Gerade betriebsbedingte Kündigungen können Sie als Betriebsrat nicht immer verhindern. Dennoch sollten Sie im Zusammenhang mit Ihrer Anhörung zu einer betriebsbedingten Kündigung noch einmal prüfen, ob die Voraussetzungen für eine solche gegeben sind. So setzt eine betriebsbedingte Kündigung den Wegfall des Arbeitsplatzes bzw. des Beschäftigungsbedarfs voraus.
Dabei kommt es jedoch darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Beschäftigungsbedarf wegfällt. Denn wird eine Kündigung zu früh ausgesprochen, riskiert Ihr Arbeitgeber, dass sie vor dem Arbeitsgericht gekippt wird.
Arbeitnehmerin während der Abwicklungsphase für den Insolvenzverwalter tätig
Der Fall: Eine Arbeitnehmerin war beim Bodenpersonal einer Fluggesellschaft tätig. Ihr Arbeitgeber beantragte im August 2017 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Flugverkehr sollte Ende Oktober 2017 eingestellt, der Geschäftsbetrieb allerdings erst bis Ende Januar 2018 abgewickelt werden. Der Arbeitgeber schloss mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Außerdem wurde eine Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit übersandt.
Im weiteren Verlauf kündigte der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin. Und zwar zum 28.2.2018. Darauf reagierte die Arbeitnehmerin mit einer Kündigungsschutzklage. Diese begründete sie damit, dass ihre Kündigung sozial ungerechtfertigt sei. Der Betrieb laufe nach wie vor weiter. Sie wandte ein, dass immer noch rund 700 Arbeitnehmer beschäftigt würden. Zudem stellte sie klar, dass sie eine Arbeit einer Kollegin, die in der Insolvenz-Hotline eingesetzt worden war, hätte übernehmen können. Sie sei unter sozialen Gesichtspunkten schutzwürdiger als diese. Dem hielt der Arbeitgeber entgegen, dass der Flugbetrieb eingestellt worden sei. Es würden nur noch Abwicklungstätigkeiten durchgeführt. Sie sei lediglich für die Abwicklung des Flugverkehrs tätig geworden. Dieser sei inzwischen eingestellt.
Sozialkriterien gelten in der Insolvenz uneingeschränkt
Die Entscheidung: Das Gericht urteilte, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt sei. Es stehe nicht fest, dass dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin über den 28.2.2018 hinaus entgegengestanden hätten. Das Gericht stellte in seiner Entscheidung außerdem klar, dass die in der Rechtsprechung entwickelten Sozialkriterien auch in der Insolvenzordnung uneingeschränkt gelten (Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 13.12.2018, Az. 5 Sa 1257/18).
Weiterbeschäftigung auch bei Betriebsstilllegung denkbar
Ihr Arbeitgeber darf eine betriebsbedingte Kündigung nur aussprechen, wenn diese aus dringenden betrieblichen Erfordernissen sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz). Es muss klar sein, dass der Arbeitsanfall dauerhaft zurückgegangen ist. Zudem muss die Möglichkeit der Beschäftigung des betroffenen Kollegen auch für die Zukunft nicht bestehen. Ihr Arbeitgeber hat deshalb stets die Pflicht, vor der Kündigung zu prüfen, ob er den Betroffenen auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigen kann.
Das sollten Sie als Betriebsrat im Zusammenhang mit Ihrer Stellungnahme zu der Anhörung auch stets hinterfragen. Bei einer totalen Betriebsstilllegung wird diese Möglichkeit nicht gegeben sein. So-bald allerdings nur eine Teilstilllegung ansteht oder noch Abwicklungsarbeiten durchgeführt werden, ist Ihr Arbeitgeber gefordert zu prüfen, ob er dem einen oder anderen Mitarbeiter – zumindest für eine gewisse Zeit – noch einen Arbeitsplatz anbieten kann.
Kurzcheck: Betriebsbedingte Kündigung
- Persönliche Daten (Name, Alter, Betriebszugehörigkeit seit …, Familienstand, Unterhaltspflichten etc.)
- Kündigungsbedingungen (vertragliche, tarifliche oder gesetzliche Frist), Kündigung möglich zum …
- Berücksichtigung besonderer Kündigungsvorschriften wie Schwerbehinderung, Mutterschutz bzw. Elternzeit
- Voraussetzungen der betriebsbedingten Kündigung (dringende interne/externe Gründe, unternehmerische Entscheidung, Wegfall des Arbeitsplatzes verursacht durch die unternehmerische Entscheidung, Änderungskündigung kommt nicht infrage, Interessenabwägung wurde vorgenommen, Sozialauswahl wurde durchgeführt)
- Betriebsrat (Anhörung am …, umfassende Informationen über die Einzelheiten, Stellungnahme vom … kommt zum Ergebnis …
- Kündigung vom …, zugestellt am …
Wenn Sie alle genannten Punkte abhaken, können Sie davon ausgehen, dass die Kündigung gerechtfertigt ist.
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