Teilzeitwunsch nicht berücksichtigt: Schadenersatz droht

17. Januar 2018

Möchte ein in Teilzeit beschäftigter Kollege wieder mehr arbeiten, kann er Ihrem Arbeitgeber seinen Wunsch mitteilen. Dieser hat den Kollegen dann bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung grundsätzlich bevorzugt zu berücksichtigen. Unterlässt Ihr Arbeitgeber das, riskiert er einen Schadenersatzanspruch.

Der Fall: Eine Krankenschwester war seit dem Jahr 1989 bei ihrem Arbeitgeber beschäftigt, zuletzt mit 50 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft. Anfang des Jahres 2015 schrieb sie ihrem Arbeitgeber, dass sie gern Vollzeit arbeiten möchte.

Diesem Wunsch kam der Arbeitgeber jedoch nicht nach. Er stellte vielmehr im Lauf des Jahres 2015 insgesamt 5 neue Krankenschwestern und -pfleger ein.

Das ärgerte die Arbeitnehmerin. Sie verlangte deshalb auch gerichtlich, als Vollzeitkraft beschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber trug in seiner Stellungnahme vor Gericht vor, dass er nun keinen freien Arbeitsplatz mehr habe.

Arbeitgeber muss Arbeitnehmerin nicht in Vollzeit beschäftigen

Die Entscheidung: Das Gericht sah keine Grundlage für die Beschäftigung in Vollzeit. Die Richter stellten klar, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, nun, nachdem er keinen freien Arbeitsplatz mehr habe, die Arbeitnehmerin in Vollzeit zu beschäftigen (Bundesarbeitsgericht, 18.7.2017, Az. 9 AZR 259/16). In dem Moment, als der Arbeitgeber den freien Arbeitsplatz mit einem neuen Arbeitnehmer besetzt habe, sei der Aufstockungsanspruch der Beschäftigten untergegangen.

Das Gericht wies in seiner Entscheidung allerdings auch darauf hin, dass die Arbeitnehmerin wegen der mangelnden Berücksichtigung grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz gegen den Arbeitgeber habe.

Das begründeten die Richter damit, dass die Krankenschwester ihr Aufstockungsverlangen frühzeitig mitgeteilt habe. Der Arbeitgeber habe deshalb den Untergang des Anspruchs zu vertreten.

In diesem Verfahren wurde der Arbeitnehmerin allerdings kein Schadenersatz zugesprochen. Denn sie hatte keinen entsprechenden Anspruch vor Gericht geltend gemacht. Das wäre allerdings Voraussetzung dafür gewesen. Denn in Prozessen vor dem Zivilgericht wird lediglich über die Punkte entschieden, die beantragt wurden.

Welche Schlüsse Sie ziehen können

Nach § 9 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, teilzeitbeschäftigte Kollegen, die den Wunsch nach einer Erhöhung ihrer Arbeitszeit angezeigt haben, bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung mit anderen Bewerbern bevorzugt zu berücksichtigen. Diesen Wunsch kann Ihr Arbeitgeber nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.

Ignoriert Ihr Arbeitgeber ein entsprechendes Aufstockungsbegehren und führt das dazu, dass der Kollege seine Arbeitszeit nicht erhöhen kann, z. B. weil der Arbeitgeber einen passenden Arbeitsplatz mit einer anderen Person besetzt, ohne darüber nachzudenken, bleibt dem Betroffenen nur, Schadenersatz geltend zu machen. Geben Sie das an Ihre Kolleginnen und Kollegen weiter.

© 01/2018 VNR AG

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