So werden die Interessenvertreter Ihrer schwerbehinderten Kollegen gewählt

27. August 2018

Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung rückt näher. Vom 1.10. bis zum 30.11.2018 ist es so weit. Dann wird in vielen deutschen Unternehmen eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Als Betriebsrat stellen Sie sich vermutlich die Fragen: Wann dürfen schwerbehinderte Arbeitnehmer eine Schwerbehindertenvertretung wählen? Und wie wird sie gewählt? Zudem werden Sie sich fragen, was Sie als Betriebsrat damit zu tun haben. Hier lesen Sie die Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Wahl.

Gute Zusammenarbeit ist wichtig

Als Betriebsrat ist es Ihre Aufgabe, mit der Schwerbehindertenvertretung eng zusammenzuarbeiten und sie bei der Durchsetzung ihrer Forderungen zu unterstützen. Gemeinsam mit ihr müssen Sie dafür sorgen, dass schwerbehinderte Kolleginnen und Kollegen richtig in das Unternehmen eingegliedert und deren besonderen Interessen gut vertreten werden.

Denn schwerbehinderte Menschen haben im Arbeitsleben häufig mit Vorurteilen zu kämpfen. Einige Arbeitgeber meinen immer noch, sie seien häufiger krank oder aufgrund ihres Handicaps nicht ausreichend qualifiziert und motiviert.

Fehltage Schwerbehinderter sind oft niedriger

Dabei berichten erfahrene Unternehmen immer wieder, dass der Krankenstand ihrer schwerbehinderten Arbeitnehmer im Durchschnitt sogar unter dem der nicht behinderten Kolleginnen und Kollegen liegt. Auch die Angst, einmal eingestellten schwerbehinderten Beschäftigten nicht mehr kündigen zu können, erweist sich in der Praxis häufig als unbegründet.

Ganz aktuell ist es allerdings Ihre Aufgabe, das Gremium bei der Wahl zu unterstützen. Dazu sollten Sie die wichtigsten Rechtsfragen zu diesem Thema beantworten können:

Wann finden die nächsten Wahlen der Schwerbehindertenvertretung statt?

Die regelmäßigen Wahlen finden alle 4 Jahre in der Zeit vom 1.10. bis zum 30.11. statt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Wahl

  • erfolgreich angefochten wurde,
  • das Amt vorzeitig erlischt und kein stellvertretendes Mitglied nachrückt oder
  • es noch keine Schwerbehindertenvertretung in Ihrem Betrieb gibt.

Wer darf die Schwerbehinderten-vertretung wählen?

Die Schwerbehindertenvertretung darf von allen im Betrieb beschäftigten

  • schwerbehinderten und
  • diesen nach § 2 Sozialgesetzbuch (SGB IX) gleichgestellten Menschen gewählt werden.

Wann kann die Schwerbehinderten-vertretung gewählt werden?

Wenn Ihr Arbeitgeber mindestens 5 schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte Mitarbeiter nicht nur vorübergehend (mindestens 6 Monate) beschäftigt, sind eine Schwerbehindertenvertretung und mindestens eine Stellvertretung zu wählen.

Betriebe desselben Arbeitgebers, in denen weniger als 5 schwerbehinderte bzw. diesen gleichgestellte Menschen beschäftigt sind, können für die Wahl mit anderen räumlich nahe liegenden Betrieben zusammengefasst werden (§ 177 Abs. 1 SGB IX). Über die Zusammenfassung der Betriebe für die Wahl entscheidet Ihr Arbeitgeber in Übereinkunft mit dem Integrationsamt.

Tipp: Zusammenfassung von Betrieben vorschlagen
Bietet sich, um eine Wahl durchführen zu können, die Zusammenfassung mehrerer Betriebe in Ihrem Fall an, schlagen Sie Ihrem Arbeitgeber diese vor. Denn vom Wissen der Schwerbehindertenvertretung profitieren letztlich auch Sie als Betriebsrat.

Wer kann gewählt werden?

Wählbar sind alle Beschäftigten, die auch in den Betriebsrat gewählt werden können. Das heißt: Die Mitglieder der Schwerbehindertenvertretung müssen nicht selbst behindert sein.

Welches sind die Voraussetzungen für die Wählbarkeit?

Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

  • die Vollendung des 18. Lebensjahrs
  • ein nicht nur vorübergehendes Beschäftigungsverhältnis
  • eine mindestens 6-monatige Betriebszugehörigkeit
  • keine Funktion als leitende Angestellten

! ACHTUNG

Beide Ämter sind möglich

Als Betriebsrat können Sie zusätzlich zur Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter auch als Mitglied der Schwerbehindertenvertretung fungieren.

Wie wird gewählt?

Die Wahl ist geheim, unmittelbar und findet als Mehrheitswahl statt. Das heißt: Die Stimmabgabe muss so erfolgen, dass nicht festgestellt werden kann, wie die einzelnen schwerbehinderten Arbeitnehmer gestimmt haben (geheime Wahl). Gewählt wird ohne die Zwischenschaltung von Wahlfrauen bzw. -männern durch die persönliche Stimmabgabe der jeweiligen betroffenen Arbeitnehmer (unmittelbare Wahl).

Es werden einzelne Wahlbewerber gewählt (Mehrheitswahl), und zwar laut Wahlordnung für die Schwerbehindertenvertretung (SchwbVWO) entweder im förmlichen (§§ 1 bis 17 SchwbVWO) oder im vereinfachten (§§ 18 bis 21 SchwbVWO) Wahlverfahren.

Wie unterscheiden sich die Wahlverfahren?

Im förmlichen Verfahren wird die Wahl durch einen Wahlvorstand vorbereitet und durchgeführt. Er muss das Wahlausschreiben sowie die Wählerliste aufstellen und stellt das Wahlergebnis fest. Im vereinfachten Verfahren wird die Schwerbehindertenvertretung in der Wahlversammlung gewählt. Hier werden auch die Vorschläge unterbreitet.

Tipp: Laden Sie zur Wahlversammlung ein
Gibt es in Ihrem Unternehmen noch keine Schwerbehindertenvertretung, dann sollten Sie als Betriebsrat zu einer Wahlversammlung von schwerbehinderten Menschen mit dem Ziel einladen, eine Schwerbehindertenvertretung aufzubauen. Denn abgesehen davon, dass es Ihre Pflicht ist, auf eine solche Wahl hinzuwirken (§ 93 Satz 2, 2. Halbsatz SGB IX), werden Sie in der Regel von der Zusammenarbeit mit dem Gremium sehr profitieren.

Die Vertreter der schwerbehinderten Mitarbeiter wissen meistens mehr über die individuellen Fälle und wo der Schuh am meisten drückt. Sie haben die Zeit, sich mit jedem einzelnen intensiv auseinanderzusetzen. Häufig fehlt ihnen aber die tatsächliche Möglichkeit, einen Anspruch letztendlich auch durchzusetzen. Das können dann oft nur Sie als Betriebsrat.

Wann beginnt die Amtszeit?

Die Amtszeit beginnt mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses, jedoch nicht vor dem Ablauf der bisherigen Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung. Sie beträgt grundsätzlich 4 Jahre (§ 177 Abs. 7 SGB IX).

Wer trägt die Kosten?

Die durch die Wahl der Schwerbehindertenvertretung entstehenden Kosten muss Ihr Arbeitgeber tragen. Die Vorschriften aus § 40 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) finden insoweit Anwendung.

Muss Ihr Arbeitgeber die Durchführung einer Wahl tolerieren?

Ja. Auch insoweit werden die Vorschriften des BetrVG angewendet. Danach darf Ihr Arbeitgeber die Wahl der Schwerbehindertenvertretung nicht behindern.

Können Sie sich auch in das Gremium wählen lassen?

Das ist durchaus machbar. Durch diese „Doppelfunktion“ ist es Ihnen dann möglich, mit abzustimmen. In der Praxis hat sich gezeigt, dass es kein Problem ist, wenn sich Ihr Gremium und die Schwerbehindertenvertretung ergänzen.

Ihr Wissen über die Schwerbehindertenvertretung

Als Betriebsrat ist es Ihre Aufgabe, in allen Dingen, die die schwerbehinderten Arbeitnehmer in Ihrem Unternehmen betreffen, eng mit der Schwerbehindertenvertretung zusammenzuarbeiten. Die Schwerbehindertenvertretung ist die gewählte Interessenvertretung der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten (§ 178 SGB IX). Sie berät, hilft und unterstützt die betroffenen Beschäftigten.

Das heißt, dass sie darauf achtet, dass die zugunsten behinderter Menschen geltenden Gesetze und Vereinbarungen im Betrieb eingehalten werden. Zudem vertritt sie die Interessen behinderter Menschen bei Einstellungen, Versetzungen und Kündigungen.

! ACHTUNG

Unterstützen Sie die Kollegen der Schwerbehindertenvertretung

Bei der Verwirklichung dieser Aufgabe ist die Schwerbehindertenvertretung auf Ihre Hilfe angewiesen. Zwar kennt sie die Probleme der Betroffenen durch das ständige Gespräch oft besser als Sie oder Ihr Arbeitgeber. Sie kann die von ihr beantragten Maßnahmen jedoch nicht gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen. Denn ihr stehen lediglich weitgehende Informationsrechte zu. Echte Mitbestimmungsrechte wie Sie hat die Schwerbehindertenvertretung jedoch nicht.

Wann muss die Schwerbehindertenvertretung angehört werden?

In allen Angelegenheiten, die einen Einzelnen (Beispiel: Kündigung) oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe (Beispiel: behindertengerechter Ausbau der Betriebsgebäude) betreffen, muss Ihr Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung rechtzeitig und umfassend unterrichten. Das heißt: Er ist verpflichtet, der Schwerbehindertenvertretung die Gründe für die Maßnahme so rechtzeitig mitzuteilen, dass sie Stellung beziehen kann (§ 178 Abs. 2 SGB IX). Dabei muss ihr ausreichend Zeit bleiben, mit den schwerbehinderten Betroffenen zu sprechen und sich umfassend zu informieren.

! ACHTUNG

Entscheidung wird ausgesetzt

Wird die Schwerbehindertenvertretung entgegen der Anhörungspflicht nicht beteiligt, so ist die Entscheidung für die Dauer von einer Woche auszusetzen und die Beteiligung nachzuholen. Ist die Entscheidung allerdings bereits vollzogen worden, hat die fehlende Anhörung der Schwerbehindertenvertretung keine Konsequenz mehr.

Welche Teilnahmerechte hat die Schwerbehindertenvertretung?

Der Schwerbehindertenvertretung obliegt das Recht, an Ihren Betriebsratssowie Ausschusssitzungen (Wirtschafts- und Arbeitsschutzausschuss, § 178 Abs. 4 SGB IX) beratend teilzunehmen. Das Teilnahmerecht gilt also nicht nur für Sitzungen, in denen Fragen behandelt werden, die schwerbehinderte Menschen betreffen.

Sie kann außerdem beantragen, Angelegenheiten, die einzelne schwerbehinderte Menschen oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe betreffen, auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Im Übrigen darf sie auch den Antrag stellen, einen Beschluss von Ihnen auszusetzen, wenn sie glaubt, dass damit eine Beeinträchtigung wichtiger Interessen von schwerbehinderten Menschen verbunden ist.

Tipp: Zu Sitzungen einladen
Laden Sie die Schwerbehindertenvertretung unter Mitteilung der Tagesordnung zu all Ihren Sitzungen ein.

Übersicht: Das sind die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

Die Schwerbehindertenvertretung …
1. … fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb.
2. … vertritt deren Interessen im Betrieb und steht ihnen beratend zur Seite.
3. … wacht darüber, dass die zugunsten der Schwerbehinderten geltenden Rechtsvorschriften eingehalten und durchgeführt werden.
4. … beantragt Maßnahmen, die den schwerbehinderten Menschen dienen. Sie setzt sich für präventive Maßnahmen ein.
5. … nimmt Anregungen und Beschwerden von schwerbehinderten Arbeitnehmern entgegen. Sofern diese berechtigt sind, setzt sie sich dafür ein, dass der Arbeitgeber Abhilfe schafft und diese erledigt.
6. …ist in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen schwerbehinderten Kollegen oder die schwerbehinderten Kollegen als Gruppe betreffen, zu unterrichten und anzuhören.
7. … ist an dem Verfahren zur Prüfung, ob ein freier Arbeitsplatz mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer besetzt werden kann, zu beteiligen.
8. … ist zu beteiligen, wenn sich ein schwerbehinderter Mensch bewirbt. Dabei hat sie das Recht auf Einsicht in die Bewerbungsunterlagen und Teilnahme am Vorstellungsgespräch.
9. … ist dann zu beteiligen, wenn Schwierigkeiten in Bezug auf das Arbeitsverhältnis mit einem schwerbehinderten Arbeitnehmer entstehen. In diesem Fall muss sie von Ihrem Arbeitgeber schon frühzeitig beteiligt werden. Ziel ist es dabei, eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Achtung: Entsprechendes gilt im Fall einer längeren Arbeitsunfähigkeit.
10. … ist zu beteiligen, wenn das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitnehmers gekündigt werden soll.

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08/2018 VNR AG

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