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Mit dem Ergebnis einer Betriebsratswahl sind selten alle Beteiligten zufrieden. Immer wieder bemängeln Mitwirkende oder der Arbeitgeber auch, dass das Wahlverfahren nicht richtig abgelaufen ist. Ihnen als Betriebsrat ist die Anfechtung einer Betriebsratswahl meist ein Dorn im Auge. Dennoch lässt sie sich nicht immer ausschließen. Das Arbeitsgericht (ArbG) Stuttgart hat erst kürzlich die Betriebsratswahl beim Automobilhersteller Porsche für unwirksam erklärt (6.4.2023, Az. 21 BV 54/22). Lesen Sie im Folgenden, wie es dazu kam.
10.884 Mitarbeiter wählen den Betriebsrat
Der Fall: Der Betriebsrat bei Porsche besteht aus 41 Mitgliedern. An der regulären Betriebsratswahl im März 2022 nahmen 10.884 Mitarbeiter teil. Dazu gehörten auch 102 Beschäftigte der Porsche Dienstleistungs GmbH am Standort Leipzig.
Das hielten einige Beschäftigte für nicht korrekt. Sie fochten die Wahl deshalb an und beantragten beim ArbG Stuttgart, die Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären. Nach ihrer Ansicht waren die Beschäftigten aus Leipzig nicht wahlberechtigt. Das begründeten sie damit, dass der Standort Leipzig ein eigenständiger Betrieb sei, der nicht hätte mitwählen dürfen. Der Standort hätte vielmehr einen eigenen Betriebsrat wählen müssen.
Durch Tarifvertrag können bestimmt werden: 3. andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen, soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient;
Beschäftigte aus Leipzig hätten nicht teilnehmen dürfen
Die Entscheidung: Das ArbG Stuttgart sah es genauso. Es gab dem Antrag auf Anfechtung statt und entschied, dass die Beschäftigten aus Leipzig nicht an der Betriebsratswahl in Zuffenhausen teilnehmen durften. Die Wahl habe unter Verkennung des sogenannten Betriebsbegriffs stattgefunden. Das sei ein Verstoß gegen wesentliche Wahlvorschriften. Der Fehler, der durch die Teilnahme der Leipziger Mitarbeiter an der Wahl entstanden sei, habe sich auf das Wahlergebnis ausgewirkt.
Tarifliche Regelung greift nur bei besserer Eignung
Das Gericht ging zudem darauf ein, dass die Einbeziehung des Standorts Leipzig in die Zuständigkeit des Betriebsrats Zuffenhausen/Ludwigsburg/Sachsenheim durch einen Porsche-Haustarifvertrag aus dem Jahr 2013 nicht wirksam sei. Auch diese Regelung rechtfertige nicht, dass die Beschäftigten aus Leipzig an der Betriebsratswahl teilnehmen dürften.
Diesbezüglich stellte das ArbG Stuttgart klar, dass § 3 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zwar grundsätzlich ermögliche, durch Tarifvertrag vom Gesetz abweichende Arbeitnehmervertretungsstrukturen zu bestimmen. Die Tarifvertragsparteien könnten über die gesetzlichen Arbeitnehmervertretungsstrukturen aber nicht frei disponieren. Schließlich gehe das BetrVG von dem Grundsatz aus, dass weit voneinander entfernt liegende Betriebe einen eigenen Betriebsrat wählen. Eine tarifvertraglich vereinbarte Struktur müsse deshalb zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen besser geeignet sein als die gesetzliche.
Das konnte das Gericht hier nicht erkennen. Denn die Ausübung der Beteiligungsrechte sei durch einen eigenen Betriebsrat am Standort Leipzig besser und effizienter durchzusetzen als durch einen Betriebsrat, der sich mehrere 100 km entfernt aufhalte, so die Richter. In diesem Zusammenhang stellte das Gericht darüber hinaus klar, dass es an seiner Entscheidung auch im Hinblick auf die vorhandene Digitalisierung und die Möglichkeit der Durchführung von Videokonferenzen festhalte.
Wenn bei der Betriebsratswahl etwas schiefgelaufen ist
Wird bei der Betriebsratswahl gegen wesentliche Vorschriften oder das Wahlrecht, Wahlverfahren oder die Wählbarkeit verstoßen, haben der Arbeitgeber und auch die Arbeitnehmer die Möglichkeit, die Wahl beim zuständigen ArbG anzufechten (§ 19 BetrVG). Dies muss innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses geschehen. Erklärt das ArbG die Wahl für ungültig, muss ein komplett neuer Wahlvorgang mit korrektem Ablauf eingeleitet werden.
Ist die 2-Wochen-Frist abgelaufen, sind die Mängel, die eine Anfechtung der Betriebsratswahl rechtfertigen, aber nicht zur Nichtigkeit führen, geheilt. Danach erlischt das Anfechtungsrecht und das Wahlergebnis ist wirksam und verbindlich.
Fazit: Eigenständige Betriebe müssen einen eigenen Betriebsrat wählen
Eine Betriebsratswahl kann wirksam angefochten werden, wenn ein eigenständiger Betrieb keine eigene Wahl durchführt und die Beschäftigten stattdessen den Betriebsrat am Standort der Konzernzentrale mitwählen. Behalten Sie das immer im Auge, falls diese Konstellation auch auf Ihren Betrieb zutrifft!
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