahlwei-se durch
- Freizeitausgleich,
- Auszahlung oder
- Umwandlung in Wertguthaben erfolgen.
Der Ausgleich des Arbeitszeitkontos kann bei Zeitschulden nur durch Abarbeiten der Zeitschulden erfolgen.
§ 6 Ampelfunktion
Arbeitgeber und Betriebsrat haben sich auf eine Ampelfunktion ver-ständigt. Dementsprechend wird das Arbeitszeitkonto mit einer Ampelfunktion ausgestattet:
Rot: Erreicht ein Arbeitnehmer eine Zeitschuld bzw. ein Zeitguthaben von mehr als 30 Stunden, wird in einem Gespräch zwischen dem Arbeitgeber und dem betroffenen Arbeitnehmer ein Weg vereinbart, um das Konto kurzfristig wieder so auszugleichen, dass es in den grü-nen Bereich zurückgeführt wird. Die Einhaltung und Umsetzung der Vereinbarung wird vom Arbeitgeber engmaschig kontrolliert.
Gelb: Erreicht ein Beschäftigter eine Zeitschuld zwischen 20 und 30 Stunden bzw. ein Zeitguthaben zwischen 30 und 40 Stunden, wird er ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten mit dem Ziel der Rückführung des Arbeitszeitkontos in den Bereich Grün führen.
Grün: Erreicht ein Arbeitnehmer eine Zeitschuld zwischen 0 und 20 Stunden bzw. ein Zeitguthaben zwischen 0 und 30 Stunden, verbleiben diese Zeitschulden/-guthaben zur freien Verfügung des Mitarbeiters.
Vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind vorhandene Zeitschulden in Ausgleich zu bringen. Zeitguthaben sind ebenfalls vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugleichen. Sie können in Freizeit oder Wertguthaben ausgeglichen werden. Ist dies aus betrieblichen oder personenbedingten Gründen nicht möglich, werden Zeitguthaben in Geld abgegolten.
Im Fall einer Zeitschuld hat der Arbeitgeber keinen Vergütungsrück-zahlungsanspruch.
§ 7 Datenschutz und Einsichtsrecht
Die Personalabteilung speichert und verarbeitet unter Einhaltung der Datenschutzbestimmungen die im Zusammenhang mit den Arbeitszeitkonten erhobenen Daten. Sie wird vom Arbeitgeber auf ihre Verschwiegenheitspflicht hingewiesen.
Die Arbeitnehmer haben jederzeit das Recht, den aktuellen Stand ihres Zeitkontos und der gespeicherten Daten zu erfahren.
§ 8 Informationspflicht
Die Personalabteilung hat die Pflicht, die jeweiligen Vorgesetzten zu informieren, wenn ein Arbeitnehmer die Gelb- oder Rotphase erreicht.
§ 9 Schriftformklausel, salvatorische Klausel
Änderungen und/oder Ergänzungen dieser Vereinbarung sowie Ne-benabreden bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der schriftlichen Vereinbarung der Vertragsparteien. Dies gilt auch für diese Schriftformabrede. Sollten Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise nicht rechtswirksam sein, bleiben die übrigen Vertragsbestimmungen hiervon unberührt.
§ 10 Inkrafttreten und Kündigung
Diese Betriebsvereinbarung tritt am Tag ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie kann von beiden Seiten jederzeit schriftlich gekündigt werden. Die Betriebsvereinbarung wirkt auch nach ihrer Kündigung bis zum Abschluss einer ablösenden Vereinbarung nach.
Ort, Datum, Unterschriften
Downloads zum Thema

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!