Wer ein Gespräch heimlich mitschneidet, riskiert eine Kündigung

23. Februar 2018

Es kann für einen Arbeitnehmer durchaus attraktiv sein, ein Personalgespräch heimlich aufzunehmen. Von dieser Idee sollte er aber Abstand nehmen. Vor allem sollten Sie als Betriebsrat auf einen solchen Mitschnitt nicht zurückgreifen, wenn er Ihnen angeboten wird. Denn die heimliche Aufnahme eines Personalgesprächs ist nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen verboten. Der Kollege riskiert dadurch vielmehr auch eine fristlose Kündigung. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen in einer aktuellen Entscheidung klargestellt.

Der Fall: Ein Arbeitnehmer war zu einem Personalgespräch gebeten worden. Der Arbeitgeber warf ihm vor, Kollegen beleidigt und eine Kollegin verbal bedroht zu haben.

Das Pikante an der Situation war, dass der Arbeitnehmer bereits einige Monate zuvor durch ein ähnliches Verhalten negativ aufgefallen war. Er soll in einer E-Mail an seinen Vorgesetzten einen Teil seiner Kollegen als „Low Performer“ und „faule Mistkäfer“ bezeichnet haben. Wegen der entsprechenden E-Mail hatte ihn sein Arbeitgeber abgemahnt.

Zu dem Personalgespräch brachte der Arbeitnehmer sein Smartphone mit. Dieses legte er auf dem Tisch des Besprechungsraums ab, sodass es alle Beteiligten sehen konnten. Der Beschäftigte hatte das Handy allerdings auf dem Tisch platziert, weil er das Gespräch mithilfe des Telefons heimlich aufnehmen wollte. Darauf hatte er den Arbeitgeber nicht hingewiesen.

Von der heimlichen Aufzeichnung erfuhr der Arbeitgeber deshalb erst einige Monate später. Das missfiel ihm so sehr, dass er das Verhalten zum Anlass nahm, dem Beschäftigten fristlos zu kündigen.

Der Arbeitnehmer wollte die fristlose Kündigung nicht hinnehmen. Er erhob deshalb Kündigungsschutzklage. Diese begründete er unter anderem damit, dass er nicht gewusst habe, dass die Aufzeichnung des Personalgesprächs verboten sei. Um seine Behauptung zu bekräftigen, wies er darauf hin, dass er das Mobilfunkgerät während des Gesprächs für alle erkennbar offen auf den Tisch gelegt habe.

Diese Argumentation überzeugte  weder das Arbeitsgericht (22.11.2016, Az. 18 Ca 4002/16) noch das LAG Hessen. Beide Gerichte wiesen die Klage als unbegründet zurück.

Fristlose Kündigung wirksam

Die Entscheidung: Das Gericht entschied, dass der Arbeitgeber berechtigt gewesen sei, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen (Hessisches LAG, 23.8.2017, Az. 6 Sa 137/17). Das begründeten die Richter damit, dass das heimliche Aufnehmen des Personalgesprächs das allgemeine Persönlichkeitsrecht der beteiligten Gesprächsteilnehmer, hier also des Arbeitgebers, nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 1 Abs. 2 GG verletze.

Schließlich gewährleiste der entsprechende Schutz auch das Recht auf Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Worts. Die Gesprächsteilnehmer sollten selbst bestimmen können, ob Erklärungen nur den Gesprächspartnern selbst oder auch der Öffentlichkeit zugänglich sein sollten. Das Gericht stellte klar, dass es Aufgabe des Arbeitnehmers gewesen wäre, darauf hinzuweisen, dass die Aufnahmefunktion aktiviert sei.

Interesse des Arbeitgebers überwiegt

Bei jeder fristlosen Kündigung sind die Umstände im Einzelfall zu bewerten. Das taten die Richter auch hier. Sie kamen allerdings nach der Abwägung der einzelnen Umstände zu dem Schluss, dass kein Grund vorlag, der die Heimlichkeit rechtfertigte. Zudem erklärten sie, dass das Verhalten des Arbeitnehmers ein so schwerer Verstoß gegen das ihm entgegengebrachte Vertrauen war, dass das Interesse des Arbeitgebers an der Kündigung das des Arbeitnehmers am Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses überwog. Und zwar trotz der Tatsache, dass der Arbeitnehmer dem Betrieb bereits seit 25 Jahren angehörte und sich bis zum Zeitpunkt der Auseinandersetzungen (auch der beleidigenden E-Mails) nichts zuschulden kommen lassen hatte.

Wie Sie auf Personalgespräche Einfluss nehmen können

Eine Frage, die sich bei Personalgesprächen häufig stellt, ist Ihr Teilnahmerecht. Denn einige Kollegen fühlen sich einem solchen Gespräch allein nicht gewachsen. Sie bitten deshalb um Unterstützung durch Sie bzw. einen Kollegen aus dem Gremium.

Da das für Ihren Arbeitgeber unbequem werden kann, lehnt er ggf. Ihre Teilnahme ab. Das darf er allerdings nicht so ohne Weiteres.

Denn nach § 82 Abs. 2 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz haben Arbeitnehmer das Recht, ein Betriebsratsmitglied zum Gespräch hinzuziehen, wenn es um die Beurteilung der Leistung, die Zusammensetzung des Arbeitsentgelts oder Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung geht. Die Vorschrift wird grundsätzlich weit ausgelegt. Für Ihre Teilnahmerechte reicht es deshalb grundsätzlich aus, dass diese Themen unter anderen behandelt werden.

Ihr Arbeitgeber kann die Teilnahme deshalb auch nicht mit der Begründung ablehnen, dass es sich um ein Gespräch handle, in dem noch andere Themen besprochen würden. Weisen Sie ihn im Zweifel auf das Recht Ihrer Kolleginnen und Kollegen hin. Empfehlen Sie diesen zudem, grundsätzlich von ihrem Recht Gebrauch zu machen, wenn sie die Möglichkeit haben. Denn meist profitieren Ihre Kollegen davon.

! ACHTUNG:

Hält eine Kollegin oder ein Kollege Ihre Teilnahme nicht für notwendig, haben Sie grundsätzlich keinen Anspruch darauf, beim Gespräch dabei zu sein. Etwas anderes gilt nur, wenn Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber grundsätzlich auf die Teilnahme geeinigt haben.

In dem hier besprochenen vergleichbaren Fall hätte Ihr Arbeitgeber Ihre Beteiligung allerdings ablehnen können. Denn hier ging es ausschließlich um das Verhalten des Arbeitnehmers, und nicht – wie für Ihre Teilnahme – um Leistungen.

FAZIT:

Wer ein vertrauliches Gespräch heimlich aufzeichnet, riskiert eine außerordentliche Kündigung. Ich empfehle Ihnen, Ihren Kollegen, die mit vergleichbaren Gedanken spielen, dringend davon abzuraten. Aufzeichnungen dürfen sie nur vornehmen, wenn ihre Interessen deutlich überwiegen. Das ist in der Praxis allerdings selten der Fall.

© 02/2018 VNR AG

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