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Wer arbeitsunfähig erkrankt, muss nicht zwingend die ganze Zeit das Bett hüten. Er darf allerdings nichts unternehmen, was seiner Genesung schadet. Er muss sich also schonen. Wer sich hingegen arbeitsunfähig krankmeldet und dann auf einer Party tanzt und dabei gesehen wird, riskiert eine fristlose Kündigung. Schließlich gehen die Richter in einem solchen Fall in der Regel von einer vorgetäuschten Krankheit aus, so auch das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg in seinem Urteil vom 16.12.2022 (Az. 5 Ca 1200/22).
Pflegeassistentin meldet sich am Wochenende arbeitsunfähig krank
Der Fall: Eine Pflegeassistentin arbeitete seit dem Jahr 2017 bei ihrem Arbeitgeber. Für das Wochenende Samstag, 2.7.2022, und Sonntag, 3.7.2022, war sie zum Spätdienst eingeteilt. Für diese Dienste meldete sie sich bei ihrer Arbeitgeberin arbeitsunfähig krank.
In der entsprechenden Nacht vom 2.7. auf 3.7.2020 veranstaltete eine Diskothek in einer nahe gelegenen Ortschaft eine Party unter dem Namen „White Night Ibiza Party“. Auch die arbeitsunfähig krankgemeldete Arbeitnehmerin besuchte sie.
Das fand ihre Arbeitgeberin über Fotos heraus, die der Veranstalter auf seiner Homepage veröffentlicht hatte, sowie über den WhatsAppStatus der Pflegeassistentin. Deshalb kündigte sie ihr fristlos. Dagegen wehrte sich die Pflegeassistentin mit einer Kündigungsschutzklage – allerdings ohne Erfolg.
Kündigung gerechtfertigt
Die Entscheidung: Das ArbG Siegburg entschied, dass die fristlose Kündigung durch die Arbeitgeberin wirksam sei. Maßgeblich dafür war an erster Stelle, dass die Pflegeassistentin die Arbeitgeberin über ihre Erkrankung getäuscht hatte. Dadurch hatte sie das Vertrauen in ihre Redlichkeit zerstört.
Aufgrund der Fotos war das Gericht davon überzeugt, dass die Beschäftigte am Tag ihrer angeblich bestehenden Arbeitsunfähigkeit mit bester Laune und Gesundheit an der Veranstaltung teilgenommen hatte, obwohl sie sich zuvor bei ihrer Arbeitgeberin arbeitsunfähig krankgemeldet hatte. Die Fotos sprächen dafür, dass sie sich guter Gesundheit erfreut habe, so die Richter.
Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert
Das Gericht führte aus, dass der Beweiswert des Attests durch dieses Verhalten erschüttert worden sei. Die dafür von der Arbeitnehmerin gelieferte Erklärung, dass sie an einer 2tägigen psychischen Erkrankung gelitten habe, die ihr Arzt nachträglich festgestellt habe, sei unerheblich. Die Tatsache, dass die psychische Erkrankung innerhalb von 2 Tagen ausgeheilt sein solle, halte es für schlicht unglaubhaft.
Zudem gehe es davon aus, dass die Beschäftigte dazu neige, die Unwahrheit zu sagen. Dafür spreche, dass sie ihrer Arbeitgeberin nur 2 Tage nach diesem Vorfall am 5.7.2022 mitgeteilt habe, sie fühle sich wegen Grippesymptomen unwohl und fiebrig.
! Achtung: Entscheidung noch nicht rechtskräftig
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden. Zudem: Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist grundsätzlich sehr hoch. Das rührt daher, dass die Gerichte davon ausgehen, dass der Arzt den Betroffenen untersucht und sich ein entsprechendes Bild von der Arbeitsunfähigkeit gemacht hat. Anders sieht es aus, wenn vor der Ausstellung keine persönliche Untersuchung stattfand.
Kann Ihr Arbeitgeber davon ausgehen, dass der das Attest ausstellende Arzt den Kollegen nicht persönlich untersucht hat, kann er von diesem einen weiteren Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit verlangen, z. B. ein Attest eines anderen Arztes. In diesem Fall hat er zudem das Recht, gegenüber dem betroffenen Kollegen anzukündigen, dass er die Entgeltfortzahlung bis zur Beibringung eines weiteren Nachweises einstellt.
Fazit: Bei eindeutigen Indizien riskieren die Betroffenen eine Kündigung
Hier sprach einiges dafür, dass die Mitarbeiterin die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hatte. Deshalb hielt das Gericht die fristlose Kündigung entsprechend § 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für gerechtfertigt. Empfehlen Sie Ihrem Arbeitgeber, Ihre Kolleginnen und Kollegen noch einmal darauf hinzuweisen, dass ihnen ggf. eine Abmahnung oder sogar eine Kündigung droht, wenn sie eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit nur vortäuschen.
§ 626 Abs. 1 BGB
Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
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