Streikposten auf dem Firmengelände erlaubt

02. September 2020

Ihr Arbeitgeber hat das Hausrecht in Ihrem Betrieb. Das führt immer mal wieder zu Auseinandersetzungen, gerade wenn eine Gewerkschaft zum Streik aufruft. Denn so manch ein Arbeitgeber wehrt sich, indem er die Gewerkschaft vor die Tür setzt. Ob das erlaubt ist, musste nach dem Bundesarbeitsgericht nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) endgültig entscheiden (9.7.2020, Az. 1 BvR 719/19 und Az. 1 BvR 720/19).

Gewerkschaft ruft zum Streik auf

Der Fall: Die Gewerkschaft ver.di wollte die Arbeitnehmer eines Unternehmens aus der Versand- und Logistikbranche zum Streik aufrufen. Mit dem Streik wollte sie die Anerkennung der einschlägigen Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels erreichen.

Um mit möglichst vielen arbeitswilligen Beschäftigten der Belegschaft in Kontakt zu kommen, postierten sich die Verantwortlichen auf dem zum Betriebsgelände gehörenden Parkplatz. Die Gewerkschafter bauten dort Stehtische und Tonnen auf. Zudem verteilten sie Flyer, mit denen sie die zur Arbeit erscheinenden Arbeitnehmer zur Teilnahme am Streik aufforderten. Da sich der Betriebsparkplatz direkt vor dem Haupteingang des Betriebs befand, mussten arbeitswillige Beschäftigte durch die Ansammlung der Streikenden hindurchlaufen. Zu physischen Zugangsbehinderungen kam es allerdings nicht. Dennoch missfiel dem Arbeitgeber das Verhalten. Er berief sich auf sein Besitzrecht und erteilte ein Hausverbot. Dagegen wehrte sich die Gewerkschaft.

Streikrecht ist geschützt

Die Entscheidung: Das Gericht gestand dem Arbeitgeber zwar zu, sich auf sein Besitzrecht berufen zu können. Es stellte aber auch klar, dass sein Recht im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützte gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit eingeschränkt sei.

Die in jedem Einzelfall vorzunehmende Abwägung habe ergeben, dass der Arbeitgeber die kurzzeitige Beeinträchtigung seines Besitzes hinzunehmen habe. Hier hielten die Richter das Vorgehen für gerechtfertigt, weil die Gewerkschaft aufgrund der örtlichen Verhältnisse lediglich auf dem Parkplatz mit der Belegschaft kommunizieren und ihre Streikmaßnahme durchführen konnte.

Das BVerfG ging zudem davon aus, dass der Streik nicht dazu diene, dem Versandhändler eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband aufzudrängen. Das Ziel sei vielmehr die Anerkennung einschlägiger Flächentarifverträge gewesen.

Gerichte prüfen jeden Einzelfall

Die Entscheidung führt Ihnen vor Augen: Eine allgemeingültige Aussage, wann welche Gewerkschaftsaktion zulässig ist, kann nicht getroffen werden. Die Gerichte wägen vielmehr in jedem Einzelfall die widerstreitenden Interessen ab. Hier kam der Gewerkschaft zugute, dass sie die Streikmaßnahme aufgrund der örtlichen Verhältnisse nur auf dem Firmenparkplatz durchführen konnte. Außerdem sprach für sie, dass sie keine physischen Zugangsbehinderungen geschaffen hatte.

Anders hätte es wahrscheinlich ausgesehen, wenn die Gewerkschaft etwa Zugänge blockiert oder den Betriebsablauf gestört hätte. Solche Aktionen können Arbeitgeber unter Berufung auf ihr Hausrecht verbieten.

So sollten Sie im Zweifel vorgehen

Die Gewerkschaft – und damit unter Umständen Ihre Kolleginnen und Kollegen – ist gut beraten, wenn sie in jedem Einzelfall prüft, welche Argumente sie gegen ein Hausverbot Vorbringen kann. In dem Moment, in dem sie darstellen kann, dass die Kontaktaufnahme außerhalb des Firmengeländes problematisch bzw. wesentlich ineffektiver ist, hat sie gute Chancen, sich gegen ein Hausverbot zu wehren.

Sie haben eine individuelle Sachlage, die Sie kurz besprechen möchten? Dann schreiben Sie unsere Experten über den nachfolgenden Button an.

Preview Image
Experten befragen

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!
Neueste Beiträge
Schulungstermin buchen
Ihr Lotsenservice
Rufen Sie unser Service-Team jederzeit kostenlos an:
Tel.: +49 228 9550-290
E-Mail: team@smart-br.net
Oder buchen Sie jetzt Ihren unverbindlichen Schulungstermin bei unserem Smart BR-Serviceteam:
Wir zeigen Ihnen wie Sie jederzeit und von jedem Ort jedes Mitbestimmungsproblem lösen!
Wie Sie mit wenigen Klicks auf rechtsichere Fachinformationen und Arbeitshilfen zugreifen können.
Wie Sie individuelle Zugänge anlegen und Ihre Betriebsratsarbeit optimieren können.
Produkt Manager
Bitte wählen Sie Ihren Wunschtermin aus und vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Online-Termin.
Kristin Richter, Produktmanagerin von Smart BR.