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Das sagen die Gerichte zu Befristungen

17. April 2020

Die Gerichte haben immer wieder Auseinandersetzungen über befristete Arbeitsverhältnisse zu klären. Oft geht es im Rechtsstreit um die Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen oder um eine Vorbeschäftigung. Manchmal streiten ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmer aber auch über die Zulässigkeit der Befristung im Allgemeinen, z. B. bei einer Vertretung. Damit Sie für Fragen Ihrer Kolleginnen und Kollegen im Falle des Falles gewappnet sind, habe ich Ihnen hier die wichtigste Rechtsprechung zu befristeten Arbeitsverträgen zusammengestellt. 

Vorbeschäftigung: neue Befristung nach 22 Jahren erlaubt  

Eine Befristung ohne sachlichen Grund ist unzulässig, wenn der Arbeitnehmer bereits zuvor bei dem Arbeitgeber beschäftigt war. Das regelt § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat das Vorbeschäftigungsverbot in den vergangenen Jahren allerdings immer wieder an zeitliche Fristen gebunden. 

Es hat damit Arbeitgebern die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern erlaubt, wenn die Vorbeschäftigung schon sehr lange zurückliegt. Wie lange „sehr lang“ ist, hat es dabei im vergangenen Jahr konkretisiert: Im Hinblick auf eine Vorbeschäftigung sind 8 Jahre und 9 Monate kein sehr langer Zeitraum, 22 Jahre dagegen schon. 

Rechtsprechung zu 3 Jahren gekippt  

Zu der Diskussion darüber, wie lange „sehr lang“ ist, war es gekommen, nachdem das BAG im Jahr 2011 entschieden hatte, dass ein mehr als 3 Jahre zurückliegender Vertrag mit dem nunmehr für eine sachgrundlos befristete Beschäftigung vorgesehenen Arbeitnehmer unschädlich sei (BAG, 4.6.2011, Az. 7 AZR 716/09). Diese Entscheidung kippte dann allerdings das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 2018 (6.6.2018, Az. 1 BvL 7/14). 

Es urteilte, dass Arbeitgeber sich nicht mehr pauschal darauf berufen könnten, eine mehr als 3 Jahre zurückliegende Beschäftigung mit einem für eine sachgrundlose Befristung vorgesehenen Arbeitnehmer sei unschädlich. Es sagte aber auch, dass ein generelles Verbot der sachgrundlos befristeten Beschäftigung wegen einer Vorbeschäftigung für den Arbeitgeber gleichermaßen unzumutbar sein könne, wenn die Vorbeschäftigung „sehr lang“ zurückliege, ganz anders geartet oder nur von sehr kurzer Dauer gewesen sei. 

Dazu haben die Gerichte letztes Jahr nun verschiedene Entscheidungen getroffen: 

Erneute Befristung nach 22 Jahren Pause wirksam  

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war in der Zeit von Oktober 1991 bis November 1992 bei ihrem Arbeitgeber als Hilfsarbeiterin im Bereich Kindergeld beschäftigt. Etwa 22 Jahre später begann die Arbeitnehmerin erneut ein Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber. Dieses Mal arbeitete sie als Telefonserviceberaterin im Servicecenter. 

Die Beschäftigte wurde auf Basis eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags angestellt. Diesen verlängerte der Arbeitgeber einmal. Dabei wurde die 2-Jahresfrist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht überschritten. 

Die Arbeitnehmerin wollte gern über das Ende ihres Arbeitsvertrags hinaus beim Arbeitgeber beschäftigt bleiben. Deshalb klagte sie unter Berufung auf das Vorbeschäftigungsverbot nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG auf Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der 2. Befristung geendet habe. 

Arbeitsverhältnis mit Ablauf der 2. Befristung beendet  

Die Entscheidung: Das Gericht entschied, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der 2. Befristung beendet worden sei (BAG, 21.8.2019, Az. 7 AZR 452/17). Das begründeten die Richter vor allem damit, dass die sachgrundlose Befristung nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unwirksam sei. Die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin 22 Jahre zuvor bereits einmal bei dem Arbeitgeber beschäftigt war, hielten sie für unerheblich. Und zwar auch und gerade im Hinblick auf die zuvor genannten Entscheidungen des BVerfG. 

Sie sagten, dass die Gerichte das Vorbeschäftigungsverbot (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG) durch eine verfassungskonforme Auslegung einschränken könnten, soweit das Verbot einer sachgrundlosen Befristung unzumutbar sei. Das sei unter anderem der Fall, wenn eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht gegeben sei, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Die Richter stellten klar, dass das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar sein kann, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt. So war es hier in dem Fall. 

HINWEIS 

BAG wieder umgeschwenkt 

Das BAG hat seine Rechtsprechung zur Vorbeschäftigung in gewissem Rahmen wieder aufgenommen. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung dann ausnahmsweise zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Beschäftigungsverhältnis bestand, die Vorbeschäftigung aber sehr lang zurückliegt. 

§ 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) Schlagwort
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