Will einer Ihrer Kollegen die Arbeitszeit reduzieren, kann er dies auf Grundlage des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) tun. Bis vor Kurzem bestand diese Möglichkeit nur unbefristet (§ 8 TzBfG). Das gilt jetzt nicht mehr. Seit dem 1.1.2019 können Sie und Ihre Kollegen von Ihrem Arbeitgeber auch verlangen, dass Ihre Arbeitszeit für mindestens 1 Jahr und höchstens 5 Jahre befristet reduziert wird (Brückenteilzeit, § 9a TzBfG).
Voraussetzungen des Rückkehrrechts
Voraussetzung für das Recht, die Arbeitszeit befristet zu verringern, ist, dass
■ der interessierte Kollege seit mehr als 6 Monaten bei Ihrem Arbeitgeber beschäftigt ist und
■ in Ihrem Unternehmen in der Regel mehr als 45 Arbeitnehmer tätig sind.
Zudem müssen Unternehmen mit 45 bis zu 200 Arbeitnehmern stets nur einem je angefangene 15 Arbeitnehmer einen Anspruch auf befristete Arbeitszeitverringerung gewähren. Erst ab einer Belegschaftsgröße von 200 Arbeitnehmern hat jeder Ihrer Kollegen ein Rückkehrrecht bzw. Anspruch auf die befristete Teilzeit.
Beispiel: Wie viele Kollegen einen Anspruch auf Brückenteilzeit haben
Sind in Ihrem Betrieb z. B. 46 bis 60 Arbeitnehmer beschäftigt, muss Ihr Arbeitgeber maximal 4 Arbeitnehmern Brückenteilzeit gewähren. Bei einer Belegschaftsgröße von 61 bis 75 Arbeitnehmern sind es maximal 5 Mitarbeiter. Auszubildende zählen übrigens bei der Berechnung der Belegschaftsgröße nicht mit. Zudem kann Ihr Arbeitgeber freiwillig auch mehr Arbeitnehmern Brückenteilzeit gewähren.
Wann Ihr Arbeitgeber einen Anspruch ablehnen kann
Ihr Arbeitgeber darf ein entsprechendes Gesuch aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen. In der Praxis dürfte es ihm allerdings sehr schwerfallen zu beweisen, dass ein dringender betrieblicher Grund der Teilzeit entgegensteht.
! ACHTUNG: Gute Argumente sind das A und O
Für Ihre an Teilzeit interessierten Kolleginnen und Kollegen kommt es im Zweifel darauf an, dass sie gut argumentieren. Dazu sollten sie auf die Unterstützung eines Rechtsanwalts zurückgreifen.
Tipp:
Regelung vereinbaren
Versuchen Sie, mit Ihrem Arbeitgeber eine Leitlinie zu vereinbaren, nach der er vorgeht, wenn er sich zwischen mehreren Teilzeitkräften entscheiden muss. So sorgen Sie für mehr Transparenz und im Zweifel für mehr Verständnis bei den abgelehnten Kollegen.
Brückenteilzeit von 1 bis 5 Jahren
Der Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeit ist für einen Zeitraum von 1 bis 5 Jahren festgelegt. Das heißt: Der Arbeitnehmer muss sich im Voraus festlegen, mindestens 1 Jahr lang weniger zu arbeiten. Zudem hat er nach mehr als 5 Jahren kein Rückkehrrecht auf Vollzeit mehr.
! ACHTUNG: Kein Rückkehrrecht für „alte“ Teilzeitarbeitnehmer
Das Rückkehrrecht gilt ausschließlich für Arbeitnehmer, die ihren Antrag auf befristete Teilzeit nach dem 1.1.2019 gestellt haben.
Allerdings ist es für Ihren Arbeitgeber auch schwieriger geworden, eine Aufstockung abzulehnen. Denn er muss nun begründen, warum er einen Antrag auf Verlängerung der Arbeitszeit ablehnt. Das musste er bis zum 1.1.2019 nicht. Bis zum Jahresende 2018 galt: Äußerte ein in Teilzeit beschäftigter Arbeitnehmer den Wunsch, seine Arbeitszeit künftig wieder zu verlängern, musste Ihr Arbeitgeber ihn bei der Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigen (§ 9 TzBfG).
Diese Fristen müssen Sie kennen
Ihre Kolleginnen und Kollegen müssen die gewünschte Arbeitszeitverringerung auch weiterhin spätestens 3 Monate vor ihrem Beginn in Textform beantragen. Das heißt z. B. per E-Mail, SMS oder Whats-App. Selbstverständlich gilt auch ein herkömmlicher schriftlicher Antrag.
Die entsprechenden Wünsche muss Ihr Arbeitgeber dann mit dem jeweiligen Kollegen besprechen. Ist er aus formalen oder betrieblichen Gründen mit der beantragten Arbeitszeitverringerung nicht einverstanden, muss er Ihrem Kollegen das schriftlich mitteilen und begründen. Und zwar spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung.
Wenn ein Kollege bereits einen Teilzeitantrag gestellt hat
Hat ein Kollege bereits einmal einen Antrag auf befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung gestellt, muss Ihr Arbeitgeber einen erneuten Antrag erst
■ 2 Jahre, nachdem er einer unbefristeten Arbeitszeitverringerung zugestimmt hat,
■ 2 Jahre, nachdem er eine befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung berechtigterweise aufgrund entgegenstehender betrieblicher Gründe abgelehnt hat,
■ ein Jahr, nachdem er eine befristete Arbeitszeitverringerung abgelehnt hat, weil er sein Soll bereits erfüllt hat (in Unternehmen mit 46 bis 200 Arbeitnehmern),
■ ein Jahr, nachdem der Kollege aus einer befristeten Arbeitszeitverringerung zur ursprünglichen Arbeitszeit zurückgekehrt ist, wieder prüfen.
Nach dem Antrag sind Sie zu informieren
Wann immer ein Kollege einen Antrag auf Verringerung seiner Arbeitszeit stellt, muss Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat darüber informieren. Zudem kommen Sie ins Spiel, wenn der beantragende Kollege Sie zum Erörterungsgespräch hinzuzieht.
Um wie viel Ihre Kollegen die Arbeitszeit verkürzen können
Viele Teilzeitkräfte arbeiten 20 oder 30 Stunden in der Woche. Einige sind nur 10 Stunden tätig. Aber ist auch noch weniger möglich? Mit vergleichbaren Fragen werden Sie als Betriebsrat oft konfrontiert. Deshalb sollten Sie eine Antwort parat haben.
Hat ein Kollege einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, kann er das Maß der Arbeitszeit grundsätzlich selbst bestimmen. Schließlich sieht das Gesetz keine Beschränkung des Umfangs der Arbeitszeit vor. Es ist deshalb auch eine Verringerung der Arbeitszeit um mehr als 2/3 nicht ausgeschlossen.
Tipp:
Betriebliche Gründe im Blick behalten
Kollegen, die über eine gravierende Änderung der Arbeitszeit nachdenken, sollten im Blick behalten, dass Ihr Arbeitgeber einem solchen Änderungswunsch leichter betriebliche Gründe entgegenhalten kann. Mit der folgenden Checkliste können Sie Kollegen helfen, schnell zu prüfen, ob sie einen Anspruch auf Teilzeitarbeit bzw. Brückenteilzeit haben:
Checkliste: Wann Ihre Kollegen einen Anspruch auf Teilzeitarbeit haben
- Das Beschäftigungsverhältnis mit dem interessierten Kollegen besteht seit mehr als 6 Monaten.
- Ihr Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Arbeitnehmer (unbefristete Arbeitszeitverringerung) bzw. mehr als 45 Arbeitnehmer (Brückenteilzeit).
- Der Antrag auf Teilzeitarbeit wurde 3 Monate vor dem Beginn der Verringerung der Wochenarbeitszeit gestellt.
- Ihr Arbeitgeber kann dem Antrag keine betrieblichen Gründe entgegenhalten.
- Der Kollege hat in den vergangenen 2 Jahren keinen Antrag auf unbefristete bzw. in diesem Jahr keinen Antrag auf befristete Teilzeitarbeit gestellt. Gleiches gilt für 2 Jahre, nachdem eine befristete oder unbefristete Arbeitszeitverringerung aus betrieblichen Gründen abgelehnt wurde.
Kann Ihr Kollege bei allen Punkten das Ja abhaken, wird Ihr Arbeitgeber das Teilzeitgesuch sehr wahrscheinlich nicht erfolgreich ablehnen können.
© 04/2019 VNR AG
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