Unternehmen müssen sich heute schneller denn je neuen Gegebenheiten anpassen. Natürlich geht es dabei auch immer darum, Prozesse nicht nur zu verändern, sondern vielmehr zu verbessern. Dazu ist ihr Arbeitgeber auf Ihre Kolleginnen und Kollegen in der Belegschaft angewiesen. Schließlich kennen Kollegen, die einzelne Prozesse umsetzen, diese viel besser als alle anderen. Sie können deshalb das Verbesserungspotenzial schneller erkennen.
Fragen, die in diesem Zusammenhang auftreten, wie „Wo können wir Kosten sparen?“, „Wie lassen sich Abläufe straffen?“ und „Wo bestehen Optimierungsmöglichkeiten?“, sollen im Rahmen eines betrieblichen Vorschlags- und Verbesserungswesens von den Kollegen beantwortet werden.
Einfache Maßnahmen zeigen häufig große Wirkung
Ihre Kolleginnen und Kollegen sind in der Regel näher an den Arbeitsabläufen dran als Sie und Ihr Arbeitgeber. Da sie meist täglich mit bestimmten Abläufen beschäftigt sind, fällt ihnen oft schneller auf, wie Kosten eingespart und die Produktivität und Qualität gesteigert werden können.
Häufig könnten durch einfache Maßnahmen die betrieblichen Abläufe im Unternehmen vereinfacht und verbessert werden. Und Ihr Arbeitgeber könnte durch die Umsetzung eines Verbesserungsvorschlags viel Geld sparen.
Verbesserungsvorschläge honorieren
Nicht immer machen Ihre Kollegen allerdings von sich aus Vorschläge, wie Prozesse optimiert werden können. Deshalb sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Arbeitgeber einen Anreiz schaffen. Zudem sollten Sie dafür sorgen, dass ein Kollege, der einen guten Verbesserungsvorschlag macht, ein angemessenes Honorar dafür erhält. Das können Sie am besten in einer Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen verwirklichen.
Ihre Mitbestimmungsmöglichkeiten
Ihr Mitbestimmungsrecht in § 87 Abs. 1 Nr. 12 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erstreckt sich auf die Einführung und Aufhebung sowie die Ausgestaltung von Grundsätzen über das betriebliche Vorschlagswesen. Sie können deshalb mitreden, wenn es darum geht festzulegen, nach welchen Grundsätzen und Methoden eine Prämie gezahlt werden soll und auf welche Weise der Nutzen eines Verbesserungsvorschlags zu ermitteln ist. Ihr Mitbestimmungsrecht ist erzwingbar. Sie können deshalb von Ihrem Arbeitgeber auch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verlangen.
Tipp: Betriebsvereinbarung schließen
Ziel des betrieblichen Vorschlagswesens
Das betriebliche Vorschlagswesen unterstützt den kontinuierlichen Verbesserungsprozess im Unternehmen. Sie und Ihre Kollegen sollen mitdenken, Optimierungsbedarf erkennen und diesen kommunizieren.
Es geht dabei aber nicht nur um Vorschläge, die mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage einhergehen. Unabhängig von einer möglichen Steigerung der Produktivität sollen vielmehr auch die Fähigkeiten einzelner Arbeitnehmer oder einer Gruppe entwickelt werden. Ziel ist also auch die Förderung der Persönlichkeit einzelner Kollegen (§ 75 Abs. 2 BetrVG).
Bevor Sie als Betriebsrat mit Ihrem Arbeitgeber die Einzelheiten einer Regelung verhandeln, sollten Sie sich grundsätzlich darüber einig werden, ob Sie ein ständiges Vorschlagssystem einrichten wollen. Alternativ könnten Sie sich auch auf einen Ideenwettbewerb konzentrieren.
Ein Ideenwettbewerb ist sinnvoll, wenn Sie und Ihr Arbeitgeber bereits Verbesserungsbedarf in einem Bereich erkannt haben, es aber bislang noch an einer Lösung fehlt, den Prozess oder Ähnliches tatsächlich zu optimieren. In den meisten Fällen bietet sich in den Betrieben aber ein kontinuierliches Verbesserungssystem an.
Prozesse hinterfragen
Viele Arbeitgeber stehen einer Regelung zum betrieblichen Vorschlagswesen kritisch gegenüber. Sie fürchten Aufwand und Kosten und sehen die Vorteile nicht, die sie aus einer entsprechenden Förderung ziehen können.
Dabei liegt die Förderung des betrieblichen Vorschlagswesens auch in ihrem Interesse. Wer das betriebliche Vorschlagswesen mit dem Ziel nutzt, die Abläufe in seinem Betrieb kritisch zu hinterfragen, verbessert die Prozesse in der Regel schneller. Wenn Ihr Arbeitgeber zudem etwaige Hinweise der direkt Betroffenen aufnimmt, hat er gute Chancen, die Abläufe nachhaltig zu verbessern.
Außerdem profitiert er letztlich davon, weil ein solches System stets dafür sorgt, dass das Bewusstsein aller Arbeitnehmer für betriebliche Abläufe geschärft wird. Das führt meist gleichzeitig dazu, dass Ihr Arbeitgeber in der Belegschaft mehr Verständnis für notwendige technische und organisatorische Entwicklungen und damit einhergehende Änderungen schafft.
Diese Vorschläge sind erfasst
Das betriebliche Vorschlagswesen bezieht sich auf Verbesserungsvorschläge. Es geht also um Ideen und Vorschläge von Ihnen und Ihren Kollegen aus der Belegschaft, die nach Ihrem bzw. dem Dafürhalten des entsprechenden Arbeitnehmers zur Vereinfachung oder Beschleunigung von Arbeitsvorgängen beitragen. Verbesserungsvorschläge in diesem Sinn können z. B. die Einrichtung von Arbeitskreisen betreffen.
Beispiel: Arbeitgeber bildet Arbeitskreis
Der Arbeitgeber möchte einen Arbeitskreis bestehend aus Beschäftigten verschiedener Bereiche und Abteilungen bilden, um die Abläufe und die Kommunikation untereinander zu erleichtern. Dem Arbeitskreis steht ein neutraler Moderator vor.
Ein Verbesserungsvorschlag im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG liegt zudem nur vor, wenn der Vorschlag auf eine Änderungen bzw. Neuerung eines bereits vorhandenen Zustands in Ihrem Betrieb abzielt. Das setzt voraus, dass der Kollege, der einen Vorschlag unterbreitet, nicht nur sagt, was verbesserungswürdig ist, sondern gleichzeitig anregt, wie man die Verbesserung durchführen könnte. Der Vorschlag muss also eine zusätzliche Leistung beinhalten.
! WICHTIG: Erfindungen sind nicht erfasst
Erfindungen stellen zwar eine zusätzliche Leistung dar, fallen aber dennoch nicht unter das Vorschlagswesen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG. Da sie in der Regel patentmusterfähig sind, gilt für sie das Arbeitnehmererfindungsgesetz. Insoweit sind Sie nicht mitbestimmungsberechtigt.
Worauf Sie beim Abschluss einer Vereinbarung achten sollten
Sind Sie mit Ihrem Arbeitgeber übereingekommen, gemeinsam Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen festzulegen, wird ein Schwerpunkt der Verhandlungen sein, sich darauf zu einigen, wie die Prüfung der eingereichten Vorschläge vorzunehmen ist. Dabei wird es maßgeblich darum gehen, welche Bewertungsmethoden Anwendung finden sollen und wie bei Streitigkeiten vorzugehen ist.
In der Regel einigen sich Arbeitgeber und Betriebsrat insoweit auf eine paritätisch besetzte Kommission. Die Mitglieder dieses Ausschusses beurteilen dann in solchen Fällen meist per Mehrheitsentscheidung verbindlich, ob ein Verbesserungsvorschlag die in der Vereinbarung zuvor festgelegten Kriterien beinhaltet und entsprechend umzusetzen und zu vergüten ist.
Vorteil einer solchen Lösung ist, dass Sie als Betriebsrat im Zweifel gut Einfluss nehmen können. Zudem sind etwaige Mehrheitsentscheidungen der Kommission nur noch auf grobe Verstöße überprüfbar.
Tipp: Genaue Regeln festlegen
Ihr Arbeitgeber kann allein entscheiden, ob er einen Verbesserungsvorschlag prämieren möchte. Insoweit handelt es sich um eine mitbestimmungsfreie unternehmerische Entscheidung.
Gehen Sie als Betriebsrat deshalb diplomatisch vor. Überzeugen Sie Ihren Arbeitgeber mit guten Argumenten. Führen Sie ihm die Vorteile vor Augen, die sich für ihn aus einem solchen System ergeben.
Dass die Durchsetzung der Zahlung einer Prämie für einen Verbesserungsvorschlag nicht immer einfach ist, geht auch aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hervor (16.12.2014, Az. 9 AZR 431/13). In dem Urteil hielt das Gericht den Anspruch auf eine für einen Verbesserungsvorschlag geforderte Prämie nicht für gegeben.
Problematisch war insoweit, dass die Arbeitnehmer den Anspruch aus einer anderen (älteren) Betriebsvereinbarung herleiteten als der Arbeitgeber. Das Gericht stellte in diesem Zusammenhang auch klar, dass im Zweifel die jüngere Betriebsvereinbarung gelte. Hier waren die Ansprüche allerdings zum Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verjährt.
Was Sie noch in der Betriebsvereinbarung regeln sollten
Um unnötige Auseinandersetzungen – auch innerhalb der paritätisch besetzten Kommission – zu vermeiden, sollten Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber ausdrücklich darauf einigen, was als Verbesserungsvorschlag zu bewerten ist. Denn ohne eine konkrete Festlegung sind Streitigkeiten vorprogrammiert.
Bereiche festlegen
Legen Sie außerdem detailliert fest, für welche Gebiete Verbesserungsvorschläge eingereicht werden können. Dann kann Ihr Arbeitgeber später nicht behaupten, dass ein Verbesserungsvorschlag von der Prämierung auszuschließen ist, weil er für einen Bereich vorgenommen wurde, den er nicht für prämienwürdig erachtet.
Regelungen zur Prämierung
Wie bei anderen betrieblichen Lohnangelegenheiten (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) erstreckt sich Ihr Mitbestimmungsrecht als Betriebsrat zudem auf die Aufstellung von Grundsätzen und Methoden, nach denen die Vergütung zu bemessen ist. Ihre diesbezüglichen Mitbestimmungsrechte sind allerdings beschränkt auf die Frage, nach welchen Kriterien die freiwillige Leistung an Sie und Ihre Kollegen verteilt wird.
Kein Mitbestimmungsrecht steht Ihnen auch hier hinsichtlich der Höhe der Prämie im Einzelfall zu. Treffen Sie im Hinblick auf die Prämierung zudem eine Regelung, wie mit Gruppenvorschlägen umzugehen ist.
Einigungsstelle entscheidet verbindlich Können Sie sich nicht mit Ihrem Arbeitgeber einigen, dann können Sie oder auch Ihr Arbeitgeber die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet – wie bei allen Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung – verbindlich. Verstößt Ihr Arbeitgeber gegen den Spruch der Einigungsstelle und entscheidet er, ohne Sie zu beteiligen, können Sie einen Unterlassungsanspruch geltend machen (§ 23 Abs. 3 BetrVG).
Checkliste: Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Vorschlagswesen
- Wurden in der Präambel der Vereinbarung die Ziele des Unternehmens und die Interessen der Beschäftigten geklärt?
- Wurden die teilnahmeberechtigten Betriebsteile festgelegt?
- Wurde definiert, wer von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern teilnahmeberechtigt ist?
- Wurde definiert, was als Verbesserungsvorschlag anzusehen ist?
- Ist der Umgang mit Gruppenvorschlägen geregelt?
- Wurde geklärt, wie mit schutzfähigen Verbesserungsvorschlägen der Arbeitnehmer nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz umgegangen werden soll?
- Wurden formale Anforderungen an das Verfahren geklärt?
- Ist die Abwicklung des Verfahrens geregelt?
- Sind Grundsätze zur paritätisch besetzten Kommission aufgeführt?
- Haben Sie Regelung zu den Prämien getroffen?
- Wurde ausdrücklich geklärt, zu welchem Zeitpunkt, die Prämien auszuzahlen sind?
- Wurde geklärt, wann die Betriebsvereinbarung in Kraft tritt?
- Wurden Regelungen dazu getroffen, wie die Betriebsvereinbarung im Zweifel gekündigt werden kann?
Können Sie alle Fragen mit Ja beantworten, beinhaltet Ihre Betriebsvereinbarung die wesentlichen Punkte.
© 01/2020 VNR AG

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