Ein beliebtes Modell der Arbeitszeitflexibilisierung ist die Nutzung von Arbeitszeitkonten. Diese ermöglichen im Unterschied zur bisher meist genutzten Gleitzeit zumindest einen längerfristigen Ausgleich des Zeitkontos. Allerdings entsteht auch über die Führung von Arbeitszeitkonten immer wieder Streit, wie eine kürzlich veröffentlichte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz zeigt.
Überstunden sollen vorzugsweise in Freizeit ausgeglichen werden
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin hatte mit ihrem Arbeitgeber eine Wochenarbeitszeit von 39 Stunden verabredet. Im Arbeitsvertrag war zudem geregelt, dass sie die Überstunden, wenn möglich in Freizeit ausgeglichen und sonst vergütet bekommt. Darüber hinaus war im Vertrag die Führung eines Arbeitszeitkontos geregelt. Dazu vereinbarten die Parteien, dass die Überstunden, die in den Monaten September bis Dezember anfallen, grundsätzlich mit den Schließtagen des Unternehmens im Januar bis April ausgeglichen werden.
Ende Januar 2017 wurde das Beschäftigungsverhältnis beendet. Die Arbeitnehmerin war im Januar 2017 zudem durchgehend arbeitsunfähig krankgemeldet. Sie verlangte deshalb die Vergütung von 56 Überstunden für den Zeitraum September bis Dezember 2016. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch zu zahlen. Und zwar mit der Begründung, dass ihr Arbeitszeitkonto lediglich ein Saldo von 4,75 Stunden ausweise.
Keinen Anspruch auf weitere Überstundenvergütung
Die Entscheidung: Das Gericht gab dem Arbeitgeber recht. Es entschied, dass die Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf eine weitere Überstundenvergütung habe. Das begründeten die Richter damit, dass der Arbeitgeber nach den Regelungen im Arbeitsvertrag berechtigt sei, Minus- und Plusstunden im Arbeitszeitkonto miteinander zu verrechnen. Das gelte jedenfalls, sofern der Arbeitgeber die Minusstunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt habe und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet sei.
Die Arbeitnehmerin habe zwar behauptet, dass im November und Dezember 2016 keine Minusstunden angefallen seien. Dies habe sie nicht nachgewiesen. Deshalb sei von dem Saldo des Arbeitszeitkontos auszugehen. Danach stehe ihr keine zusätzliche Überstundenvergütung zu (LAG Rheinland-Pfalz, 16.10.2018, Az. 8 Sa 43/18).
Einführung von Arbeitszeitkonten unterstützen
Sollte es in Ihrem Betrieb noch kein flexibles Arbeitszeitmodell geben, setzen Sie sich für dessen Einrichtung ein. Es ermöglicht Ihnen und Ihren Kollegen, Privates und Arbeit besser miteinander zu vereinbaren. Einigen Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber dazu auf ein Arbeitszeitkonto. Und zwar am besten, indem Sie die entsprechenden Bedingungen in einer Betriebsvereinbarung festlegen. Welche Punkte Sie dabei unbedingt berücksichtigen sollten, entnehmen Sie der Checkliste unten.
Tipp:
Zeitguthaben und -schulden regelmäßig prüfen
Ich empfehle Ihnen, Ihren Arbeitgeber zu verpflichten, die Zeitguthaben und -schulden regelmäßig zu kontrollieren. Diskutieren Sie zudem mögliche Risiken von vornherein offen mit ihm. Suchen Sie mit ihm gemeinsam nach Lösungen, diesen angemessen zu begegnen
Checkliste: Betriebsvereinbarung zu Arbeitszeitkonten
- Errichtung von Arbeitszeitkonten
- Mindestarbeitszeit
- Übertragung von Plus- und Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto
- Höchstgrenzen für Guthaben und Minusstunden
- Ausgleichszeitraum
- Abbau des Guthabens durch Freizeit
- Abgeltungsmöglichkeit von Guthabenstunden
- Abwicklung des Arbeitszeitkontos bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder am Ende des Ausgleichszeitraums
Können Sie alle Punkte als erledigt abhaken, haben Sie an das Wichtigste bei Arbeitszeitkonten gedacht.
© 04/2019 VNR AG
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