Wann Ihr Arbeitgeber keine E-Mails der Gewerkschaft versenden muss

06. Juli 2022

Lesezeit 2 Minuten

Die Beteiligung der Gewerkschaften steht unter dem Schutz des Grundgesetzes. Dazu gehört auch die Werbung für die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft. Ihr Arbeitgeber muss deshalb werbende Tätigkeiten der Gewerkschaften im Betrieb hinnehmen. Das Ganze hat allerdings seine Grenzen, die die Gewerkschaft hinnehmen muss, wie das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn erst kürzlich entschieden hat (11.5.2022, Az. 2 Ca 93/22).

§ 2 Abs. 1 BetrVG

Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen.

Gewerkschaft wirbt im Unternehmen

Der Fall: In einem Unternehmen arbeiteten viele Mitarbeiter im Homeoffice. Eine Gewerkschaft verlangte von dem Arbeitgeber, dass er eine E­Mail mit von ihr gestalteten Inhalten an alle bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer versendet. Allerdings hatte die Gewerkschaft bereits über das Intranet die Möglichkeit, sich an alle Arbeitnehmer zu wenden.

Deshalb wies der Arbeitgeber die Forderung nach dem Versand der E­Mails zurück. Damit war die Gewerkschaft nicht einverstanden. Sie versuchte, den Versand der Informationen gerichtlich durchzusetzen.

Das gilt für die Mitgliederwerbung und Informationen allgemein

Die Gerichte sind sich im Allgemeinen darüber einig, dass die geschützte Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften im Betrieb auch die Mitgliederwerbung und die Informationen über ihre Aktivitäten beinhaltet. Dazu gehört auch, dass eine Gewerkschaft ihre Informationen an die ihr bekannten dienstlichen E­Mail­Adressen versenden darf.

Die Zustimmung des Arbeitgebers ist nicht erforderlich. Die Gerichte werten die Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften in diesen Fällen höher als das Interesse der Arbeitgeber, für gewerkschaftliche Zwecke keine Ressourcen bereitzustellen.

Arbeitgeber muss E-Mails nicht versenden

Die Entscheidung: Hier hatte die Gewerkschaft aber nicht nur verlangt, dass der Arbeitgeber gewerkschaftliche Werbung passiv hinnimmt. Sie hatte vielmehr gefordert, dass er den Versand der E­Mails selbst aktiv vornimmt und die notwendigen technischen und organisatorischen Ressourcen dafür bereitstellt. An diesem Punkt kippte die Interessenabwägung.

Das ArbG Bonn hielt den Versand der entsprechenden Informationen durch den Arbeitgeber vor allem deshalb nicht für erforderlich, weil die Gewerkschaft bereits über das Intranet die Gelegenheit hatte, mit den Arbeitnehmern zu kommunizieren. Die durch den Versand der E­Mails entstehenden Störungen im Betriebsablauf würden den Arbeitgeber übermäßig belasten. 

Enge Zusammenarbeit ist wichtig

In den Betrieben, in denen die Gewerkschaft aktiv ist, wenn also mindestens ein Beschäftigter Mitglied in der Gewerkschaft ist, erfolgt die Interessenvertretung der Arbeitnehmer in der Regel arbeitsteilig. Und zwar zum einen durch Sie als Betriebsrat und von den Arbeitnehmern gewähltes Organ der Betriebsverfassung und zum anderen durch die Gewerkschaft. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Arbeitnehmern.

Da beide Institutionen letztlich die gleiche Aufgabenstellung und das gleiche Ziel haben, nämlich die bestmögliche Vertretung der Arbeitnehmerinteressen, sollte eine enge Zusammenarbeit eine Selbstverständlichkeit sein. Auch das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geht im Übrigen davon aus.

Insgesamt besteht die betriebsverfassungsrechtliche Hauptaufgabe der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften darin, Sie als Betriebsrat in Ihrer Aufgabe zu unterstützen (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Besondere Aufgaben und Befugnisse sind vor allem in folgenden Vorschriften des BetrVG geregelt, z. B.:

§ 14 Abs. 3 BetrVG: Einreichung eigener Wahlvorschläge für die Betriebsratswahl,

§ 16 Abs. 1 BetrVG: Entsendungsrecht in den Wahlvorstand, wenn der Gewerkschaft kein stimmberechtigtes Wahlvorstandsmitglied angehört,

§ 17 Abs. 3 BetrVG: Einberufung einer Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstands und

§ 23 Abs. 1 BetrVG: Antrag beim Arbeitsgericht auf Auflösung des Betriebsrats.

Fazit: Ein Informationsweg reicht

Das ArbG Bonn hat in dieser Entscheidung zwar bestätigt, dass die Gewerkschaften auch Zugang zu den Beschäftigten im Homeoffice haben müssen. Die Richter haben aber auch klargestellt, dass eine Gewerkschaft eine mögliche Einschränkung hinnehmen müsse. So ist jetzt zumindest klar, dass die Gewerkschaft – sofern die Nutzungsmöglichkeit des Versands über das Intranet besteht – keinen Anspruch auf Versendung der Inhalte durch den Arbeitgeber hat.

Sie haben eine individuelle Sachlage, die Sie kurz besprechen möchten? Dann schreiben Sie unsere Experten über den nachfolgenden Button an.

Preview Image
Experten befragen

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!
Neueste Beiträge
Schulungstermin buchen
Ihr Lotsenservice
Rufen Sie unser Service-Team jederzeit kostenlos an:
Tel.: +49 228 9550-290
E-Mail: team@smart-br.net
Oder buchen Sie jetzt Ihren unverbindlichen Schulungstermin bei unserem Smart BR-Serviceteam:
Wir zeigen Ihnen wie Sie jederzeit und von jedem Ort jedes Mitbestimmungsproblem lösen!
Wie Sie mit wenigen Klicks auf rechtsichere Fachinformationen und Arbeitshilfen zugreifen können.
Wie Sie individuelle Zugänge anlegen und Ihre Betriebsratsarbeit optimieren können.
Produkt Manager
Bitte wählen Sie Ihren Wunschtermin aus und vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Online-Termin.
Kristin Richter, Produktmanagerin von Smart BR.