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Die Betriebsversammlung hat für Sie als Betriebsrat einen hohen Stellenwert. Denn sie ist Ihre Bühne, Ihr wichtigstes Kommunikationsmittel. Bei der Betriebsversammlung sind Sie der Chef. Sie haben die Möglichkeit, Themen breiter und genauer darzustellen als in Einzelgesprächen mit Ihren Kolleginnen und Kollegen oder durch schriftliche Informationen. Darüber hinaus bietet Ihnen die Betriebsversammlung die Chance, die Belegschaft in Ihre Arbeit und Ihre Beratungen einzubeziehen. Allerdings bringt ihre Organisation seit der Coronapandemie für viele von Ihnen auch Hürden mit sich, die Sie mit den Tipps in diesem Beitrag gut bewältigen können.
Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern des Betriebs; sie wird von dem Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Sie ist nicht öffentlich. Kann wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zur gleichen Zeit nicht stattfinden, so sind Teilversammlungen durchzuführen.
Betriebsversammlung dient dem Informationsaustausch
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) sieht die Betriebsversammlung als Versammlung aller Arbeitnehmer des Betriebs vor (§ 42 BetrVG). Sie soll dem Informationsaustausch zwischen Ihnen als Betriebsrat und der Belegschaft dienen. Gleichzeitig sind Sie verpflichtet, Rechenschaft über die Tätigkeit Ihres Gremiums abzulegen. Und zwar im Rahmen Ihres Tätigkeitsberichts.
So organisieren Sie eine Betriebsversammlung in Zeiten der Coronapandemie
Die Coronapandemie hat unseren Alltag in gewissem Rahmen immer noch fest im Griff. Die Inzidenzen steigen wieder. Zwar handelt es sich meist um nicht geimpfte junge Menschen, die teilweise gar nicht erkranken, doch es gibt auch Impfdurchbrüche und weiterhin auch schwere Verläufe.
Deshalb gilt für die Betriebe immer noch die Corona-Arbeitsschutzverordnung. Abstand und Hygieneregeln sind weiterhin einzuhalten. An Orten, wo die Abstände nicht eingehalten werden können, haben die Beschäftigten die Pflicht, Maske zu tragen. All diese Regeln gelten natürlich grundsätzlich auch für jegliche Versammlungen und Konferenzen im Betrieb. Als Betriebsrat müssen Sie sie deshalb auch in einer Betriebsversammlung wahren.
Passendes Konzept erarbeiten
Das bedeutet für Sie: Sie müssen ein passendes Konzept für die Betriebsversammlung erarbeiten. Denn seit dem 1.7.2021 sollen Betriebsversammlungen genauso wie Betriebsratssitzungen wieder weitestgehend in Präsenz stattfinden.
Je nach Größe der Belegschaft und räumlichen Möglichkeiten müssen Sie auf jeden Fall einen verhältnismäßig großen Raum wählen (z. B. die Kantine oder eine große Produktionshalle), wo die Anwesenden die Abstände einhalten können und der gut gelüftet werden kann.
Zudem empfehle ich die Maskenpflicht für alle Teilnehmer und ich würde die Veranstaltung auf maximal eine Stunde konzipieren. Wenn Sie meinen, dass das nicht reicht, weil sich in den letzten Monaten zu viel ereignet hat, diskutieren Sie mit Ihrem Arbeitgeber, ob es sinnvoll ist, die Betriebsversammlung in 2 Terminen abzuhalten oder eine größere Lüftungspause einzuplanen.
Je nach Situation können Sie darüber nachdenken, eine Betriebsversammlung in Form von Abteilungsversammlungen zu planen. Das dürfen Sie 2-mal jährlich tun und bietet sich an, wenn es abgesehen von den mit der Coronapandemie verbundenen Herausforderungen Belange gibt, die vorwiegend einzelne Abteilungen betreffen.
Teilnahme an der Betriebsversammlung wird Kollegen als Arbeitszeit vergütet
Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Belegschaft haben grundsätzlich das Recht, nicht aber die Pflicht, an einer Betriebsversammlung teilzunehmen. Kommen sie zur Versammlung, ist ihnen die Zeit der Teilnahme einschließlich der zusätzlichen Wegezeiten wie Arbeitszeit zu vergüten. Eventuell entstehende Fahrtkosten muss Ihr Arbeitgeber erstatten.
Er darf die Teilnahme an einer Betriebsversammlung außerdem nicht untersagen. In der Praxis kommt es allerdings immer mal wieder vor, dass ein Arbeitgeber dringende betriebliche Gründe dafür vorbringen kann, dass er Mitarbeitern die Teilnahme an einer Betriebsversammlung verbietet.
Beispiel: Arbeitgeber darf Teilnahme in Ausnahmefällen untersagen
Eine Produktionsstraße müsste angehalten werden, wenn alle Arbeitnehmer teilnehmen. Das ist mit einem immensen finanziellen Aufwand verbunden. Deshalb hält Ihr Arbeitgeber es für erforderlich, dass einzelne Kollegen aus der Abteilung weiterarbeiten. Dieses Problem müsste er aber mit Ihnen als Betriebsrat besprechen.
! Achtung: Berücksichtigen Sie die Interessen Ihrer Kollegen bei jeder Betriebsversammlung
Sie sollten die Betriebsversammlung grundsätzlich an den Bedürfnissen Ihrer Kolleginnen und Kollegen ausrichten. Schließlich ist die Teilnahme möglichst vieler wichtig für Sie. Nur so können Sie sich gut präsentieren und positionieren. Die Inhalte sollten die Mehrheit der Belegschaft interessieren. Stellen Sie die Themen außerdem nachvollziehbar dar und die Gestaltung sollte darauf angelegt sein, dass Ihre Beiträge kurzweilig sind. Überlegen Sie sich deshalb jeden einzelnen Punkt auch aus der Perspektive Ihrer Zuhörer.
Wer beruft die Betriebsversammlung ein?
Die Einberufung einer Betriebsversammlung erfordert einen Beschluss Ihres Gremiums (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Der Einberufungsbeschluss ist Grundlage dafür, dass Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen einladen können. Das Aussprechen der Einladung ist Aufgabe des Betriebsratsvorsitzenden.
Wie häufig finden die Betriebsversammlungen statt?
In der Regel findet in jedem Quartal eine Betriebsversammlung statt (§ 43 Abs. 1 BetrVG), in der Sie einen Tätigkeitsbericht präsentieren. Nach §§ 42, 43 BetrVG können Sie jährlich bis zu 4 Betriebsversammlungen einberufen.
Der Betriebsrat hat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten.
Sie als Betriebsrat legen den Zeitpunkt der Betriebsversammlung fest
Sie sind nicht verpflichtet, die Versammlungen in einem exakt gleichen Abstand durchzuführen. Denn über den Zeitpunkt der regelmäßigen Betriebsversammlungen entscheiden allein Sie als Betriebsrat. Dennoch sollten Sie dafür sorgen, dass Sie Ihrer Pflicht in § 43 Abs. 1 BetrVG nachkommen, einmal im Quartal eine Betriebsversammlung abzuhalten. Andernfalls verstoßen Sie gegen Ihre Pflichten (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG) und riskieren die Auflösung Ihres Gremiums.
Sie können zudem 2 der regelmäßigen Versammlungen als Abteilungsversammlungen einberufen. Das heißt: Es versammeln sich lediglich die Beschäftigten einer Abteilung. Das bietet sich z. B. an, wenn dies zur sachgerechten Erörterung der Belange dieser Arbeitnehmer erforderlich ist.
Weitere Versammlungen aus besonderen Gründen?
In jedem Kalenderjahr können Sie jeweils eine weitere Betriebs- oder Abteilungsversammlung einberufen, wenn Sie das aus besonderen Gründen, z. B. bei Umstrukturierungen, für sinnvoll halten (§ 43 Abs. 1 Satz 4 BetrVG). Hat Ihr Arbeitgeber beispielsweise vor, ein neues Arbeitszeitmodell einzuführen, kann eine extra Versammlung sinnvoll sein. Denn in deren Rahmen können Sie sich ein Bild darüber verschaffen, wie Ihre Kolleginnen und Kollegen zu den geplanten Veränderungen stehen. Deren Meinungen können Sie dann bei der Nutzung Ihres Mitbestimmungsrechts (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) besser berücksichtigen.
Darüber hinaus dürfen Ihre Kollegen aus der Belegschaft und Ihr Arbeitgeber die Einberufung einer außerordentlichen Betriebsversammlung von Ihnen fordern. Voraussetzung dafür ist, dass entweder Ihr Arbeitgeber oder mindestens 1/4 Ihrer wahlberechtigten Kollegen einen entsprechenden Antrag stellt (§ 43 Abs. 3 BetrVG).
Bei der Einberufung einer außerordentlichen Versammlung müssen Sie an Folgendes denken: Findet die Versammlung auf Ihren bzw. den Wunsch der Belegschaft statt, muss sie grundsätzlich – im Gegensatz zu den ordentlichen – außerhalb der Arbeitszeit stattfinden. Sie wird zudem nicht vergütet.
Tipp: Legen Sie die Betriebsversammlung möglichst in die Kernarbeitszeit
Versuchen Sie, sich mit Ihrem Arbeitgeber darauf zu einigen, dass auch diese Versammlungen während der Arbeitszeit stattfinden. Denn dann haben Ihre Kolleginnen und Kollegen einen Anspruch auf Vergütung für die Dauer der Versammlung.
Der Arbeitgeber ist zu den Betriebs- und Abteilungsversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen. Er ist berechtigt, in den Versammlungen zu sprechen.
Wer trägt welche Kosten?
Im Zusammenhang mit der Organisation einer Betriebsversammlung werden Sie schnell zu der Frage gelangen, wer welche Kosten übernimmt. Bei dem Thema stehen Sie als Betriebsrat gut da. Denn die Kosten Ihrer Betriebsversammlung muss Ihr Arbeitgeber tragen. So steht es in § 40 BetrVG.
Das bezieht sich unter anderem auf folgende Kostenpositionen: Kosten für die Einladung, Stellen und Ausstatten des Versammlungsraums (Bestuhlung, Geräte wie PC oder Beamer etc.), Kosten, die ggf. für die Anmietung eines Raums anfallen, sowie Sachverständigen- und Dolmetscherkosten. Kosten, die für ein Catering anfallen, muss Ihr Arbeitgeber hingegen nicht übernehmen.
Berücksichtigen Sie die folgenden Aspekte, wenn Sie eine Versammlung vorbereiten
Der Überblick über Ihre Arbeit, also Ihr Tätigkeitsbericht, steht zwar im Mittelpunkt der Veranstaltung. Die Versammlung soll Ihren Kolleginnen und Kollegen allerdings auch eine Möglichkeit bieten, sich auszutauschen. Deshalb können im Rahmen der Versammlung grundsätzlich alle betriebsrelevanten Themen besprochen werden. Erforderlich ist lediglich, dass ein konkreter Bezug zum Betrieb besteht.
Was Sie vermeiden sollten
Allerdings riskieren Sie als Betriebsrat bei einigen Verstößen während der Betriebsversammlung, den „Chefsessel“ an Ihren Arbeitgeber abzutreten. Und zwar, wenn
- Sie Ihre Kollegen aus der Belegschaft zu gemeinsamen unerlaubten Maßnahmen gegen Ihren Arbeitgeber auffordern oder
- Ihren Arbeitgeber damit unter Druck setzen, dass alle Arbeitnehmer in Zukunft nur noch Dienst nach Vorschrift machen, um so bestimmte Arbeitsbedingungen durchzusetzen.
Kritik ist erlaubt
Das Ziel einer Betriebsversammlung, Ihnen und Ihren Kollegen eine Austauschmöglichkeit zu bieten, kann nur erfüllt werden, wenn wichtige und schwierige Themen auch kontrovers diskutiert werden können. Als Betriebsrat dürfen Sie deshalb auch Kritik an Ihrem Arbeitgeber üben. Dieses Recht folgt bereits aus Art. 5 Grundgesetz, der Ihnen die freie Meinungsäußerung zusichert. Die Meinungsfreiheit erfährt allerdings Grenzen, und zwar durch die Friedenspflicht. Folge ist, dass Sie sachliche Kritik üben dürfen, auch in scharfer Form. Sie dürfen allerdings keine ehrverletzenden Äußerungen tätigen.
! Achtung: Hier müssen Sie im Zweifel eingreifen
Als Betriebsratsvorsitzender müssen Sie zudem dafür sorgen, dass ehrverletzende Kommentare Ihrer Kolleginnen und Kollegen unterbleiben. Hält sich jemand nicht an die Spielregeln, müssen Sie nach entsprechenden Verwarnungen auch Ihr Hausrecht ausüben. Das heißt: Sie müssen ihn der Versammlung verweisen.
Checkliste: Betriebsversammlung richtig vorbereitet?
- Spätestens 4 Wochen vorher: Termin der Betriebsversammlung festlegen
- Spätestens 4 Wochen vorher: Themen für den Tätigkeitsbericht sammeln, grobe Ablaufplanung vornehmen, Auftritt der Geschäftsleitung planen (§ 43 Abs. 2 BetrVG)
- Spätestens 4 Wochen vorher: Ort für die Betriebsversammlung festlegen
- Spätestens 3 Wochen vorher: Betriebsratssitzung, in der ein Beschluss über Zeit und Ort etc. zur Versammlung gefasst wird
- Spätestens 3 Wochen vorher: Arbeitgeber über Termin und Ort informieren
- Spätestens 2 Wochen vorher: Konzept zum Tätigkeitsbericht in der Betriebsratssitzung zur Diskussion vorstellen
- Spätestens 2 Wochen vorher: Einladungen verschicken und den Tätigkeitsbericht schriftlich abfassen
- Durchführung der Versammlung: Eröffnung und Begrüßung durch den Betriebsratsvorsitzenden, der die Betriebsversammlung leitet, nach jedem Bericht bzw. Schwerpunkt möglichst 2 bis 3 Fragen zur Diskussion einbringen, für eine sachliche Diskussion aller Punkte sorgen, am Schluss die wichtigsten Ergebnisse der Versammlung zusammenfassen, Tagesordnung einhalten.
Können Sie alle Punkte als erledigt abhaken, haben Sie die wichtigsten Aspekte bei der Vorbereitung und Durchführung Ihrer Betriebsversammlung bedacht.
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