Arbeitnehmer müssen Arbeitsleistung anbieten und dazu imstande sein

10. Oktober 2018

Es passiert zwar selten, aber es kommt doch immer wieder mal vor, dass ein Arbeitgeber einen Beschäftigten nicht arbeiten lässt, z. B. weil er davon ausgeht, dass der Arbeitnehmer (noch) nicht imstande ist, die Arbeiten zu verrichten. Darüber, ob ein Arbeitnehmer die jeweiligen Tätigkeiten verrichten kann oder nicht, gibt es immer wieder Streit. Denn klar ist: Lässt Ihr Arbeitgeber einen Kollegen unberechtigterweise nicht arbeiten, kann der Betroffene einen Annahmeverzugslohn geltend machen.

Arbeitnehmer fehlt wegen Diabetes-Erkrankung einige Wochen

Der Fall: Ein Arbeitnehmer, bei seinem Arbeitgeber als Staplerfahrer beschäftigt, war wegen einer Diabetes-Erkrankung einige Wochen arbeitsunfähig krankgemeldet. Kurz vor der Rückkehr in den Betrieb führte der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durch. Im Rahmen dieser Gespräche erklärte der Arbeitnehmer, dass er zunächst einschichtig als Staplerfahrer tätig werden könne.

Noch vor der Rückkehr in den Betrieb teilte die Bundesagentur für Arbeit dem Arbeitnehmer dann mit, dass der ärztliche Dienst der Agentur festgestellt habe, er sei wieder voll leistungsfähig. Deshalb könne er wieder voll im Schichtdienst eingesetzt werden. Dazu möge er umgehend seinen Arbeitgeber kontaktieren. Der Arbeitgeber lehnte allerdings ab. Bevor der Arbeitnehmer nicht einen Nachweis über eine Diabetes-Schulung bringe, könne er ihn nicht beschäftigen.

Der Arbeitnehmer forderte Monate später von seinem Arbeitgeber die Zahlung eines Annahmeverzugslohns für rund 10 Monate abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds. Das begründete er damit, dass er ihm den Nachweis über die Teilnahme an der Schulung zugesandt habe. Trotzdem habe der Arbeitgeber ihn nicht wieder beschäftigt.

Kein Annahmeverzug des Arbeitgebers

Die Entscheidung: Das Gericht stellte sich auf die Seite des Arbeitgebers. Es entschied, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung nicht wirksam angeboten habe (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, 1.3.2018, Az. 5 Sa 399/17). Denn das bloße Übersenden des Nachweises für die Teilnahme am Kurs reiche dafür nicht aus. Hier konnte der Arbeitnehmer zudem nicht nachweisen, wann und was genau er dem Arbeitgeber per E-Mail zugeschickt hatte.

FAZIT: Kollege muss Arbeitsangebot nachweisen können

Möchte einer Ihrer Kollegen einen Annahmeverzugslohn geltend machen, sollte er prüfen, ob die folgenden Voraussetzungen vorliegen und ob er sie auch nachweisen kann: Er muss die konkret gewünschte Arbeitsleistung tatsächlich anbieten. Dazu muss er sich zur rechten Zeit am richtigen Ort einfinden. Wenn Ihr Arbeitgeber zuvor signalisiert hat, dass er die Arbeitsleistung nicht annehmen möchte, reicht ggf. auch ein mündliches Angebot (§ 295 Bürgerliches Gesetzbuch).

Die wichtigsten 5 Schritte beim BEM auf einen Blick

Stellt Ihr Arbeitgeber fest, dass ein Kollege immer wieder oder auch über einen längeren Zeitraum hinweg erkrankt ist, sollte mit innerbetrieblichen Mitteln versucht werden, dessen Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Dazu wurde das BEM nach § 84 Sozialgesetzbuch IX ins Leben gerufen. Ziel des BEM ist es zu klären, wie sich eine Arbeitsunfähigkeit überwinden lässt und Fehlzeiten verringert werden können. Prüfen Sie anhand der Checkliste, ob Ihr Arbeitgeber das BEM richtig durchführt.

Checkliste Die wichtigsten 5 Schritte beim BEM auf einen Blick

  • 1. Ihr Kollege war innerhalb von 12 Monaten länger als 6 Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig bzw. innerhalb von 12 Monaten wiederholt arbeitsunfähig krank (dabei insgesamt mehr als 6 Wochen). Kommen Sie nicht auf die Summe von 6 Wochen, sind die Voraussetzungen nicht erfüllt.
  • 2. Der betroffene Kollege wurde über das beabsichtigte BEM und dessen Ziele informiert.
  • 3. Der Betroffene wurde über die für das BEM erhobenen und verwendeten Daten (Fehlzeitenaufstellung, Daten über die Krankheit) informiert.
  • 4. Die schriftliche Zustimmung des Kollegen wurde eingeholt. Zudem wurde eine eventuelle Verweigerung der Zustimmung dokumentiert.
  • 5. Die Teilnehmer des BEM wurden festgelegt.
  • Können Sie bei allen Punkten das Ja ankreuzen, haben Sie die wichtigsten Vorbereitungen getroffen.

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