Betriebsrat muss das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers wahren

07. April 2019

Beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen haben Sie als Betriebsrat eine besondere Verantwortung. Denn mit solchen Vereinbarungen können Sie nicht nur ein bestimmtes Verhalten Ihres Arbeitgebers festlegen. Vielmehr können Sie auch Ihre Kollegen zu bestimmten Verhaltensweisen zwingen. Eine neue Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) stellt nun klar, dass Sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht Ihrer Kollegen stets zu wahren haben.

Betriebsrat ist auch zum Personalgespräch zu laden

Der Fall: Der Arbeitgeber und der Betriebsrat hatten eine Rahmenbetriebsvereinbarung geschlossen. Diese beinhaltete unter anderem eine Regelung, nach der der Arbeitgeber zu einem Personalgespräch, das er mit einem Arbeitnehmer wegen eines Fehlverhaltens führt, gleichzeitig auch den Betriebsrat zu laden hat.

An diese Klausel wollte sich der Arbeitgeber nicht länger halten. Und zwar mit der Begründung, dass die Regelung gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer verstoße. Das sah der Betriebsrat anders. Er beantragte deshalb vor dem Arbeitsgericht, den Arbeitgeber zur Einhaltung der Regelung zu verpflichten.

Klausel verstößt gegen höherrangige Gesetze

Die Entscheidung: Das Gericht urteilte, dass die Regelung in der Betriebsvereinbarung, die die Teilnahme des Betriebsrats vorsah, gegen § 75 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verstoße (BAG, 11.12.2018, Az. 1 ABR 12/17). Danach haben der Arbeitgeber und der Betriebsrat die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen.

In der Entscheidung stellten die Richter zudem klar, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur ausnahmsweise eingeschränkt werden dürfe. Und zwar nur dann, wenn der Eingriff dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge.

Eingriff ins allgemeine Persönlichkeitsrecht unverhältnismäßig

Den Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sahen die Richter in der Tatsache, dass dem Betriebsrat eine drohende disziplinarische Maßnahme wegen eines Fehlverhaltens sofort bekannt würde. Die Verhältnismäßigkeit hielt das Gericht nicht für gegeben. Das begründete es damit, dass die Hinzuziehung des Betriebsrats zum Gespräch nicht notwendig sei und den Arbeitnehmer unter Umständen unnötig unter Druck setze.

Bei Verstößen immer erst betriebsinterne Lösung anstreben

Kommt Ihr Arbeitgeber seiner Durchführungspflicht aus einer Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 1 BetrVG) nicht nach, stehen Ihnen als Betriebsrat rechtliche Mittel zur Verfügung. Bevor Sie allerdings auf diese zurückgreifen, sollten Sie zunächst versuchen, eine betriebsinterne Lösung des Problems zu finden.

Dazu berufen Sie zunächst am besten ein Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber ein. Finden Sie dabei heraus, warum er sich nicht an die Vereinbarung hält. Klären Sie, ob die fehlende Umsetzung der Betriebsvereinbarung Absicht ist oder ob es sich lediglich um ein Versehen handelt.

Tipp: 

Im Zweifel Verhandlungen zu anderen Inhalten verzögern

Um Ihren Arbeitgeber ein wenig unter Druck zu setzen, können Sie die Verhandlungen zum Abschluss eines anderen, für ihn sehr wichtigen Sachverhalts verzögern.

Letzter Ausweg: arbeitsgerichtliches Beschlussverfahren

Wendet Ihr Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung bewusst nicht an, sollten Sie sich zeitlich nicht hinhalten lassen. Wenn klar ist, dass auch weiterhin keine Umsetzung stattfindet, nehmen Sie arbeitsgerichtliche Hilfe in Anspruch. Als Betriebsrat können Sie Ihren Arbeitgeber im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens (§ 23 Abs. 3 BetrVG) zwingen, die einzelnen Regelungen zu befolgen. Die folgende Checkliste können Sie zur Vorbereitung der Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung nutzen. Sie verschafft Ihnen Klarheit über die wichtigsten allgemeinen Punkte, die Sie im Hinblick auf alle Betriebsvereinbarungen berücksichtigen sollten.

Checkliste: Das Wichtigste zur Vorbereitung der Betriebsvereinbarung bedacht?

  • Sie haben die wichtigsten inhaltlichen Informationen zum Thema zusammengestellt.
  • Sie haben geklärt, welches Gremium (örtlicher Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat, Konzernbetriebsrat) für den Abschluss der Betriebsvereinbarung zuständig ist.
  • Sie haben Ihre Ziele im Hinblick auf die Betriebsvereinbarung festgelegt und ausformuliert.
  • Sie haben sich im Gremium auf die Verhandlungsstrategie, wie Sie diese Ziele erreichen wollen, geeinigt.
  • Sie haben sich überlegt, wie die Betriebsvereinbarung bzw. die damit verbundenen Ziele umgesetzt werden sollen.

Konnten Sie überall das Ja ankreuzen, haben Sie die wichtigsten Punkte bedacht. Falls sie einmal das Nein angekreuzt haben, bessern Sie Ihre Vorbereitung nach.

© 04/2019 VNR AG

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