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Was Ihr Arbeitgeber von Ihnen verlangen darf

08. März 2021
Fürsorgepflicht Arbeitgeber Bild von Alexander Limbach / Adobe Stock

Lesezeit 4,5 Minuten

Als Betriebsrat haben Sie Ihrem Arbeitgeber gegenüber nicht nur Rechte. Sie haben auch Pflichten. Er kann von Ihnen bestimmte Verhaltensweisen verlangen. In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, welche Pflichten sich für Sie aus dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ergeben.

§ 2 Abs. 1 BetrVG

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer des Betriebs zusammen.

1. Friedenspflicht

Als Betriebsrat haben Sie nach § 2 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit § 74 Abs. 2 BetrVG die Pflicht, den betrieblichen Frieden zu wahren. Sie sind zur Neutralität verpflichtet. Sie müssen deshalb sämtliche Arbeitskampfmaßnahmen unterlassen. Das schließt auch ein, dass Sie sich aus Arbeitskampfmaßnahmen zwischen der Gewerkschaft und dem Arbeitgeberverband herauszuhalten haben, wenn Ihr Betrieb bestreikt werden sollte.

Ich empfehle Ihnen dringend, folgende 3 Verhaltensweisen tunlichst zu unterlassen

1. Nehmen Sie als Betriebsrat nicht an einem Streik gegen Ihren Arbeitgeber teil.

2. Organisieren Sie keine Arbeitskampfmaßnahmen bzw. keinen Warnstreik in Ihrem Betrieb.

3. Stören Sie weder den Betriebsfrieden noch den Betriebsablauf.

Die Pflicht, die Neutralität zu wahren, heißt auch, dass Sie ‒ sollten Sie gleichzeitig Mitglied einer streikenden Gewerkschaft sein ‒ trotzdem nicht an einem entsprechenden Streik teilnehmen dürfen. Denn als Betriebsrat bleiben Sie mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Sie müssen diese neutral wahrnehmen. Verstoßen Sie als Gremium oder eines Ihrer Mitglieder gegen das Neutralitätsgebot im Arbeitskampf aus § 74 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, kann Ihr Arbeitgeber wegen der unmittelbaren Auswirkungen auf den Arbeitskampf einen Unterlassungsanspruch geltend machen.

2. Vertrauensvolle Zusammenarbeit

Als Betriebsrat sind Sie verpflichtet, vertrauensvoll mit Ihrem Arbeitgeber zusammenzuarbeiten. Sie müssen für Ihren Arbeitgeber arbeiten und nicht gegen ihn. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist dabei weit mehr als ein Nebeneinander. Keine Seite darf gegen die andere arbeiten, um sie in ihrer Funktion innerhalb der Betriebsverfassung zu stören.

Deshalb müssen Sie Ihre Aufgabe, nämlich die Arbeitnehmerinteressen zu verfolgen, stets unter Berücksichtigung der Arbeitgeberinteressen erledigen. Selbstverständlich sind Sie auch verpflichtet, sämtliche Tätigkeiten zu unterlassen, die den betrieblichen Ablauf oder den betrieblichen Frieden stören können. Zudem ist Ihnen auch ein einseitiger Eingriff in die Leitung des Betriebs nach § 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nicht erlaubt.

Das heißt für Sie: Sie sind einem ständigen Balanceakt ausgesetzt. Sie müssen in Ihren Handlungen sowohl das Wohl der im Betrieb beschäftigten Kolleginnen und Kollegen berücksichtigen als auch die Interessen Ihres Arbeitgebers bzw. des Betriebs.

Wann ein Pflichtverstoß vorliegt

Ein grober Verstoß gegen Ihre gesetzlichen Pflichten ist dann anzunehmen, wenn eine Pflichtverletzung objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend ist. Nach § 23 Abs. 1 BetrVG kann unter anderen der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Das setzt voraus, dass unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des Betriebsratsmitglieds untragbar erscheint. Das kann z. B. der Fall sein, wenn Sie als Betriebsrat Ihrem Arbeitgeber die Zusammenarbeit verweigern, indem Sie sich immer, wenn dieser Ihre Beteiligungsrechte wahren will, arbeitsunfähig krank melden, um z B. eine Unterschrift zu vermeiden.

Verweigern Sie als Betriebsrat die Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber, kann er zur Durchsetzung seiner Pläne die Einigungsstelle nach § 76 BetrVG anrufen. Deren Spruch ersetzt dann die zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber am Verhandlungstisch nicht zustande gekommene Lösung.

Tipp: Vermeiden Sie möglichst Konflikte



Setzen Sie sich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne des § 2 Abs. 1 BetrVG ein. Das heißt nicht, dass Sie gezwungen sind, sich stets kompromissbereit zu zeigen. Überlegen Sie sich aber dennoch genau, ob sich eine Auseinandersetzung mit Ihrem Arbeitgeber lohnt. In vielen Fällen ist eine gemeinsame Linie auch für Ihre Kolleginnen und Kollegen, die Sie vertreten, das Beste.

3. Vertreten Sie die Interessen Ihrer Kollegen

Als Betriebsrat ist es Ihre Aufgabe und Pflicht, die Interessen Ihrer Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Deshalb sollten Sie es sich auch zur Aufgabe machen, ein Gespür dafür zu entwickeln, welche Belange ihnen wichtig sind. Wenn Sie wissen, was Ihren Kollegen wichtig ist, suchen Sie am besten das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, um die Belange der Belegschaft bestmöglich durchzusetzen.

Auch das BetrVG nennt einige Pflichten:

► Als Betriebsrat vertreten Sie die Interessen der Belegschaft gegenüber Ihrem Arbeitgeber.

► Sie sind nach § 85 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, Beschwerden aus der Belegschaft entgegenzunehmen und, wenn Sie sie diese für berechtigt halten, an Ihren Arbeitgeber weiterzuleiten und auf Abhilfe hinzuwirken.

► Weiterhin müssen Sie nach § 86a BetrVG Vorschläge aus der Belegschaft entgegennehmen und sie innerhalb von 2 Monaten auf die Tagesordnung einer Betriebsratssitzung setzen.

4. Vermeiden Sie politische Äusserungen

Politik ist Privatsache. Deshalb sind Sie als Betriebsrat verpflichtet, sich auch insoweit neutral zu verhalten. Schließlich sichert nur eine kollegiale Zusammenarbeit mit allen Betriebsparteien die Unternehmensexistenz und damit auch die Arbeitsplätze.

! Achtung: Bei einem besonders groben Verstoss riskieren Sie den Ausschluss

Bei einem besonders groben Verstoß gegen das Verbot der parteipolitischen Werbung kann Ihr Arbeitgeber die Entfernung einzelner Betriebsratskollegen bzw. sogar die Auflösung des gesamten Gremiums beim Arbeitsgericht beantragen.

§ 23 Abs. 1 BetrVG

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

5. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot

Als Betriebsrat sind Sie nach § 79 Abs. 1 BetrVG zur Geheimhaltung verpflichtet. Das ist grundsätzlich auch richtig und wichtig. Denn je enger und vertrauensvoller Sie mit Ihrem Arbeitgeber zusammenarbeiten, desto mehr Einzelheiten erfahren Sie zwangsläufig über den gesamten Betrieb. Diese gehen aber außenstehende Dritte und teilweise auch Ihre Kollegen aus der Belegschaft meist gar nichts an.

Deshalb sind Sie und alle Gremiumskollegen verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Betriebsratstätigkeit bekannt geworden sind, nicht Dritten gegenüber zu offenbaren oder zu verwerten. Die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die dieser Geheimhaltungspflicht unterliegen, sind unter anderem:

► Auftragslage,

► Umsatzhöhe,

► Liquidität des Betriebs,

► Jahresabschlüsse,

► Rezepturen, Herstellermethoden, Konstruktionszeichnungen,

► Erfindungen,

► Preiskalkulationen,

► Vorzugspreise sowie

► wichtige Verträge und Stand von Vertragsverhandlungen.

! Achtung: Hinweis muss erfolgt sein

Ihr Arbeitgeber muss grundsätzlich nicht nur ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung haben. Er muss Sie zudem grundsätzlich auf die Geheimhaltung hingewiesen bzw. verpflichtet haben.

Was außerdem Ihrer Verschwiegenheitspflicht unterliegt

Nicht nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unterliegen Ihrer Verschwiegenheitspflicht. Sie als Betriebsrat haben auch weitere Schweigepflichten, z. B. auch gegenüber Ihren Kollegen, die Sie vertreten.

So müssen Sie nach §§ 99 Abs. 1 Satz 3, 102 Abs. 2 Satz 5 BetrVG auch Stillschweigen über persönliche Geheimnisse von Kolleginnen und Kollegen wahren, von denen Sie z. B. im Rahmen von personellen Einzelmaßnahmen wie Einstellungen, Kündigungen, Änderungskündigungen, Versetzungen oder Eingruppierungen erfahren. Einer noch weitergehenden Verschwiegenheitspflicht unterliegen Sie, wenn Sie in Ihrer Funktion als Betriebsrat von einem Kollegen aus der Belegschaft nach § 82 BetrVG oder § 83 Abs. 1 BetrVG im Rahmen Ihrer Mitwirkungsrechte hinzugezogen werden.

§ 79 Abs. 1 BetrVG

(1) Die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsrat bekannt geworden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungspflichtig bezeichnet worden sind, nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten.

Bei Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht droht Ausschluss aus dem Betriebsrat

Der Verstoß gegen diese Pflichten kann schwerwiegende Konsequenzen haben:

► Ihr Arbeitgeber kann einen Antrag auf Ausschluss des betreffenden Betriebsratsmitglieds aus dem Gremium nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG stellen.

► Er hat darüber hinaus die Möglichkeit, eine Unterlassungsklage vor dem Arbeitsgericht einzureichen.

6. Ab- und Rückmeldepflichten einhalten

Wollen Sie als Betriebsrat einer Betriebsratstätigkeit nachgehen, wie z. B. an einer Betriebsratssitzung teilnehmen, haben Sie sich bei Ihrem Vorgesetzten ab- und nach der Rückkehr wieder zurückzumelden. Das gilt im Prinzip auch, wenn Sie von Ihrer sonstigen Tätigkeit freigestellt sind und grundsätzlich nichts anderes machen, als sich mit Betriebsratstätigkeiten zu beschäftigen. Denn auch wenn Sie als freigestelltes Betriebsratsmitglied nicht mehr dem Weisungsrecht Ihres Arbeitgebers unterliegen, müssen Sie die nicht unmittelbar mit der Arbeitsleistung zusammenhängenden Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis sowie allgemeine Regelungen über das Verhalten und die Ordnung im Betrieb natürlich trotzdem beachten. Die Pflicht zur Abmeldung trifft Sie und Ihre Gremiumskollegen immer dann, wenn Sie Ihren normalen Arbeitsplatz verlassen, um Ihre erforderlichen gesetzlichen Aufgaben als Arbeitnehmervertreter zu erfüllen.

Welche Konsequenzen Sie riskieren, wenn Sie die Regeln nicht einhalten

Kommen Sie oder ein Kollege aus dem Gremium Ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen Abmeldung vor dem Verlassen Ihres Arbeitsplatzes nicht nach, kann Ihr Arbeitgeber nicht nur die Entgeltfortzahlung für die Zeit Ihrer Abwesenheit streichen, sondern das Verhalten auch mit einer Abmahnung ahnden.

! Wichtig: Sorgen Sie für klare Regeln

In den meisten Betrieben gibt es kein klares Reglement, wie Sie und Ihre Kollegen sich abmelden müssen. Das führt unweigerlich zu Auseinandersetzungen. Sorgen Sie für klare Regeln. Sprechen Sie mit Ihrem Arbeitgeber ab, wie Sie sich abmelden sollen.

Keine Begründungspflicht

Als Betriebsrat sind Sie allerdings nicht verpflichtet, Ihrem Arbeitgeber bzw. dem Vorgesetzten mitzuteilen, aus welchem Grund Sie sich für eine Betriebsratstätigkeit abmelden. Es reicht, wenn Sie mitteilen, dass die Abmeldung erforderlich ist, um Betriebsratsaufgaben nachzugehen.

Ihr Arbeitgeber kann Ihnen die Wahrnehmung der jeweiligen Betriebsratstätigkeit zudem nur im Ausnahmefall verweigern. Nämlich nur dann, wenn er einen schwerwiegenden Grund entgegenhalten kann.

Checkliste: Vertrauensvolle Zusammenarbeit

  • Sie bereiten die Treffen mit Ihrem Arbeitgeber inhaltlich (inklusive Ihrer Argumentationsstrategie) im Rahmen Ihrer Gremiumssitzungen stets gut vor.
  • Sie bleiben zunächst gelassen, wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen schlechte Nachrichten überbringt. Sie reagieren möglichst erst, nachdem Sie sich Ihre entsprechende Strategie überlegt haben.
  • Sie vermeiden es, eine Auseinandersetzung mit Ihrem Arbeitgeber öffentlich im Betrieb auszutragen. Etwaige strittige Themen diskutieren Sie im Kreis der Verantwortlichen.
  • Sie verhalten sich Ihrem Arbeitgeber gegenüber stets loyal.
  • Sie bestehen auf der Einhaltung Ihrer Rechte, berücksichtigen aber gerade bei entstehenden Kosten stets die Situation des Betriebs und die Notwendigkeit der Kosten.

Halten Sie diese Grundsätze ein, ist das eine gute Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.

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