Rufbereitschaft zählt nur teilweise zur bezahlten Arbeitszeit

05. September 2019

An einigen Arbeitsplätzen muss ständig eine verantwortliche Person erreichbar sein. Und zwar auch dann, wenn nicht ständig Arbeit anfällt. In diesen Bereichen setzen die Arbeitgeber gern auf Rufbereitschaftsdienste. Darüber, wie Rufbereitschaftsdienste zu vergüten sind, klärt die folgende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz auf.

Arbeitnehmerin zur ständigen Erreichbarkeit via Handy verpflichtet

Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber als Haushälterin beschäftigt. Ihre Tätigkeit beinhaltete Kochund Reinigungsarbeiten sowie die Erledigung von Einkäufen und die Betreuung der Hunde. Der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin hatten sich im Arbeitsvertrag auf eine 40-Stunden-Woche geeinigt. Die geleistete Arbeitszeit schrieb die Arbeitnehmerin auf. Zudem verpflichtete sich die Arbeitnehmerin, ständig über das Mobiltelefon erreichbar zu sein. Der Arbeitgeber kündigte das Beschäftigungsverhältnis dann allerdings während der Probezeit.

Arbeitnehmerin beruft sich auf Rufbereitschaft

Der Arbeitgeber rechnete das Beschäftigungsverhältnis in der Folgezeit ab. Bei seiner Abrechnung berücksichtigte er geleistete Überstunden. Mit der Abrechnung war die Arbeitnehmerin nicht einverstanden. Sie berief sich darauf, dass sie arbeitsvertraglich zur ständigen Erreichbarkeit verpflichtet gewesen sei. Zudem erklärte sie, dass diese auch tatsächlich dauernd gefordert worden sei. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass dieses Verlangen als Arbeitsbereitschaft zu bewerten sei.

Die Arbeitnehmerin forderte deshalb vom Arbeitgeber 14.000 €. Dieser weigerte sich allerdings, den Betrag zu zahlen. Er war der Meinung, dass es sich bei der Vereinbarung allenfalls um Rufbereitschaft gehandelt habe. Die Arbeitnehmerin klagte – allerdings ohne Erfolg.

Kein Anspruch auf Zahlung von 14.000 €

Die Entscheidung: Das Gericht wies die Klage ab. Die Richter entschieden, dass die Arbeitnehmerin keine weiteren Lohnansprüche habe (LAG Rheinland-Pfalz, 6.3.2019, Az. 7 Sa 312/18). Das begründete das Gericht damit, dass es sich weder um Arbeitsbereitschaft noch um Bereitschaftsdienste gehandelt habe. Die Verpflichtung, ständig auf dem Mobiltelefon erreichbar zu sein, sei vielmehr als Rufbereitschaft zu bewerten. Schließlich sei die Arbeitnehmerin nicht gehindert gewesen, das Haus sowie ihre in diesem Haus gelegene Wohnung zu verlassen. Das Gericht stellte zudem klar, dass für die Rufbereitschaft nur eine Vergütung anfalle, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit herangezogen werde. Hier habe der Arbeitgeber für die Zeiten, die er die Arbeitnehmerin tatsächlich in Anspruch genommen habe, eine Vergütung gezahlt.

In Sachen Arbeitszeit reden Sie mit

Als Betriebsrat haben Sie bei der Arbeitszeit umfangreiche Mitbestimmungsrechte. Ihr Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der zeitlichen Lage der Arbeitszeit ist in § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Darüber hinaus bestimmen Sie bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG). Dazu gehört auch die Mitbestimmung bei Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdiensten sowie bei der Rufbereitschaft.

Ihr Arbeitgeber ist in Sachen Arbeitszeit an unterschiedliche Gesetze gebunden. So z.B. auch an das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Eine Ihrer Aufgaben ist es zu überwachen, dass Ihr Arbeitgeber diese Vorschriften berücksichtigt.

Was Sie zur Bezahlung von Rufbereitschaft wissen müssen

Rufbereitschaft ist eine Form der Arbeit, die gar nicht als Arbeit im Sinne des ArbZG gilt. Denn während der Rufbereitschaft kann sich ein Arbeitnehmer an einem von ihm selbst gewählten Ort außerhalb des Betriebs aufhalten. Deshalb ist grundsätzlich auch eine pauschale Vergütung zulässig.

Ein Arbeitnehmer, der Rufbereitschaft leistet, ist allerdings unter Umständen verpflichtet, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach einem entsprechenden Anruf (z. B. innerhalb von 30 Minuten) am Arbeitsplatz zu erscheinen. Als Arbeit im Sinne des ArbZG zählt deshalb nur die sogenannte Heranziehungszeit. Das ist die Zeit, die ein Arbeitnehmer tatsächlich am Arbeitsplatz verbringt. Nur diese Zeit wird deshalb als Vollarbeit vergütet. So war es auch hier.

Tipp: 

Vereinbarung schließen und Rechtsklarheit schaffen

Sollten Ihre Kolleginnen und Kollegen zu Rufbereitschaftsdiensten verpflichtet sein, empfehle ich Ihnen, sich mit Ihrem Arbeitgeber auf eine entsprechende Betriebsvereinbarung zu einigen. So schaffen Sie Rechtsklarheit. Sollte es nur um einzelne Fälle gehen, bietet sich unter Umständen eine Einzelabrede zwischen Ihrem Arbeitgeber und der betreffenden Person an, am besten direkt bei Abschluss des Arbeitsvertrags. Ein Muster finden Sie unten.

Muster-Vereinbarung: Vergütung von Rufbereitschaftsdiensten

§ … Entgelt bei Rufbereitschaft

Zeiten der Rufbereitschaft sind keine Arbeitszeit im Sinne des ArbZG. Deshalb wird für die Rufbereitschaftsdienste, die … (Name des Arbeitnehmers) leistet, grundsätzlich eine pauschale Vergütung vereinbart. Und zwar folgendermaßen:

1. Für Zeiten der Rufbereitschaft erhält … (Name des Arbeitnehmers) eine Rufbereitschaftsvergütung von … €/Stunde.

2. Wird … (Name des Arbeitnehmers) innerhalb der Rufbereitschaft zu Arbeitsleistungen herangezogen, erhält er für diese Zeiten die übliche Vergütung in Höhe von … €/Stunde nach § … des Arbeitsvertrags.

© 09/2019 VNR AG

Sie haben eine individuelle Sachlage, die Sie kurz besprechen möchten? Dann schreiben Sie unsere Experten über den nachfolgenden Button an.

Preview Image
Experten befragen

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!
Neueste Beiträge
Schulungstermin buchen
Ihr Lotsenservice
Rufen Sie unser Service-Team jederzeit kostenlos an:
Tel.: +49 228 9550-290
E-Mail: team@smart-br.net
Oder buchen Sie jetzt Ihren unverbindlichen Schulungstermin bei unserem Smart BR-Serviceteam:
Wir zeigen Ihnen wie Sie jederzeit und von jedem Ort jedes Mitbestimmungsproblem lösen!
Wie Sie mit wenigen Klicks auf rechtsichere Fachinformationen und Arbeitshilfen zugreifen können.
Wie Sie individuelle Zugänge anlegen und Ihre Betriebsratsarbeit optimieren können.
Produkt Manager
Bitte wählen Sie Ihren Wunschtermin aus und vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Online-Termin.
Kristin Richter, Produktmanagerin von Smart BR.