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Gerät einer Ihrer Kollegen in finanzielle Schwierigkeiten und wird sein Entgelt letztlich gepfändet, ist es an Ihrem Arbeitgeber, die Entgeltbestandteile rechtssicher als pfändbar oder nicht einzuordnen. Dazu gibt es immer wieder höchstrichterliche Klarstellungen durch das Bundesarbeitsgericht (BAG). So hat es erst kürzlich klargestellt, wann Gläubiger eine Sonderzahlung als Erschwerniszulage nicht pfänden dürfen (BAG, 25.8.2022, Az. 8 AZR 14/22).
§ 850a ZPO
Unpfändbar sind
1. Zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens,2. Die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treuegelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.
4. […]
Arbeitgeber zahlt Arbeitnehmern eine Corona-Prämie
Der Fall: Bis Ende März dieses Jahres konnten Arbeitgeber lohnsteuer- und beitragsfrei eine Corona-Prämie auszahlen. Davon machte der Arbeitgeber in diesem Fall Gebrauch. Er betrieb eine Gaststätte. Seine Mitarbeiter erhielten im September 2020 eine Corona-Prämie in Höhe von 400 €.
Gläubiger will auch Corona-Prämie der Arbeitnehmerin pfänden
Davon profitierte auch eine Arbeitnehmerin, die als Küchenhilfe und Thekenkraft beschäftigt war und aufgrund dieser Tätigkeit einer besonderen Ansteckungsgefahr ausgesetzt war. Als sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet und ihr Entgelt gepfändet wurde, wollte der Gläubiger auch die Corona-Prämie bei der Berechnung des pfändbaren Entgelts berücksichtigt wissen. Nachdem der Arbeitgeber sich weigerte, zog er vor Gericht und klagte gegen den Arbeitgeber.
Corona-Prämie darf hier nicht gepfändet werden
Die Entscheidung: Das BAG bestätigte die Ansicht des Arbeitgebers. Das begründeten die Richter damit, dass er die Corona-Prämie als Erschwerniszulage gezahlt habe. Sie sei deshalb unpfändbar nach § 850a Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Zudem stellten sie klar, dass eine Erschwernis nach § 850a Nr. 3 ZPO auch eine besondere Belastung bei der Arbeitsleistung sein könne. Diese sei hier gegeben, da die Arbeitnehmerin als Thekenkraft arbeite. Sie habe sich dabei einer höheren Ansteckungsgefahr ausgesetzt.
Tipp: Stehen Sie Ihren Kollegen bei
Als Betriebsrat haben Sie mit der praktischen Umsetzung einer Entgeltpfändung nichts zu tun. Seelischen Beistand sollten Sie Ihren betroffenen Kolleginnen und Kollegen selbstverständlich trotzdem leisten.
Übersicht: Diese Entgeltbestandteile sind unpfändbar
| Art des Entgeltbestandteils | Dieser Teil ist nicht pfändbar |
| Überstundenvergütungen | die Hälfte der Bruttogesamtvergütung für Mehrarbeit |
| Extraleistungen wie Urlaubsgeld und Jubiläumszahlungen | Urlaubsgeld, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treuegelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen |
| Ausgleichszahlungen für besonderen Aufwand, Erschwerniszulagen | Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahren- sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen |
| Weihnachtsgeld | Weihnachtsgeld bis zur Hälfte, maximal aber bis 670 € |
| Beihilfen | Heirats- und Geburtsbeihilfen, Studienbeihilfen und Erziehungsgelder Achtung: Die Corona-Beihilfen fallen nicht hierunter. Maßgeblich im entschiedenen Fall war, dass die Corona-Prämie als Erschwerniszulage gezahlt worden war. |
Diese unpfändbaren Beträge muss Ihr Arbeitgeber im Fall einer Entgeltpfändung vom Gesamtbruttoeinkommen des jeweiligen Kollegen abziehen und darf sie nicht an den Gläubiger überweisen.
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