Einige Arbeitgeber greifen zu merkwürdigen Maßnahmen, wenn sie Arbeitnehmer loswerden wollen. Das kann sie aber teuer zu stehen kommen, wie eine aktuelle Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG ) Gießen zeigt. Denn drängt ein Arbeitgeber durch sein Verhaltem eine Arbeitnehmerin mit allen Mitteln zu einer Kündigung, riskiert er, eine Entschädigung zahlen zu müssen.
Betriebsrätin wird von Arbeitgeberin drangsaliert
Der Fall: Die Arbeitnehmerin, eine Betriebsrätin, war von ihrer Arbeitgeberin, der Betreiberin eines Seniorenheims, so drangsaliert worden, dass sie nach einiger Zeit von sich aus kündigte. Nach den Ermittlungen in dem Verfahren vor dem ArbG Gießen wollte die Arbeitgeberin einige ungeliebte Mitarbeiter, darunter einige Betriebsräte, loswerden. Deshalb beauftragte sie einen Detektiv. Diesen schleuste sie als Lockspitzel in den Betrieb ein, damit dieser die „ausgewählten“ Arbeitnehmer in Verruf bringe sowie Kündigungsgründe provoziere oder erfinde. Der Detektiv wurde im Gerichtsverfahren als Zeuge vernommen.
Dort bestätigte er, dass man der Arbeitnehmerin einen Verstoß gegen das betriebliche Alkoholverbot untergeschoben hatte, um ihr gegenüber eine fristlose Kündigung begründen zu können. Außerdem hatte zur Strategie der Arbeitgeberin gehört, dass die Arbeitnehmerin von 2 weiteren Detektiven beschimpft und bespuckt wurde. Dadurch sollte sie zu Tätlichkeiten provoziert werden. Sie ließ sich allerdings nicht provozieren. Deshalb verletzte einer der Detektive den anderen und behauptete, die Arbeitnehmerin sei tätlich geworden.
Nachdem die Arbeitnehmerin ihr Beschäftigungsverhältnis gekündigt hatte, zog sie vor Gericht. Dort verlangte sie eine Entschädigung von der Arbeitgeberin – mit Erfolg.
20.000 € Entschädigung für Betriebsrätin
Die Entscheidung: Das Gericht urteilte, dass die Arbeitgeberin die Beschäftigte durch ihr Verhalten schwer in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt habe (§§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 840 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz). Das Gericht verurteilte die Arbeitgeberin deshalb gemeinsam mit ihrem Rechtsanwalt zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 20.000 € (ArbG Gießen, 10.5.2019, Az. 3 Ca 433/17). Das begründete das Gericht vor allem damit, dass die Arbeitgeberin strategisch vorgegangen sei. Sie habe auf Anraten ihres Anwalts einen Detektiv ins Unternehmen geholt, um Kündigungsgründe zu provozieren.
Ihre Betriebsratskollegen müssen zustimmen
In diesem Fall hatte die Betriebsrätin selbst gekündigt, weil sie das Verhalten der Arbeitgeberin nicht mehr ausgehalten hatte. Das war vermutlich von Anfang an deren Ziel gewesen. Schließlich wäre es für die Arbeitgeberin schwierig geworden, der Betriebsrätin zu kündigen. Denn als Betriebsrat profitieren Sie vom besonderen Kündigungsschutz. Ihnen kann nur außerordentlich gekündigt werden.
Eine außerordentliche Kündigung setzt voraus, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der Ihren Arbeitgeber zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz). Sie müssen sich grob fehlverhalten haben.
Checkliste: Können Sie eine fristlose Kündigung kippen?
- Lieqt ein wichtiger Grund vor?
- Hat Ihr Arbeitgeber die 2-Wochen-Frist einqehalten?
- Hat Ihr Arbeitgeber vor der Kündiqunq abqemahnt?
- Oder: Ist die Abmahnunq weqen eines schwerwieqende Fehlverhaltens entbehrlich?
- Hat Ihr Arbeitqeber Sie nach § 103 BetrVG (Anhörunq zur Kündiqunq) anqehört?
- Hat Ihr Arbeitqeber schriftlich qekündiqt?
- Ist Ihrem Kolleqen die Kündiqunq zuqeqanqen?
Haben Sie bei einem Punkt mit Nein qeantwortet, können Sie die außerordentliche Kündiqunq womöqlich kippen.
© 08/2019 VNR AG

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