In fast jedem Betrieb gibt es Arbeitnehmer, die regelmäßig Überstunden leisten, einige sogar sehr viele. Überstunden sind grundsätzlich zu bezahlen. Voraussetzung ist allerdings, dass Ihr Arbeitgeber sie zuvor angeordnet hat. Das sowie die Tatsache, dass er die entsprechenden Überstunden auch tatsächlich geleistet hat, muss der jeweilige Kollege im Zweifel beweisen. Sonst gibt es kein Geld. Das lässt sich einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern entnehmen (5.11.2019, Az. 5 Sa 73/19).
Arbeitnehmerin hat Streit mit Arbeitgeber über die Bezahlung von Überstunden
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war bei ihrem Arbeitgeber als Buchhalterin in Vollzeit beschäftigt. Dafür erhielt sie eine monatliche Bruttovergütung von 2.100 €. Das Beschäftigungsverhältnis endete im Mai 2018. Und zwar durch eine ordentliche Kündigung. Im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die Arbeitnehmerin die Bezahlung von 267 Überstunden in Höhe von 3.353 €.
Ihre Forderung begründete sie damit, dass die entsprechende Anzahl an Überstunden im Zeiterfassungssystem mit dem Vermerk „Überstunden-Freizeitkonto“ aufgeführt sei. Sie könne die Stunden wegen ihres Austritts aus dem Unternehmen nicht mehr in Form eines Freizeitausgleichs nehmen. Deshalb seien sie abzugelten. Der Arbeitgeber weigerte sich zu zahlen. Deshalb landete die Angelegenheit vor Gericht.
Arbeitnehmerin bekommt Überstunden nicht abgegolten
Die Entscheidung: Das LAG Mecklenburg-Vorpommern urteilte, die Arbeitnehmerin habe keinen Anspruch auf Auszahlung des geforderten Betrags für die Überstunden. Das begründeten die Richter damit, dass sie nur Anspruch auf die Bezahlung von Überstunden habe, wenn der Arbeitgeber diese angeordnet oder zumindest wissentlich geduldet habe. Den entsprechenden Nachweis müsse die Arbeitnehmerin erbringen.
Daran mangelte es hier. Die Arbeitnehmerin hatte zwar Computer-ausdrucke vorgelegt, die die Überstunden im Zeiterfassungssystem anzeigten. Problematisch war hier jedoch, dass sie einen Zugang als Administratorin für das Zeiterfassungssystem hatte. Sie hatte deshalb die Möglichkeit, selbstständig Eintragungen – auch rückwirkend – vorzunehmen. Das hatte sie angeblich für Tage einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit in der Vergangenheit schon selbstständig getan. Auch für Rauchpausen meldete sie sich wohl nicht ab und wieder an.
Darüber hinaus hatte die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Aufforderung zum Bezahlen der Überstunden erst bei ihrem Austritt vorgelegt und dieser hatte die Überstunden umgehend bestritten. Dieses Verhalten schränkte insgesamt die Glaubwürdigkeit der Arbeitnehmerin gegenüber den Richtern ein. Sie entschieden, dass – selbst wenn sie zu den angegebenen Zeiten tatsächlich im Betrieb gewesen sein sollte – nicht klar sei, ob es nötig gewesen wäre, Überstunden in der angegebenen Höhe zu leisten, um den vereinbarten Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nachzukommen.
FAZIT: Nicht alle Überstunden werden bezahlt
Überstunden müssen angeordnet oder nachweislich wissentlich vom Arbeitgeber geduldet werden, damit er verpflichtet ist, sie zu bezahlen.
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