Sie können eine Regelung zur Arbeitszeiterfassung erzwingen

11. August 2023

Lesezeit 2 Minuten

Als Betriebsrat haben Sie ein Initiativrecht bei der Ausgestaltung der Arbeitszeit. Deshalb können Sie eine Regelung erzwingen, wie die Arbeitszeiten in Ihrem Betrieb erfasst werden sollen. Ihr Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, er wolle vor der Einführung eines Erfassungssystems zunächst noch die gesetzliche Regelung abwarten. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München kürzlich entschieden (22.5.2023, Az. 4 TaBV 24/23).

§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG
Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen: 2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;

Betriebsrat verlangt Vereinbarungen zur Arbeitszeit

Der Fall: Der Betriebsrat hatte seinen Arbeitgeber aufgefordert, Verhandlungen über die Ausgestaltung der Arbeitszeiterfassung aufzunehmen. Dabei ging es ihm um die Arbeitszeit der im Betrieb beschäftigten Außendienstmitarbeiter. Hintergrund seiner Forderung war, dass es in dem Unternehmen bis zu dem Zeitpunkt nur Konzernbetriebsvereinbarungen über die Arbeitszeit und deren Erfassung für den Innendienst gab.

Arbeitgeber lehnt Beteiligung der Arbeitnehmervertretung ab

Der Arbeitgeber lehnte es allerdings ab, Gespräche mit dem Betriebsrat zu führen. Dies begründete er damit, dass er sich grundsätzlich für ein System der elektronischen Zeiterfassung entschieden habe. Für die entsprechenden Regelungen sei wie beim Innendienst jedoch der Konzernbetriebsrat zu beteiligen.

Der Betriebsrat ließ nicht locker, vor allem mit dem Argument, dass der Arbeitgeber inzwischen gesetzlich verpflichtet sei, eine Regelung zu schaffen. Dem hielt der Arbeitgeber entgegen, dass man im Hinblick auf den Außendienst noch nicht handeln wolle, da man hoffe, dass dieser letztendlich nicht unter die gesetzliche Regelung falle.

Betriebsrat beantragt die Einsetzung einer Einigungsstelle

Der Betriebsrat bestand anschließend darauf, dass eine Einigungsstelle eingesetzt wird. Doch der Arbeitgeber weigerte sich, eine solche zu bilden. Deshalb landete die Angelegenheit vor Gericht.

Das Arbeitsgericht (ArbG) München setzte auf einen entsprechenden Antrag des Betriebsrats hin eine Einigungsstelle ein. Und zwar mit der Begründung, dass diese wegen der neuesten Rechtsprechung zur Arbeitszeiterfassung nicht offensichtlich unzuständig sei. Schließlich gehe es dem Betriebsrat nicht um das „Ob“ der Zeiterfassung, sondern um das „Wie“. Es sei also ein Spielraum für die Regelung gegeben.

Diese Entscheidung missfiel dem Arbeitgeber. Er zog vor das LAG München – allerdings ohne Erfolg.

Betriebsrat bestimmt mit

Die Entscheidung: Das LAG München bestätigte mit seiner Entscheidung die Rechtsprechung des ArbG. Das begründeten die Richter wie folgt: Der Arbeitgeber könne sich gegenüber dem Betriebsrat nicht darauf berufen, dass bis dato gesetzlich nicht entschieden sei, ob er sich rechtmäßig verhalte oder der Pflicht zum Handeln nachkommen müsse.

Die Richter stellten in ihrer Entscheidung zudem klar, dass der Arbeitgeber eine Vorabentscheidung über die Art der Zeiterfassung, die ihrerseits unter Umständen die Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats erfordere, nicht allein treffen könne. Das begründeten sie damit, dass die Entscheidung über die beste Art der Zeiterfassung in der Regel Gegenstand der Mitbestimmung des örtlichen Betriebsrats sei.

Bei der zeitlichen Lage bestimmen Sie mit

Ihr Mitbestimmungsrecht zur zeitlichen Lage der Arbeitszeit ist in § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Darunter fällt die Bestimmung bzw. Entscheidung über

▸ die Wochentage, an denen gearbeitet wird,

▸ an wie vielen Tagen in der Woche gearbeitet wird,

▸ Anfang und Ende der täglichen Arbeitszeit,

▸ die Dauer der täglichen Arbeitszeit sowie

▸ Dauer und Lage der Pausen.

Darüber hinaus bestimmen Sie mit, wenn Ihr Arbeitgeber die betriebsübliche Arbeitszeit vorübergehend verkürzen oder verlängern will (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Genau wie bei allen Fragen zur Arbeitszeit ist auch bei diesen Grundsatzfragen Ihr volles Fingerspitzengefühl gefragt. Für Sie als Betriebsrat ist es dabei immer wieder ein Balance­Akt, beiden Seiten gerecht zu werden.

Fazit: Sie können eine Regelung erzwingen

Im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung Ihres Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung haben Sie ein Initiativrecht. Sie können durch Ihr Engagement eine Regelung darüber erzwingen, wie die Arbeitszeit erfasst werden soll.

Arbeitszeiterfassung Regelung
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