So unterstützen Sie Ihre Kollegen bei Fragen zur Teilzeit richtig

24. April 2019

Immer mehr Beschäftigte wünschen sich, ihre Arbeitszeit zu verringern. Das Ergebnis davon ist, dass die Teilzeitarbeit boomt. Im Jahr 2000 waren noch 20 % der Arbeitnehmer teilzeitbeschäftigt, heute liegt die Quote schon bei mehr als 25 %. Ein Teilzeitjob erleichtert die Vereinbarkeit von Arbeit, Familie und Freizeit erheblich. Allerdings ist die Teilzeitbeschäftigung für Ihre Kolleginnen und Kollegen auch immer wieder mit Schwierigkeiten verbunden. Als Betriebsrat sollten Sie deshalb die rechtlichen Besonderheiten kennen, die mit einer Teilzeitbeschäftigung einhergehen, und selbstverständlich Ihre Mitbestimmungsrechte.

So müssen Ihre Kollegen vorgehen

Wenn ein Kollege weniger arbeiten will, muss er einen entsprechenden Antrag bei Ihrem Arbeitgeber stellen. Und zwar mit einer Vorlauffrist von 3 Monaten.

Nach dem Wortlaut des § 8 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) soll Ihr Kollege mit dem Antrag auf Verringerung der Arbeitszeit auch die gewünschte Verteilung nennen. Einige Kollegen legen sich allerdings in dem Antrag noch nicht fest, sie äußern sich nicht zur gewünschten Verteilung. Einige Arbeitgeber nehmen das gern zum Anlass, das Erörterungsgespräch zu verweigern. Das geht allerdings nicht.

! ACHTUNG: Erörterungsgespräch muss trotzdem geführt werden

Ihr Arbeitgeber ist auch dann zur Erörterung verpflichtet, wenn Ihr Kollege keine konkrete Zeitvorgabe macht bzw. diese betrieblichen Belangen zuwiderläuft.

Teilzeitgesuch hängt von Entscheidung über Stundenverteilung ab

Ihr Kollege kann die Reduzierung der Arbeitszeit zudem davon abhängig machen, dass Ihr Arbeitgeber der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit zustimmt. Auch in einem solchen Fall muss Ihr Kollege die gewünschte Verteilung allerdings nicht bereits mit dem Antrag auf Herabsetzung der Arbeitszeit verbindlich nennen. Es genügt vielmehr, wenn er seine Wünsche in einem Erörterungsgespräch mit Ihrem Arbeitgeber einbringt.

Ablehnung des Teilzeitantrags

Ist Ihr Arbeitgeber mit der Arbeitszeitverringerung nicht einverstanden, muss er Ihrem Kollegen dies spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitreduzierung schriftlich mitteilen.

Tipp: 

Wenn Ihr Arbeitgeber die Frist versäumt

Versäumt er diese Frist, gilt die beantragte Verringerung entsprechend den Vorstellungen Ihres Kollegen als fest vereinbart (§ 8 Abs. 5 TzBfG).

Ablehnung der gewünschten Verteilung

Ist Ihr Arbeitgeber zwar grundsätzlich mit der Arbeitszeitverringerung, nicht aber mit der gewünschten Verteilung der Arbeitszeit einverstanden, muss er Ihrem Kollegen dies auch spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitreduzierung mitteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG).

Und zwar schriftlich. Versäumt er die Frist, gilt wie bei der Ablehnung der Arbeitszeitverringerung die beantragte Neuverteilung der Arbeitszeit nach den Vorstellungen Ihres Kollegen (§ 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG).

Allerdings hat Ihr Arbeitgeber hier mehr Gestaltungsspielraum. Denn stellt sich heraus, dass die Verteilung der Arbeitszeit für den Betriebsablauf unpraktikabel ist, und kann er nachweisen, dass sein Interesse an einer Rückführung zur früheren Arbeitszeit größer ist als das Interesse Ihres Kollegen an der Beibehaltung der eingetretenen Verteilung, darf Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeit wieder anders verteilen (§ 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG).

! ACHTUNG: Ablehnung nur bei dringenden betrieblichen Gründen

Ihr Arbeitgeber darf einen Teilzeitantrag bei der befristeten und unbefristeten Teilzeit nur in Ausnahmefällen ablehnen. Und zwar nur dann, wenn der Reduzierung der Arbeitszeit dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.

Das TzBfG definiert allerdings nicht konkret, was als betrieblicher Grund in diesem Sinne anzusehen ist und was nicht. Lediglich § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG nennt beispielhaft einige Gründe. Danach kann Ihr Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung ablehnen, wenn dadurch

■    die betriebliche Organisation oder

■    der technische Ablauf oder

■    die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt würde oder

■    unverhältnismäßig hohe Kosten entstünden.

Was das konkret bedeutet, habe ich Ihnen in der Übersicht aufgelistet.

Übersicht: Kein Anspruch auf Teilzeitarbeit

PrüfpunkteErläuterungBeispiel
1. Wesentliche Beeinträchtigung der betrieblichen OrganisationErfordert die Abteilung, aus der der Kollege kommt, Vollzeitkräfte, kann Ihr Arbeitgeber sein Organisationskonzept dem Teilzeitwunsch entgegenhalten.In einer Abteilung sind ausschließlich Vollzeitkräfte tätig, da die Abwicklung der einzelnen Projekte die ganztägige Erreichbarkeit der Sachbearbeiter erfordert.
2. Erhebliche Störung des technischen AblaufsGefährdet die Teilzeitbeschäftigung den Arbeitsablauf im Betrieb, darf Ihr Arbeitgeber einen entsprechenden Wunsch ablehnen. Aber: Nicht jeder Mehraufwand, der durch den Einsatz von Teilzeitbeschäftigten entsteht, stellt einen Ablehnungsgrund dar.Allein die Notwendigkeit einer höheren Anzahl von Übergabegesprächen rechtfertigt die Ablehnung noch nicht. Kann Ihr Arbeitgeber allerdings beweisen, dass die gesamte Produktion jeden Tag für einige Zeit stillstehen würde und eine Umorganisation nicht möglich ist, wird er den Wunsch ablehnen können.
3. Unverhältnismäßig hohe KostenIhr Arbeitgeber kann ein Teilzeitgesuch ablehnen, wenn damit unverhältnismäßig hohe Kosten verbunden sind.Eine Mitarbeiterin im Außendienst will täglich 50 % weniger arbeiten. Ihre Aufgabe erfordert allerdings eine ganztägige Präsenz beim Kunden. Eine Teilung des Arbeitsplatzes kommt wegen des hohen Aufwands für die Informationsweitergabe nicht infrage.
4. Tarifliche GründeDas TzBfG sieht vor, dass Tarifverträge weitere Ablehnungsgründe enthalten können.Hinweis: Prüfen Sie insoweit einen eventuell für Sie geltenden Tarifvertrag!

Ablehnung innerhalb eines Monats

Will Ihr Arbeitgeber ein Teilzeitgesuch ablehnen, muss er Ihrem betroffenen Kollegen spätestens einen Monat vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeitszeitverringerung Bescheid geben. Versäumt er diese Frist, gilt der entsprechende Antrag als genehmigt.

Wie Sie am besten handeln, wenn Ihr Arbeitgeber Nein gesagt hat

Erfahren Sie von der Ablehnung eines Teilzeitgesuchs, sollten Sie folgende 2 Punkte noch einmal überprüfen:

1. Wird das behauptete Konzept überhaupt praktiziert?

Begründet Ihr Arbeitgeber die Ablehnung eines Teilzeitgesuchs mit einem entgegenstehenden Organisationskonzept (z. B. damit, dass im entsprechenden Bereich nur Vollzeitkräfte tätig sein können), muss er dies schlüssig nachweisen. Gegen ein solches Konzept spricht unter anderem, wenn er eine lange Abwesenheit eines Kollegen (z. B. wegen Elternzeit) ohne die Einstellung einer Ersatzkraft überbrücken konnte.

2. Wurde oder wird bereits in Teilzeit gearbeitet?

Wurde von Ihrem Arbeitgeber bereits einmal Teilzeitarbeit angeordnet, z. B. aufgrund eines vorübergehenden Auftragsmangels, belegt dies ebenfalls, dass einer Teilzeitarbeit keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Zudem spricht die Tatsache, dass er bereits Teilzeitkräfte beschäftigt, dagegen, dass Teilzeitarbeit in Ihrem Unternehmen prinzipiell nicht möglich ist.

Selbst wenn in Ihrem Betrieb noch nie in Teilzeit gearbeitet wurde, heißt das nicht automatisch, dass diese nicht möglich ist. Denn in diesem Fall müsste Ihr Arbeitgeber nachweisen, dass eine Umorganisation nicht möglich ist.

Ihre Aufgabe als Betriebsrat wäre es dann, alle denkbaren Möglichkeiten zu prüfen. Das wird aber nur in den seltensten Fällen eintreten. In der Regel wird sich ein Betrieb immer so umorganisieren lassen, dass Teilzeitstellen geschaffen werden können.

! ACHTUNG: Schichtarbeit macht Teilzeit nicht unmöglich

Es gibt immer wieder Arbeitgeber, die ein Teilzeitgesuch mit der Begründung eines Schichtbetriebs ablehnen. Das ist nicht ohne Weiteres erlaubt. Bei der Umsetzung eines Teilzeitanspruchs können vielmehr sogar Änderungen des Schichtsystems zumutbar sein. Weisen Sie Ihren Arbeitgeber ggf. nachdrücklich darauf hin!

Tipp: 

Im Zweifel Anwalt einschalten

Spricht nach der Prüfung dieser Punkte einiges dafür, dass die Ablehnung unberechtigt war, sollte Ihr betroffener Kollege die Erfolgsaussichten einer Klage durch einen Anwalt, vorzugsweise einen Fachanwalt für Arbeitsrecht, prüfen lassen. Schließlich haben Sie und Ihre Kollegen häufig einen Anspruch auf Teilzeitarbeit.

Wenn ein Kollege auf Teilzeit angewiesen ist

Ist Ihr Kollege dringend auf die Durchsetzung seines Teilzeitbegehrens angewiesen, hat er die Möglichkeit, diese auch im Rahmen eines Eilverfahrens durchzusetzen. Damit er damit Erfolg hat, muss er allerdings konkret darlegen, dass ihm das Abwarten des regulären Verfahrens nicht zugemutet werden kann.

Das ist immer dann der Fall, wenn ihm in der Zwischenzeit sonst wesentliche Nachteile drohen. Weisen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in einer entsprechenden Situation auf diese Möglichkeit des Eilverfahrens hin.

Bei einer Arbeitszeitverlängerung bestimmen Sie mit

Da die Brückenteilzeit lediglich für Teilzeitgesuche seit dem 1.1.2019 gilt, werden Ihr Arbeitgeber und damit auch Sie sicherlich auch in den kommenden Jahren immer mal wieder mit einem Aufstockungsgesuch konfrontiert werden. Möchte ein Kollege seine Arbeitszeit aufstocken, ist meist Ihre Zustimmung gefragt.

Denn in der Regel berührt eine solche Maßnahme die Belange der übrigen Kollegen. So z. B., wenn es mehrere Interessenten für die Stelle mit erhöhter Arbeitszeit gab oder gibt.

Außerdem ist die Erhöhung der Arbeitszeit häufig einer Einstellung gleichzusetzen. Auch in diesem Fall sind Sie nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) gefragt. Voraussetzung ist allerdings, dass in Ihrem Betrieb in der Regel mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Im Hinblick auf das Argument Einstellung werden Sie unter Umständen mit Ihrem Arbeitgeber diskutieren müssen. Er wird sich in vielen Fällen auf den Standpunkt stellen, dass es sich lediglich um eine Erhöhung der Arbeitszeit handelt, über die er allein entscheiden kann. Berufen Sie sich in diesem Fall darauf, dass Sie bei der Einstellung der Teilzeitkraft Ihre Zustimmung nur zu der damals vereinbarten Arbeitszeit erteilt hätten. Werde die Arbeitszeit dieser Person nun maßgeblich verändert, müssten Sie die Chance haben, die neue Situation zu beurteilen. Das funktioniere ausschließlich über Ihr Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen nach § 99 BetrVG. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich um eine erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit handelt, für die ansonsten eine Neueinstellung nötig wäre.

Checkliste: Wann Ihr Arbeitgeber einen Aufstockungswunsch ablehnen kann

  • Ihr Kollege hat seinen Aufstockungswunsch pauschal und unbestimmt geäußert.
  • Ein entsprechender freier Arbeitsplatz steht nicht zur Verfügung.
  • Der Kollege hat nicht die gleiche fachliche Eignung wie ein Mitbewerber.
  • erlängerungswünsche anderer Teilzeitbeschäftigter stehen entgegen. Diese sind unter sozialen Gesichtspunkten vorrangig zu berücksichtigen. Darauf beruft sich Ihr Arbeitgeber.
  • Dem Aufstockungswunsch stehen dringende betriebliche Gründe entgegen.
  • Der Kollege hat in den vergangenen 2 Jahren keinen Antrag auf unbefristete bzw. in diesem Jahr keinen Antrag auf befristete Teilzeitarbeit gestellt. Gleiches gilt für 2 Jahre, nachdem eine befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung aus betrieblichen Gründen abgelehnt wurde.

Kreuzen Sie bei einem dieser Punkte das Ja an, kann Ihr Arbeitgeber ein Aufstockungsgesuch ablehnen.

© 04/2019 VNR AG

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