Überstunden sind ein Dauerthema in der Betriebsratsarbeit. Schließlich fallen sie in vielen Betrieben zu häufig an. Zudem gibt es immer wieder Auseinandersetzungen um deren Vergütung. Denn Überstunden sind grundsätzlich extra zu bezahlen. Dabei können sie auch durch eine etwas höhere Vergütung pauschal abgedeckt werden.
Das gilt allerdings nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nicht, soweit eine Gesamtbetriebsvereinbarung festlegt, dass im Rahmen einer vereinbarten Vertrauensarbeitszeit regelmäßig abgeleistete Mehrarbeit durch eine nicht näher bestimmte Anzahl freier Arbeitstage im Kalenderjahr abgegolten ist.
Arbeitnehmer verlangt Vergütung von Überstunden in Höhe von etwa 9.300 €
Der Fall: Ein Arbeitnehmer war bei seinem Arbeitgeber, der Gewerkschaft ver.di, mit einer Wochenarbeitszeit in Höhe von 35 Stunden als Gewerkschaftssekretär beschäftigt. Die Parteien hatten sich auf Vertrauensarbeitszeit geeinigt. Der Arbeitnehmer konnte deshalb über den Beginn und das Ende seiner Arbeitszeit selbst bestimmen.
Gesamtvereinbarung regelt Überstundenvergütung
Die Arbeitsbedingungen – so auch der Umgang mit Überstunden – waren in einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit dem Titel „Allgemeine Arbeitsbedingungen für ver.di-Beschäftigte“ geregelt. Diese sah vor, dass Gewerkschaftssekretäre, also auch der Arbeitnehmer, die regelmäßig Mehrarbeit leisten, als Ausgleich pauschal 9 freie Arbeitstage im Kalenderjahr erhalten.
Andere Arbeitnehmer hatten dagegen für jede geleistete Überstunde Anspruch auf Freizeitausgleich von einer Stunde und 18 Minuten bzw. eine entsprechende Überstundenvergütung. Das entsprach einem Überstundenzuschlag von 30 %.
Diese Differenzierung missfiel dem Arbeitnehmer. Er zog vor Gericht. Dort machte er die Vergütung von 255 Überstunden geltend, die im Zusammenhang mit der Durchführung eines 4-monatigen Projekts angefallen waren. Dafür verlangte er eine Zahlung in Höhe von 9.345,84 € brutto. Als Beleg für die Überstunden legte er die Zeiterfassungsbögen aus dieser Zeit vor, die sein Vorgesetzter abgezeichnet hatte.
Der Arbeitgeber wollte die Überstunden nicht vergüten. Er stellte sich auf den Standpunkt, dass sämtliche Überstunden mit den 9 Ausgleichstagen, die in der Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt waren, ausgeglichen seien.
Pauschale Überstundenvergütung für regelmäßige Mehrarbeit unwirksam
Die Entscheidung: Das Gericht gab dem Arbeitnehmer recht: Er habe einen Anspruch auf Vergütung der Mehrarbeitsstunden inklusive des vorgesehenen Zuschlags in Höhe von 30 %. Die pauschale Überstundenvergütung für regelmäßige Mehrarbeit sei unwirksam (BAG, 26.6.2019, Az. 5 AZR 452/18). Und zwar mit der Begründung, dass die Formulierung gegen das Gebot der Normenklarheit verstoße.
Für den Arbeitnehmer sei nicht klar, in welchem Fall eine solche regelmäßige Mehrarbeit gegeben sei und wann nicht. Zudem genüge die Regelung nicht dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Eine wie auch immer geartete „Regelmäßigkeit“ von Überstunden sei kein geeignetes Differenzierungsmerkmal. Es sei für die Betroffenen nicht möglich zu unterscheiden, ob die Vergütung von Überstunden pauschal oder entsprechend den konkret anfallenden Stunden abzurechnen sei.
Sie müssen Überstunden nicht immer leisten
Sie und Ihre Kollegen sind nur verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn es sich aus betrieblicher Sicht um einen Notfall handelt oder die Bereitschaft zur Leistung bereits im Arbeitsund Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung festgelegt ist. Außerdem müssen etwaige Überstunden richtig angeordnet werden.
Dabei muss Ihr Arbeitgeber 2 Punkte beachten: Er muss die Betroffenen – abgesehen von Notfällen – mindestens eine Woche vorher informieren. Zudem muss er Ihre Zustimmung als Betriebsrat einholen (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 Betriebsverfassungsgesetz).
FAZIT: Anzahl der Überstunden muss bei pauschaler Abgeltung konkret genannt werden
Überstunden können grundsätzlich immer auch durch eine etwas höhere Vergütung pauschal abgedeckt werden. Die entsprechende Regelung muss allerdings klar gefasst sein. Aus der Regelung muss konkret hervorgehen, bis zu welcher Höhe Überstunden abgegolten sind. Eine Formulierung wie „Etwaige Überstunden sind durch das gezahlte Bruttogehalt abgegolten“ ist unwirksam. Eine Regelung wie beispielsweise „10 Überstunden sind mit dem Bruttogehalt abgegolten“ ist hingegen in Ordnung.
Mit dem folgenden Schnell-Check können Sie prüfen, ob ein Kollege Überstunden leisten muss:
Kurz-Check: Pflicht, Überstunden zu leisten?
- Überstunden waren zu leisten (grundsätzliche Bereitschaft, Vertrag, Vereinbarung bzw. Notfall).
 - Der Betriebsrat hat zugestimmt.
 - Die Überstunden wurden richtig angeordnet und werden ordnungsgemäß vergütet.
 
Können Sie alle Punkte abhaken, hat der Kollege etwaige Überstunden zu leisten.
© 09/2019 VNR AG
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