So unterstützen Sie Ihre jungen Kollegen

19. August 2018

Kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahrs im August oder September sind noch viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Für Jugendliche und junge Erwachsene bietet das die besten Chancen auf einen guten Ausbildungsplatz. Für Arbeitgeber bedeutet es aber, dass sie den Auszubildenden etwas bieten müssen. Vor allem sind sie mehr denn je gefordert, die Rechte der Auszubildenden zu wahren. Neben den Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes sind dabei vor allem die Regeln für das Berufsausbildungsverhältnis zu beachten.

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat die Wahrung und Förderung der Interessen und Belange der Jugendlichen und der Auszubildenden zu einer besonderen Aufgabe von Ihnen als Betriebsrat gemacht (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 und 5 BetrVG). Zudem haben Sie im Bereich der beruflichen Ausbildung umfangreiche Beteiligungsrechte.

Der Begriff Berufsbildung in §§ 96 ff. BetrVG ist weit gefasst. Darunter fallen laut Bundesarbeitsgericht (BAG) sowohl die Aus- und auch die Weiterbildung (23.4.1991, Az. 1 ABR 49/90). Ausbildung meint die Vermittlung der erforderlichen Berufserfahrungen durch Ihren Arbeitgeber bzw. den bestellten Ausbilder. Die Weiterbildung von Ihnen und Ihren Kollegen erfasst in erster Linie Ihre Fortbildung. Aber: Auch die Umschulung gehört dazu.

Wie Ihr Arbeitgeber Ihren Kollegen das Wissen vermittelt, spielt keine Rolle. Die von ihm getroffene Maßnahme muss lediglich berufsbezogen sein.

Beispiele für berufsbezogene Maßnahmen

► Ausbildungsmaßnahmen für Praktikanten und Volontäre

► betriebliche Lehrgänge und Seminare

► Bildungsprogramme

► Vorträge zu einzelnen Themen

► Anleitung zur Bedienung neuer Maschinen

► Veranstaltungen zum Zweck des Erfahrungs- und Informationsaustauschs

► Besuch von Messen und Kongressen

► Trainee-Maßnahmen für Führungskräfte

! ACHTUNG

Sie haben ein Beratungsrecht

Bei allen Angelegenheiten, die Ihre und die Berufsbildung Ihrer Kollegen betreffen, haben Sie ein Beratungsrecht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Ein echtes Mitbestimmungsrecht können Sie hingegen nicht geltend machen.

Das steht Ihnen aber bei allen Fragen zu, die die Durchführung betrieblicher Maß-nahmen betreffen (§ 98 BetrVG). Solche Maßnahmen liegen immer dann vor, wenn Ihr Arbeitgeber die Weiterbildungsmaßnahme veranstaltet. Voraussetzung ist zu-dem, dass er tatsächlich Einfluss auf den Inhalt und die Organisation der Veranstaltung nehmen kann  (BAG,  4.12.1990, Az.  1 ABR  10/90).

So nutzen Sie Ihr Vorschlagsrecht optimal

Damit Sie überhaupt die Chance haben, Ihrem Arbeitgeber die richtigen Maßnahmen vorzuschlagen, können Sie von ihm verlangen, dass er den Berufsbildungsbedarf in Ihrem Unternehmen ermittelt (§ 96 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG). Hat er das noch nicht getan, fordern Sie ihn dazu auf.

Wie Sie Ihren Anspruch umsetzen

Möchten Sie als Betriebsrat den Berufsbildungsbedarf prüfen, ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, die voraussichtlichen künftigen Anforderungen an die jeweiligen Arbeitsplätze, den erforderlichen Personalbedarf und die dazu notwendigen Qualifikationen dem derzeitigen Istzustand in Ihrem Unternehmen gegenüberzustellen.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss er mit Ihnen alle Fragen der betrieblichen und außerbetrieblichen Berufsbildung beraten. Davon sind vor allem die Beratung über das Ergebnis des ermittelten Bildungsbedarfs und die individualrechtliche Gestaltung der Maßnahmen erfasst. Dazu gehört z. B. die Vereinbarung mit einem Arbeitnehmer bezüglich einer Rückzahlung der Fortbildungskosten für den Fall, dass er das Unternehmen vorzeitig verlässt.

Tipp: Fordern Sie ein Gespräch
Solche Fragen muss Ihr Arbeitgeber nur mit Ihnen beraten, wenn Sie es von ihm verlangen. Fordern Sie ihn also zum Gespräch auf. Aus freien Stücken wird er nicht auf Sie zukommen.

Wenn ein Auszubildender bei Ihnen anfängt

Bevor ein Jugendlicher eine Ausbildung in Ihrem Betrieb startet, schließt Ihr Arbeitgeber mit ihm einen Ausbildungsvertrag, § 10 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Dabei reden Sie als Betriebsrat – wie bei allen anderen Arbeitsverträgen – nicht mit. Wie sonst auch sind Sie aber bei der Einstellung gefragt (§ 99 Abs. 1 BetrVG).

So kann das Ausbildungsverhältnis gekündigt werden

Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden (§ 22 Abs. 1 und 3 BBiG). Nach Ablauf der Probezeit kann Ihr Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis nur noch außerordentlich kündigen (§ 22 Abs. 2 BBiG). Der Kündigungsgrund kann dabei in einem wiederholten Verstoß des Auszubildenden gegen seine Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis bestehen.

Beispiel: Ein Auszubildender schwänzt trotz Ermahnungen immer wieder den Berufsschulunterricht.

Es kann sich aber ebenso um Störungen aus dem Vertrauensbereich handeln, die auch bei Ihren anderen Kollegen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden.

Diese Kündigungsgründe hat die Rechtsprechung anerkannt

Die Gerichte haben sich schon mehrfach zu den zulässigen Kündigungsgründen geäußert, und zwar:

  • Unzuverlässigkeit und mangelnde Bereitschaft zur Eingliederung in den Betrieb, z. B. wiederholte Verspätung und nicht rechtzeitige Entschuldigung für das Fernbleiben des Berufsschulunterrichtes und von der betrieblichen Ausbildung, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (7.11.1978, Az. 6 Sa 1096/78)
  • Keine bzw. verspätete Vorlage der Berichtshefte (LAG Frankfurt, 3.11.1997, Az. 16 Sa 657/97).

! ACHTUNG

Berichtsheft nun auch elektronisch möglich

Nach neuer Regelung in § 13 Nr. 7 BBiG dürfen Auszubildende ihr Berichtsheft nun auch elektronisch führen.

An die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses werden generell sehr strenge Maßstäbe gestellt. Dabei gilt: Je näher der Auszubildende an seinem Ziel ist, der Abschlussprüfung, desto schwieriger wird die Kündigung. Zudem verlangt die Rechtsprechung meistens die vorherige Abmahnung.

Tipp: Vorherige Anhörung ist ein Muss
Als Betriebsrat müssen Sie auch bei der Kündigung eines Auszubildenden vorher angehört werden. Klären Sie im Rahmen des Gesprächs mit Ihrem Arbeitgeber, ob es keine anderen Möglichkeiten gibt, den Auszubildenden weiter zu beschäftigen (Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes). Hören Sie sich zudem die Position des von der Kündigung bedrohten Auszubildenden an und lassen Sie Argumente, die für ihn sprechen, mit in Ihre Stellungnahme einfließen.

Wie Auszubildende bezahlt werden müssen

Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihren jungen Kollegen eine angemessene Vergütung zu zahlen. Was angemessen ist, hängt von der jeweiligen Ausbildung und dem Ausbildungsjahr ab. Außerdem ist er verpflichtet, die Vergütung entsprechend dem Ausbildungsfortschritt mindestens einmal jährlich zu erhöhen (§ 17 Abs. 1 BBiG). Die Regelungen zum Mindestlohn finden im Hinblick auf die Ausbildungsgehälter allerdings keine Anwendung.

! ACHTUNG

Plädieren Sie für eine faire Bezahlung

Setzen Sie sich dafür ein, dass das Ausbildungsgehalt in Ihrem Betrieb zumindest dem Durchschnitt entspricht. Als Betriebsrat haben Sie in Lohn- und Gehaltsfragen ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG). Sie können mitbestimmen, wenn es um die Grundsätze geht. Nutzen Sie die Gelegenheit und treffen Sie mit Ihrem Arbeitgeber eine grundsätzliche Vereinbarung zum Ausbildungsgehalt.

Sorgen Sie dafür, dass Ihr Arbeitgeber seinen Pflichten nachkommt

Die Hauptaufgabe Ihres Arbeitgeber ist es, Ihren Kollegen in der Ausbildung in der vorgesehenen Zeit ein breites berufliches Grundwissen und die Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die sie später zur Ausübung ihrer Berufe benötigen (§§ 1 Abs. 2, 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBiG).

Das heißt für Ihre Ausbilder vor allem, sich an die jeweilige Ausbildungsordnung zu halten, dem Auszubildenden ein Exemplar der Ausbildungsordnung auszuhändigen, die notwendigen Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen, den Auszubildenden für den Berufsschulunterricht und außerbetriebliche Ausbildungsmaßnahmen von der Arbeit freizustellen, die erzieherische Mitverantwortung dafür zu übernehmen, dass der Jugendliche sein Ausbildungsziel erreicht, und ihn zu den notwendigen Prüfungen anzumelden.

Tipp: Reden ist Gold
Reden Sie regelmäßig mit Ihren jungen Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung. Finden Sie in den jeweiligen Gesprächen heraus, ob Ihr Arbeitgeber seine Pflichten einhält. Sollte Sie dabei auf Mängel stoßen, dann führen Sie ein Gespräch mit ihm, in dem Sie ihn auffordern, seinen Aufgaben und Pflichten nachzukommen.

© 08/2018 VNR AG

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