Schicht- und Nachtarbeit: In diesen Angelegenheiten müssen Sie gefragt werden

14. April 2018

In vielen Betrieben wird aus Gründen der Effizienz und Rendite rund um die Uhr gearbeitet. Es ist teurer, die Maschinen täglich abzustellen und am nächsten Tag wieder zum Laufen zu bringen, als durchgehend, an jedem Tag der Woche, zu jeder Zeit, Arbeitnehmer zu beschäftigen. Zudem gibt es Branchen wie die Pflege, die die Anwesenheit eines Teils des Personals rund um die Uhr voraussetzen.

Die dadurch anfallende Schicht- und Nachtarbeit ist sehr anstrengend für die Betroffenen. Als Betriebsrat können Sie allerdings gut dafür sorgen, dass Schicht- und Nachtarbeit für Ihre Kolleginnen und Kollegen so gesundheitsverträglich wie möglich gestaltet wird. Denn bei diesem Thema sind Sie zu beteiligen, § 87 Abs. 1 Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Sie bestimmen auch bei der Ausweitung des Schichtsystems mit

Als Betriebsrat sind Sie vor der Einführung von Schicht- und Nachtarbeit zu beteiligen (§ 87 Abs. 2 BetrVG). Das Mitbestimmungsrecht umfasst auch die Beteiligung bei der Ausgestaltung des Schichtsystems, z. B. wenn es um die Frage geht, in wie vielen Schichten überhaupt gearbeitet werden soll sowie wann die jeweiligen Schichten beginnen und aufhören sollen. Aber nicht nur das: Sie sind auch bei der Ausweitung eines bestehenden Schichtsystems zu fragen.

Gleiches gilt, wenn Ihr Arbeitgeber den Schichtplan ändern möchte. Zudem bestimmen Sie mit, wenn es um die Festlegung von allgemeinen Grundsätzen über die Aufstellung des Schichtplans geht.

Bei der Anordnung von Nachtarbeit sind Sie zu beteiligen

Außerdem unterliegt auch die Anordnung von Nachtarbeit Ihrer Mitbestimmung. Und zwar mit der Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit. Das gilt auch für die Fälle, in denen die Nachtarbeit bereits arbeitsvertraglich festgelegt ist.

So unterscheiden Sie Schicht- und Nachtarbeit

Bei der Schichtarbeit werden Arbeitnehmer nach einem bestimmten Zeitplan zu vorher feststehenden Zeiten an denselben Arbeitsstellen eingesetzt. Die jeweiligen Arbeitseinsätze der Beschäftigten finden innerhalb einer täglich oder wöchentlich definierten betrieblichen Rahmenarbeitszeit zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten statt.

Schichtarbeit kann in den unterschiedlichsten Formen eingeführt werden. In der Praxis relativ verbreitet sind die folgenden Modelle:

  • das 2-Schicht-System mit Wechsel zwischen Früh- und Spätschicht an 5 Werktagen pro Woche,
  • das 3-Schicht-System mit Wechsel zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht an 5 Werktagen von Montag bis Freitag sowie
  • der eingangs bereits erwähnte vollkontinuierliche Schichtbetrieb mit 24 Stunden Arbeit an 7 Tagen in der Woche.

Folge der Schichtarbeit ist, dass stets ein Teil der Belegschaft arbeitet, während der andere Teil arbeitsfrei hat. Die Beschäftigung sämtlicher Kollegen richtet sich nach einem vorher feststehenden übersichtlichen Schichtplan.

Regelungen des ArbZG berücksichtigen

Arbeiten Kollegen in Schichtarbeit, dann gelten für sie grundsätzlich die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) und die sonstigen gesetzlichen Regelungen zur Arbeitszeit. Deshalb dürfen auch sie grundsätzlich nicht mehr als 8 Stunden täglich arbeiten.

Zudem gilt auch für Schichtarbeiter, dass sie an Sonn- und Feiertagen von 0 bis 24 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen. Dennoch gibt es Ausnahmen:

Arbeiten Sie in einem mehrschichtigen Betrieb mit regelmäßiger Tag- und Nachtschicht, können Beginn und Ende der 24-stündigen Betriebsruhe um bis zu 6 Stunden vor- bzw. zurückverlegt werden. Das hat zur Folge, dass die Feiertagsruhe von 18 Uhr vor dem Feiertag bis 18 Uhr am Feiertag oder von 6 Uhr am Feiertag bis 6 Uhr am darauf folgenden Tag dauert.

! ACHTUNG: Arbeitgeber kann häufig die Anzahl der Nachtschichten festlegen

Ihr Arbeitgeber kann festlegen, wie viele Nachtschichten ein Arbeitnehmer hintereinander leisten muss. Das gilt jedenfalls, solange nicht ein geltender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung dagegenspricht. Sämtliche sonstigen Festlegungen zur Nachtschicht kann Ihr Arbeitgeber allerdings nur treffen, wenn er Sie beteiligt hat.

Nachtarbeit findet zwischen 23 Uhr und 6 Uhr statt

Die Regelungen zur Nachtarbeit definieren konkret, wann Nachtarbeit stattfindet und was diese besondere Form der Arbeit ausmacht:

  • Nachtarbeit ist die Beschäftigung von Arbeitnehmern zwischen 23 Uhr und 6 Uhr (§ 2 Abs. 3 ArbZG). In Bäckereien und Konditoreien wird die Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr als Nachtarbeit bewertet.
  • Der Beginn der 7-stündigen Nachtzeit kann abweichend auf die Zeit von 22 bis 24 Uhr verlegt werden. Maßgeblich hier-für ist entweder ein Tarifvertrag oder eine aufgrund des Tarifvertrags zulässige Betriebsvereinbarung, die Sie mit Ihrem Arbeitgeber getroffen haben.
  • Die Nachtarbeit setzt zudem voraus, dass die betreffenden Nachtarbeiter während dieser Zeit mehr als 2 Stunden arbeiten müssen (§ 2 Abs. 4 ArbZG) und aufgrund ihrer Arbeitszeitgestaltung die Nachtarbeit in Wechselschicht leisten. Alternativ können sie an mindestens 48 Tagen im Kalenderjahr Nachtarbeit leisten.

! ACHTUNG: Abweichende Regelungen in Tarifverträgen

In vielen Tarifverträgen gibt es abweichende Regelungen. So wird häufig der Beginn des 7-stündigen Nachtzeitraums nach § 2 Abs. 3 ArbZG auf die Zeit zwischen 22 und 24 Uhr festgelegt. Zusätzlich wird dort vereinbart, dass die Nachtarbeit einen Anspruch auf Zahlung von Nachtzuschlägen auslöst. Lesen Sie auf alle Fälle in dem für Sie einschlägigen Tarifvertrag nach, ob sich darin anzuwendende Regelungen befinden.

Wie bei der sonstigen Schichtarbeit gilt auch für die Nachtarbeit: Die Höchstzeit der Nachtarbeit beträgt 8 Stunden. In Ausnahmefällen kann die Arbeitszeit bis zu 10 Stunden verlängert werden.

Das setzt allerdings voraus, dass Ihr Arbeitgeber dafür sorgt, dass die Arbeitszeit der betreffenden Kollegen innerhalb von einem Monat oder 4 Wochen auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Stunden pro Werktag zurückgeführt wird (§ 6 Abs. 2 ArbZG).

Der Ausgleichszeitraum bei der Nachtschicht ist damit wesentlich kürzer als der der Tagschicht: Denn die Tagschicht kann auf 10 Stunden erhöht werden, wenn der Arbeitgeber dafür sorgt, dass Ihre Kollegen innerhalb von 6 Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt nicht mehr als 8 Stunden werktäglich arbeiten.

Diese abweichenden Regelungen können getroffen werden

Durch einen Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung können zudem die beiden folgenden abweichenden Regelungen getroffen werden:

1. Die Arbeitszeit kann an Sonn- und Feiertagen bis auf 12 Stunden verlängert werden, wenn dadurch zusätzliche freie Schichten erreicht werden können (§ 12 Nr. 4 ArbZG).

2. Die werktägliche Arbeitszeit kann auf über 10 Stunden verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit der betroffenen Kollegen regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder ein anderer Ausgleichszeitraum festgelegt wird (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG).

Diese Arbeitnehmer dürfen keine Nachtarbeit leisten

Jede Form der Nachtarbeit stellt eine besondere körperliche und gesundheitliche Belastung für die Arbeitnehmer dar. Damit Kolleginnen und Kollegen, die sowieso aufgrund ihrer Lebensumstände bereits besonders belastet sind, unter den negativen Effekten von Nachtarbeit nicht noch unnötig leiden, sind die im Folgenden genannten 4 Personengruppen von der Nachtschicht ausgenommen.

So dürfen gar keine Nachtschicht leisten:

1. Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind von der Pflicht, Nachtarbeit zu leisten, ausgenommen.

2. Für werdende und stillende Mütter ist Nachtarbeit ebenfalls tabu.

3. Jugendliche Arbeitnehmer zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr dürfen in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr nicht arbeiten. Allerdings gelten für sie teilweise Ausnahmen, z. B. für die Beschäftigten im Bäckerhandwerk. Hier dürfen jugendliche Auszubildende mit 16 Jahren ab 5 Uhr und mit 17 Jahren ab 4 Uhr eingesetzt werden.

4. Und schlussendlich dürfen Kinder nicht in Nachtschicht arbeiten.

! ACHTUNG: Weitere Regel beachten!

Werdende und stillende Mütter dürfen nicht zwischen 20 und 6 Uhr beschäftigt werden.

Nachtarbeit wird extra vergütet

Sofern keine tarifvertraglichen Ausgleichsleistungen existieren, ist Ihr Arbeitgeber nach § 6 Abs. 5 ArbZG verpflichtet, den im Betrieb in Nachtschicht tätigen Kollegen für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden einen angemessenen Zuschlag auf den zustehenden Bruttolohn zu zahlen. Alternativ kann er für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden auch eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage gewähren.

Das heißt also: Ist kein Tarifvertrag bindend, können Ihre betroffenen Kollegen einen zusätzlichen Zuschlag fordern. Diesen sollten sie auch stets einfordern. Schließlich ist ein Ausgleich für die durch die Nachtarbeit entstehenden extra Strapazen wichtig. Als Betriebsrat sollten Sie Ihre Kollegen darin bestärken, ihren Anspruch geltend zu machen. Zudem sollten Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber dafür einsetzen, dass er den Ausgleich selbstverständlich leistet.

Achten Sie auf diese Punkte bei der Erstellung des Schichtplans

Wollen Sie gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber einen Schichtplan erstellen, gibt es vieles zu bedenken. Die folgenden 3 Punkte sollten dabei in Ihrem Fokus sein:

1. Die tägliche Arbeitszeit sollte 8 Stunden nicht überschreiten.

2. Der Schichtplan sollte – wenn Schichtarbeit tatsächlich notwendig ist – möglichst auf Wechselschichten basieren. Diese sind dadurch geprägt, dass Ihre Schichtdienst leistenden Kolleginnen und Kollegen in allen Schichten eingesetzt werden. Denn der Wechsel der einzelnen Schichten ist für die meisten Arbeitnehmer weniger gesundheitsschädigend als die Dauernachtschicht. Gerade ältere Arbeitnehmer profitieren von Frühschichten.

3. Bei Nacht- und Wechselschichten sollten auf die Arbeitstage mehrere freie Tage zur Erholung folgen. Je nachdem, ob Ihre Kollegen 5 oder 7 Tage am Stück in einer Schicht eingesetzt werden, sollten mindestens 4 oder 5 freie Tage auf die Nachtschicht folgen. Das hat dann den Vorteil, dass die Kollegen sich wirklich regenerieren und zurück in den Tagrhythmus finden können.

Checkliste: Das sind Ihre Mitbestimmungsrechte bei der Schicht- und Nachtarbeit

  • Soll das in Ihrem Betrieb bestehende Schichtsystem ausgeweitet werden?
  • Kommt es zu Änderungen des bestehenden Schichtplans?
  • Soll ein neuer Schichtplan aufgestellt werden, aus dem sich ergibt, welche Arbeitnehmer wann arbeiten?
  • Soll die Schichtarbeit eingeschränkt oder ausgeweitet werden?
  • Denkt Ihr Arbeitgeber an eine Ausgestaltung des Schichtsystems bis hin zu der Frage, in wie viele Schichten die Belegschaft aufzuteilen ist?
  • Soll eine im Schichtplan bereits berücksichtigte Schicht wieder abgesagt werden?
  • Soll festgelegt werden, wann die einzelnen Schichten beginnen oder enden?
  • Sollen allgemeine Grundsätze über die Aufstellung von Schichtplänen festgelegt werden?

Bei allen Fragen, die Sie mit Ja beantworten, sind Sie zu beteiligen.

© 04/2018 VNR AG

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