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Will einer Ihrer Kollegen die Arbeitszeit reduzieren, kann er das auf Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) tun. Das gilt nicht nur für ausgelernte Arbeitnehmer, sondern auch für Auszubildende. Auch für Arbeitnehmer in der Ausbildung gibt es Teilzeitmodelle. Die Regelungen werden entsprechend angewendet. Das gilt nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) auch für das Gehalt (1.2.2020, Az. 9 AZR 104/20).
§ 17 Abs. 5 BBiG
(5) Bei einer Teilzeitausbildung kann eine nach den Absätzen 2 bis 4 zu gewährende Vergütung unterschritten werden. Die Angemessenheit der Vergütung ist jedoch ausgeschlossen, wenn die prozentuale Kürzung der Vergütung höher ist als die prozentuale Kürzung der täglichen oder der wöchentlichen Arbeitszeit.
Auszubildende verkürzt Wochenarbeitszeit von 39 auf 30 stunden
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin hatte im September 2017 ihre Ausbildung als Verwaltungsangestellte bei der Stadt begonnen. Ab November verkürzte sie ihre wöchentliche Arbeitszeit von 39 auf 30 Wochenstunden. Auf ihr Ausbildungsverhältnis fand der Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen Dienstes (TVAöD) Anwendung.
Entsprechend der verkürzten wöchentlichen Ausbildungszeit zahlte ihr der Arbeitgeber von November 2017 bis einschließlich Februar 2019 eine im Vergleich zur Vollzeitausbildung gekürzte monatliche Ausbildungsvergütung. Im ersten Ausbildungsjahr betrug diese rund 700 € brutto pro Monat. Für die 3 Monate pro Ausbildungsjahr, in denen die Auszubildende – genau wie ihre Azubi-Kollegen in Vollzeit – am Blockunterricht in der Berufsschule von 28 Wochenstunden teilnahm, war sie von der praktischen Ausbildung freigestellt. Auch für die Zeit des Blockunterrichts zahlte der Arbeitgeber lediglich die gekürzte Vergütung.
Auszubildende klagt Differenz ein
Das missfiel der Auszubildenden. Sie klagte deshalb auf Zahlung der Differenz zur Vergütung eines Auszubildenden in Vollzeit. Ihr Verlangen begründete sie damit, dass der TVAöD bei der Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit von Auszubildenden keine Kürzung der Ausbildungsvergütung vorsehe. Außerdem vertrat sie den Standpunkt, dass die Vergütung unangemessen niedrig sei. Sie werde gegenüber den Auszubildenden in Vollzeit benachteiligt. Schließlich erhielten diese während des Blockunterrichts in der Berufsschule die volle Ausbildungsvergütung.
Keine Differenzzahlung für die Auszubildende
Die Entscheidung: Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und das Landesarbeitsgericht der Auszubildenden dann einen Anspruch zuerkannt hatte, hat das BAG jetzt klar entschieden: Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung des Differenzbetrags.
Das begründeten die Richter damit, dass Teilzeitauszubildenden nach den Regelungen des TVAöD eine Ausbildungsvergütung nur in dem Umfang zu gewähren ist, der dem Anteil ihrer Ausbildungszeit an der eines vergleichbaren Auszubildenden in Vollzeit entspreche. Dabei sei das Gehalt der Teilzeitauszubildenden nach § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 TVAöD (Besonderer Teil) nach der Höhe der Ausbildungsvergütung in Abhängigkeit von der Anzahl der wöchentlichen Ausbildungsstunden zu bestimmen. Seien Auszubildende von der betrieblichen Ausbildung freigestellt, um ihnen die Teilnahme am Berufsschulunterricht zu ermöglichen, bestehe nur ein Anspruch auf Fortzahlung der Ausbildungsvergütung.
Ausbildungsvergütung kann gekürzt werden
Gibt es auch in Ihrem Betrieb Auszubildende, die ihre wöchentliche Arbeitszeit verringert haben, kann Ihr Arbeitgeber ihre Ausbildungsvergütung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) anpassen. Das zu zahlende Ausbildungsgehalt muss – wie bei ausgebildeten Arbeitskräften – dem Anteil ihrer Ausbildungszeit an der eines vergleichbaren Auszubildenden in Vollzeit entsprechen. Bei der Ermittlung der Höhe der Ausbildungsvergütung bleiben Zeiten des Berufsschulunterrichts unberücksichtigt.
Fördern Sie als Betriebsrat die Teilzeitarbeit in Ihrem Betrieb! Damit Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen – ob Auszubildende oder ausgelernte Kräfte – gut unterstützen können, habe ich Ihnen die Checkliste Information Teilzeitarbeit zusammengestellt:
Checkliste: Haben Sie die wichtigsten Fragen zur Teilzeitarbeit geklärt?
- 1. Wissen Sie genau, wie Teilzeitarbeit in Ihrem Betrieb genutzt wird? Wissen Sie, wer wo arbeitet? Kennen Sie die jeweiligen Arbeitszeiten? Beantworten Sie diesen Fragenkomplex mit Nein, fertigen Sie am besten eine Liste an. Darin sollten Sie alle Teilzeitkräfte aufführen. Zudem sollte daraus hervorgehen, wo und wie lange sie arbeiten.
- 2. Wissen Sie, wie viele Vollzeitbeschäftigte einen Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 4 ff. Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz geltend gemacht und umgesetzt haben?
- 3. Kennen Sie die Anzahl der Kollegen, die bereits einen Antrag auf Brückenteilzeit, also auf befristete Teilzeitarbeit (seit dem 1.1.2019 möglich), gestellt haben?
- 4. Kennen Sie die Anzahl der Kollegen, die bereits einen Antrag auf Verlängerung der Arbeitszeit gestellt haben (§ 9 TzBfG)? Wie viele waren mit ihrem Antrag erfolgreich?
- 5. Fördert Ihr Arbeitgeber Teilzeitarbeit tatsächlich (§ 6 TzBfG)? Schreibt er z. B. freie Arbeitsplätze auch als Teilzeitarbeitsplätze aus?
- 6. Unterrichtet Ihr Arbeitgeber Ihre an Teilzeit interessierten Kollegen regelmäßig über vorhandene bzw. geplante Teilzeitarbeitsplätze?
- 7. Gibt es in Ihrem Betrieb Teilzeitarbeit in Form von Arbeit auf Abruf?
- 8. Gibt es in Ihrem Betrieb Teilzeitarbeit in Form von Jobsharing?
- 9. Wie sind die Teilzeitkräfte eingruppiert?
- 10. Wie sieht es mit der Einhaltung der Arbeitszeit aus? Wird die vereinbarte Dauer in der Regel eingehalten?
- 11. Wie werden geleistete Überstunden abgegolten?
- 12. Werden Teilzeitkräfte in Bezug auf Fortbildungen, betriebliche Altersvorsorge etc. gleichbehandelt?
Beantworten Sie mehrere der hier aufgeführten Fragen mit Nein, berufen Sie ein Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber ein. Nutzen Sie dieses dazu, um sich grundsätzlich über die Situation der Teilzeitarbeit in Ihrem Betrieb zu informieren.
Downloads zum Thema
Bundesregierung hat die Fördermöglichkeiten für Ausbildungsbetriebe erweitert
Um sicherzustellen, dass die Berufsausbildung junger Menschen nicht gefährdet wird, hatte die Bundesregierung bereits im Frühjahr vergangenen Jahres als Teil des Konjunkturpakets das Förderprogramm „Ausbildungsbetriebe sichern“ ins Leben gerufen. Kleine und mittlere Betriebe mit bis zu 249 Arbeitnehmern, die ausbilden, können daraus Übernahmeprämien und Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung beantragen.
Die Förderungen sollte es eigentlich bis Ende vergangenen Jahres geben. Wegen der weiterhin schwierigen Situation hat die Regierung das Programm jetzt verlängert bis Mitte 2021. Weisen Sie Ihren Arbeitgeber darauf hin. Vielleicht hat er die Möglichkeit, eine Förderung zu beantragen. Wie diese genau aussehen kann, entnimmt er am besten den entsprechenden Antragsunterlagen auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit.

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