Das müssen Sie als Betriebsrat zum Arbeitsrecht für Frauen wissen

02. August 2019

Das Arbeitsrecht gilt grundsätzlich gleichermaßen für Männer und Frauen und seit Neuestem auch für das sogenannte 3. Geschlecht, also für Intersexuelle. Deshalb sollte es selbstverständlich sein, dass Frauen die gleichen Rechte wie Männer am Arbeitsplatz haben und Diskriminierungen beim Zugang zur Arbeit ebenso wie bei der Ausübung der Tätigkeit unterbleiben. Allerdings klafft in der Praxis eine erhebliche Lücke zwischen gesetzlichem Anspruch und Wirklichkeit.

Als Betriebsrat können Sie einiges für Ihre Kolleginnen unternehmen, um in Ihrem Betrieb die Gleichstellung von Männern und Frauen tatsächlich zu erreichen. Welche Möglichkeiten Sie haben, erfahren Sie im Folgenden.

Vorschläge zur Förderung der Gleichstellung

Als Betriebsrat können Sie Ihrem Arbeitgeber Vorschläge für Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern machen, § 92 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Insoweit wird sich der Gesetzgeber in der kommenden Zeit übrigens wieder rühren müssen. Seit der Änderung des Personenstandsgesetzes müsste hierunter auch die Gleichstellung von Intersexuellen fallen.

Sie können z. B. anregen, dass zu besetzende Arbeitsplätze auch als Teilzeitarbeitsplätze ausgeschrieben werden (§ 93 BetrVG). Ist Ihr Arbeitgeber bereit, Arbeitsplätze auch mit Teilzeitbeschäftigten zu besetzen, muss er in der Ausschreibung darauf hinweisen. Außerdem können Sie Vorschläge zu einer frauenfördernden Personalplanung machen (§ 92 Abs. 3 BetrVG) und von Ihrem Arbeitgeber eine geschlechtsneutrale innerbetriebliche Stellenausschreibung verlangen.

Tipp: 

Betriebsvereinbarung Chancengleichheit aushandeln

All diese Punkte regeln Sie am besten in einer Betriebsvereinbarung zum Thema Chancengleichheit.

Ihr Arbeitgeber muss mit Ihnen verhandeln

Als Betriebsrat haben Sie einen Anspruch darauf, dass Ihr Arbeitgeber mit Ihnen Ihre Vorschläge mit dem ernsten Willen zur Einigung verhandelt (§ 74 BetrVG). Er kann Sie also nicht damit abblitzen lassen, dass Chancengleichheit gerade kein Thema bei ihm sei. Notfalls können Sie ihn gerichtlich zu den Verhandlungen zwingen.

An welchen Stellen Sie noch etwas bewegen können

Ein weiterer sehr wichtiger Punkt ist die Lohngleichheit. An sich ist es gesetzlich klar geregelt: gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Die Situation der Frauen hat sich insoweit zwar in den letzten Jahren verbessert, aber eine echte umfassende Gleichstellung ist in der Praxis noch nicht üblich. Frauen bekommen im Schnitt ein um 1/3 niedrigeres Arbeitsentgelt als Männer. Das ist ein klarer Rechtsverstoß. Damit Sie etwaige Ungleichbehandlungen aufdecken können, sollten Sie Einsicht in die Brutto-Lohnund-Gehaltslisten verlangen (§ 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Alles weitere Wichtige zum Thema Lohngleichheit lesen Sie auf Seite 3.

Auswahlrichtlinien beeinflussen

Im öffentlichen Dienst fördern sogenannte Quotierungsbestimmungen die Chancengleichheit. Danach wird Frauen bei der Einstellung oder Beförderung in eine Laufbahn oder Vergütungsgruppe dann Vorrang eingeräumt, wenn sie in der Zielgruppe unterrepräsentiert sind und im Übrigen eine gleiche Qualifikation aufweisen wie ihre männlichen Mitbewerber. In der Privatwirtschaft gibt es keine vergleichbaren Regelungen.

Sind Sie als Betriebsrat allerdings in einem Betrieb mit mehr als 500 Arbeitnehmern beschäftigt, haben Sie ein Initiativmitbestimmungsrecht bei den Auswahlrichtlinien (§ 95 Abs. 2 BetrVG). Durch die Ausübung dieses Rechts können Sie eine Regelung auf den Weg bringen – notfalls bis hin zur Einigungsstelle –, in der festgelegt wird, dass bis zur Erreichung einer bestimmten Quote Frauen bei gleicher Qualifikation bei der Einstellung und Beförderung bevorzugt zu berücksichtigen sind.

! ACHTUNG: In kleineren Betrieben kein Initiativrecht

Arbeiten Sie in einem Betrieb, in dem weniger als 500 Beschäftigte tätig sind, haben Sie bei der Gestaltung von Auswahlrichtlinien und also auch bei der Durchsetzung von Quotenregelungen nur ein Mitbestimmungsrecht, wenn Ihr Arbeitgeber sich entscheidet, solche Richtlinien einzuführen. Sie können nicht initiativ tätig werden.

Frauenfördernde Vorschläge zur Berufsbildung

Ohne berufliche Weiterbildungsmaßnahmen kommt heute niemand mehr aus. Aber gerade Arbeitnehmerinnen werden in puncto Fortbildungen immer wieder benachteiligt. Über Ihr Mitbestimmungsrecht nach § 97 Abs. 2 BetrVG (Maßnahmen der Berufsbildung) können Sie als Betriebsrat Einfluss auf die Einführung von Berufsbildungsmaßnahmen und nach § 98 BetrVG (Durchführung von betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen) auf die Form und den Inhalt der Maßnahmen nehmen. Insoweit können Sie von Ihrem Arbeitgeber verlangen, dass alle Bildungsmaßnahmen nach Ziel, Inhalt und Methoden so gestaltet werden, dass sie auch für Frauen attraktiv und geeignet sind.

Tipp: 

Gleichstellungsausschuss bilden

Um der Frage der Gleichstellung das notwendige Gewicht und die erforderliche Kontinuität zu verleihen, ist es sinnvoll, nach § 28 BetrVG einen internen Gleichstellungsausschuss zu errichten. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass in Ihrem Betrieb mindestens 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe,

■          einen konkreten Forderungskatalog zu entwickeln sowie einen Vorschlag für eine Betriebsvereinbarung zum Thema Chancengleichheit zu entwerfen,

■          etwaige Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber vorzubereiten sowie

■          die Einhaltung der Regelungen zur Gleichstellung zu kontrollieren.

© 08/2019 VNR AG

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