So hat Ihr Arbeitgeber die Dienste zu entlohnen

27. November 2020

Lesezeit 1,5 Minuten

Was ist Arbeitszeit und wie muss sie vergütet werden? Wann gilt Rufbereitschaft als Arbeitszeit? Diese Fragen sorgen in vielen Betrieben für Auseinandersetzungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber sowie zwischen Arbeitnehmern und Personalverantwortlichen, bestimmt auch bei Ihnen. Das gilt besonders dann, wenn Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Belegschaft Bereitschaftsdienste leisten. Eine Orientierungshilfe kann Ihnen hier der Schlussantrag des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bieten (6.10.2020, Az. C-580/19).

§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: […]

2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; […]

Feuerwehrmann ist ständig in Bereitschaft

Der Fall: Der Arbeitnehmer, ein Feuerwehrmann aus Deutschland, leistet regelmäßig Rufbereitschaftsdienste. Während der Dienste muss er ständig erreichbar sein und sich im Zweifel innerhalb von 20 Minuten in seiner Einsatzkleidung am Einsatzort einfinden können. Er beantragte deshalb, dass seine Rufbereitschaftsdienste als Arbeitszeit anerkannt und entsprechend vergütet werden. Der Arbeitgeber, die Stadt Offenbach, lehnte das ab. Deshalb zog er vor das Verwaltungsgericht. Dieses legte dem EuGH die Angelegenheit zur Vorabentscheidung vor.

Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH

Das deutsche Gericht hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob Rufbereitschaft nach der europäischen Arbeitszeitrichtlinie und der Charta der Grundrechte der EU als Arbeitszeit anzusehen ist, wenn wie hier zwar kein Aufenthaltsort für die Rufbereitschaft vorgesehen ist, der Arbeitnehmer aber durch einen engen Zeitplan sehr eingeschränkt ist, sich während der Bereitschaftszeit seinen eigenen Interessen zu widmen.

Rufbereitschaft könnte Arbeitszeit sein

So sieht es der Generalanwalt: Der Generalanwalt stellte klar, dass die Rufbereitschaft im Fall des Feuerwehrmanns Arbeitszeit sein könnte. Das begründete er mit der Schnelligkeit, die vom Arbeitnehmer im Fall eines Einsatzes gefordert sei. Dieser müsse, wenn er gerufen werde, unter Umständen innerhalb von 20 Minuten in Dienstkleidung am Stadtrand von Offenbach erscheinen. Um dieser Anforderung nachkommen zu können, bliebe ihm nichts anderes übrig, als sich während der Rufbereitschaftszeiten in einem engen geografischen Umkreis aufzuhalten. Dieser werde im Wesentlichen vom Standort des Arbeitgebers bestimmt.

! Achtung: der EuGH muss noch entscheiden

Die Ausführungen des Generalanwalts sind noch kein Urteil. Letztendlich muss der EuGH entscheiden. Die Richter am EuGH folgen allerdings sehr häufig dem, was die Generalanwälte vorbereiten.

Diese Schlüsse können Sie ziehen

Steht in Ihrem Betrieb die Entscheidung darüber an, wie Rufbereitschaft zu entlohnen ist, sollten Sie genau hinsehen und differenzieren. Handelt es sich um Arbeitszeit, ist diese entlohnungspflichtig. Liegt keine Arbeitszeit vor, braucht Ihr Arbeitgeber sie gar nicht zu vergüten.

Übersicht: Wann Bereitschaftszeiten Arbeitszeit sind

TätigkeitDefinitionArbeitszeit
Arbeitsbereit-schaftDer Arbeitnehmer befindet sich entsprechend den im Arbeitsvertrag vereinbarten Konditionen am Arbeitsplatz.Ja, sie muss vergütet werden.
RufbereitschaftDer Arbeitnehmer darf sich grundsätzlich aufhalten, wo er möchte. Er muss allerdings erreichbar und in der Regel auch innerhalb einer bestimmten Zeit im Betrieb erscheinen können.Nein, als Arbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes zählt bis dato nur die sogenannte Heranziehungszeit. Dabei handelt es sich um die Zeit, die ein Arbeitnehmer während einer Rufbereitschaft tatsächlich am Arbeitsplatz verbringt. Nur diese Zeit wird vergütet. Für die Zeit, in der sich ein Kollege „nur“ bereithält, kann Ihr Arbeitgeber eine Pauschale leisten, die letztlich geringer ausfällt. Das könnte sich nach den Ausführungen des Generalanwalts in einigen Fällen bald ändern.
Bereitschafts dienstArbeitnehmer muss sich an einem bestimmten Ort – normalerweise im Betrieb – aufhalten, um seine Tätigkeit jederzeit kurzfristig aufnehmen zu können.Ja, sie muss vergütet werden.

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