Um zu verhindern, dass es in einem neu zusammengesetzten Betriebsratsgremium Unklarheiten darüber gibt, wer welche Aufgaben übernimmt bzw. für was zuständig ist, ist es sinnvoll, sich auf eine Geschäftsordnung zu einigen. Von einer durchdachten Geschäftsordnung kann der Betriebsrat nur profitieren. Die folgenden Tipps unterstützen Sie bei der Erstellung Ihrer Geschäftsordnung.
Tipp:
Geschäftsordnung strukturiert Ihre Arbeit
Eine Geschäftsordnung ist ein Regelwerk, das den Arbeitsalltag des Betriebsrats strukturiert und die Zuständigkeiten für einzelne Aufgaben regelt. Sie sind als Betriebsrat grundsätzlich nicht verpflichtet, sich eine Geschäftsordnung zu geben. Schließlich ist in § 36 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) festgehalten, dass sich der Betriebsrat eine Geschäftsordnung geben „soll“.
Allerdings ist es sinnvoll, da die Geschäftsordnung Ihnen meist den Arbeitsalltag erleichtert, z. B. wenn Sie genau regeln, wie Sie vorgehen, wenn ein Ersatzmitglied einzuladen ist. Zudem kann sie Ihr Gremium vor Fehlern bewahren. Und sie verschafft Ihnen Transparenz und Rechtssicherheit.
! ACHTUNG: Absolute Mehrheit notwendig
Entscheiden Sie sich für eine Geschäftsordnung, ist diese schriftlich niederzulegen. Zudem ist darüber ein Betriebsratsbeschluss zu fassen. Dieser muss mit absoluter Mehrheit gefasst werden, das heißt, mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten muss zustimmen.
Eine weitere Voraussetzung ist, dass dieser Mehrheitsbeschluss in Ihrer ersten – auf die konstituierende Sitzung folgenden – Sitzung verabschiedet wird. Wie bei jedem anderen Betriebsratsbeschluss sind auch hier eine ordnungsgemäße Einladung an alle Mitglieder bzw. im Fall der Verhinderung an die Ersatzmitglieder und eine rechtzeitige Mitteilung über die Tagesordnung Voraussetzung.
Änderungen erfordern einen Beschluss
Als Betriebsrat können Sie eine einmal erstellte Geschäftsordnung jederzeit ändern. Gleiches gilt für die Geschäftsordnung, die Sie von Ihren Vorgängern übernehmen. Jegliche Änderungen setzen allerdings wiederum einen mit absoluter Mehrheit gefassten Beschluss voraus.
Diesen Inhalt sollte Ihre Geschäftsordnung haben
Hinsichtlich des Inhalts Ihrer Geschäftsordnung gibt das BetrVG einen Rahmen vor. Und zwar in den §§ 26 bis 41 BetrVG.
! WICHTIG: Gesetzliche Regelung nicht abschließend
Dieser Rahmen ist nicht abschließend. Sie können noch mehr Regelungspunkte in die Geschäftsordnung aufnehmen oder auch weniger. Das wird letztlich davon abhängen, welche Themen speziell in Ihrem Unternehmen sachdienlich sind.
Tipp:
Gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Bevor Sie die Geschäftsordnung verfassen, prüfen und konkretisieren Sie folgende Punkte:
- welche Aufgaben, Pflichten und Kompetenzen der Betriebsratsvorsitzende und sein Stellvertreter haben (§ 26 BetrVG),
- was der Betriebsausschuss darf und was nicht (§ 27 BetrVG),
- was die Ausschüsse dürfen (§ 28 BetrVG),
- was Ihren freigestellten Kollegen (§ 38 BetrVG) erlaubt ist,
- was die weiteren Mitglieder des Betriebsrats dürfen,
- zu welchem Zeitpunkt und an welchem Ort die regelmäßigen Betriebsratssitzungen stattfinden sollen,
- welche Regelungen im Hinblick auf die Protokollführung zu beachten sind,
- welche Spielregeln gelten sollen, wenn an den Sitzungen Personen teilnehmen, die nicht dem Betriebsrat angehören,
- welche Regelungen für Reden gelten,
- welche Verschwiegenheitspflichten zu beachten sind,
- welche Abstimmungsregeln und
- welche Bestimmungen für Betriebsversammlungen gelten.
Tipp:
Definieren Sie diese Begriffe
Definieren Sie im Zusammenhang mit Ihrer
Geschäftsordnung folgende Begriffe:
- laufende Geschäfte (§ 27 BetrVG),
- Betriebsratssitzung (§ 29 BetrVG),
- Betriebsversammlung (§ 42 BetrVG).
Die Begriffe sollten Sie möglichst konkret und unmissverständlich definieren und erläutern. Denn alle Beteiligten müssen im Detail genau wissen, worum es geht.
Diese Wirkungen hat eine Geschäftsordnung
Eine Geschäftsordnung gilt stets nur intern, also nur für Ihr Gremium. Weder Kollegen aus der Belegschaft noch Ihrem Arbeitgeber können durch eine solche Geschäftsordnung Pflichten auferlegt werden.
! WICHTIG: Keine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen möglich
Sie als Betriebsrat können mit den festgelegten Regelungen keine gesetzlichen Bestimmungen abändern. Sie können die Vorgaben lediglich näher ausgestalten. Das heißt: Da die §§ 26 bis 41 BetrVG zum Teil zwingenden Charakter haben, dürfen Sie in der Geschäftsordnung nicht von diesen Vorschriften abweichen.
Beispiel für zwingende Regelungen
Zwingend ist die Bildung eines Betriebsausschusses in einem 9- und mehrköpfigen Betriebsrat (§ 27 Abs. 1 BetrVG).
Tipp:
Punkte trotzdem aufnehmen
Ich empfehle Ihnen, die zwingenden Regelungen trotzdem aufzunehmen. Und zwar weil Sie mit Ihrer Geschäftsordnung Struktur und Klarheit schaffen wollen. Durch eine umfassende Geschäftsordnung unterstützen Sie vor allem neue Kollegen im Gremium. Verstößt einer Ihrer Gremiumskollegen bewusst oder wiederholt gegen die Geschäftsordnung, ist das eine grobe Pflichtverletzung. Diese kann mit dem Ausschluss aus dem Betriebsrat geahndet werden.
Tipp:
Ausschüsse einbeziehen
Für einen Betriebsausschuss oder Ausschüsse des Betriebsrats gelten die Regelungen über die Geschäftsordnung analog. Auch diese sollten sich eine Geschäftsordnung geben. Alternativ können Sie die Geschäftsordnung für die Ausschüsse gleich mitbeschließen. Das würde ich empfehlen.
Ihren Arbeitgeber müssen Sie nicht informieren
Steht Ihre Geschäftsordnung, sollten Sie Ihren Kollegen aus dem Gremium und Ihren Ersatzmitgliedern je ein Exemplar aushändigen. Ihrem Arbeitgeber gegenüber treffen Sie keine Informationspflichten. Dennoch empfehle ich Ihnen, zumindest darüber nachzudenken. Denn enthält Ihre Geschäftsordnung Regelungen zu Teilen, die auch ihn betreffen (z. B. Beauftragung des Betriebsausschusses), ist es gut und richtig, wenn Sie alle auf dem gleichen Stand der Dinge sind.
Muster: Geschäftsordnung
Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung vom … folgende Geschäftsordnung beschlossen:
§ 1 Betriebsratssitzungen
Der Betriebsrat tritt 14-täglich zu seiner Sitzung zusammen. Falls notwendig, kann der Betriebsratsvorsitzende zusätzliche außerordentliche Betriebsratssitzungen ansetzen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn ¼ der Betriebsratsmitglieder, die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oder der Arbeitgeber die Einberufung einer Sitzung verlangen. Eine solche Betriebsratssitzung muss innerhalb von 3 Tagen nach der Antragstellung einberufen werden.
§ 2 Einladung zur Betriebsratssitzung
Die Einladung zu den 2-wöchentlichen Betriebsratssitzungen hat spätestens 3 Tage vor der Sitzung zu erfolgen. Die Tagesordnung ist bekannt zu geben. Auch durch eine Einladung per E-Mail ist die Schriftform gewahrt. Bei der Einladung zu einer außerordentlichen Betriebsratssitzung ist auch eine kurzfristige Einladung zulässig. Die Frist muss den Umständen entsprechend angemessen sein.
Die JAV , die Schwerbehindertenvertretung und der Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft sind zu jeder Sitzung einzuladen.
Der Arbeitgeber bzw. einer seiner Stellvertreter nimmt an der Sitzung nur teil, wenn diese auf seinen Antrag hin einberufen wurde. Gleiches gilt, wenn der Betriebsratsvorsitzende den Arbeitgeber zu einem oder mehreren bestimmten Tagesordnungspunkten eingeladen hat. Ist ein Betriebsratsmitglied, ein geladenes Ersatzmitglied, der Vertreter der JAV oder die Schwerbehindertenvertretung verhindert, muss dies dem Betriebsratsvorsitzenden unverzüglich mitgeteilt werden. Bei der Verhinderung von Mitgliedern des Betriebsrats wird ein Ersatzmitglied geladen.
Soll in einer Betriebsratssitzung ein betroffener oder sachverständiger Arbeitnehmer aus der Belegschaft gehört werden, wird der Betriebsratsvorsitzende dies mit dem Arbeitgeber abklären. Der Arbeitnehmer wird in diesem Fall für die Dauer seiner Anhörung von der Arbeit unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt.
§ 3 Tagesordnung der Betriebsratssitzung
Der Betriebsratsvorsitzende schlägt zu jeder Betriebsratssitzung eine Tagesordnung vor. Anträge zur Tagesordnung können von jedem Betriebsratsmitglied, der JAV und der Vertrauensperson der Schwerbehinderten gestellt werden. Sämtliche Anträge sollten möglichst 4 Werktage vor der Sitzung schriftlich (E-Mail reicht) eingereicht werden. In einem begründeten Eilfall kann ein Antrag auch zu Beginn einer Sitzung mündlich gestellt werden. Über etwaige Änderungen der vorgelegten Tagesordnung wird zu Beginn einer Sitzung abgestimmt.
Die Tagesordnung benennt sämtliche Themen konkret. Der Betriebsratsvorsitzende stellt eventuell vorhandenes Informationsmaterial allen Mitgliedern des Betriebsrats rechtzeitig zur Verfügung.
§ 4 Ablauf der Sitzung
Die Sitzung wird vom Betriebsratsvorsitzenden, im Fall seiner Verhinderung von dessen Vertreter, geleitet. Zu Beginn jeder Sitzung wird eine Anwesenheitsliste erstellt und die Beschlussfähigkeit festgestellt. Im Anschluss ist über Anträge oder Ergänzung des Protokolls der vorangegangenen Sitzung abzustimmen. Zu jedem Beratungsthema wird vom Vorsitzenden oder einem sachkundigen Betriebsratsmitglied eine kurze Einführung gegeben. Ergebnisse und Diskussionen sollen zusammengefasst werden.
§ 5 Beschlussfassung des Betriebsrats
Vor der Beschlussfassung wird der Wortlaut der Anträge formuliert. Abstimmungen erfolgen grundsätzlich offen durch Handheben. Geheime Abstimmungen werden nur durchgeführt, wenn ein Mitglied des Betriebsrats dies beantragt und das übrige Gremium dem mit einfacher Mehrheit zugestimmt hat. In Anwesenheit des Arbeitgebers bzw. seines Stellvertreters werden keine Abstimmungen durchgeführt.
§ 6 Protokoll
Das Protokoll enthält eine Kurzbeschreibung sowie eine Zusammenfassung der Meinungen zum jeweiligen Thema inklusive des Abstimmungsergebnisses. Zudem werden im Protokoll etwaige Arbeitsaufträge an Betriebsratsmitglieder festgehalten.
§ 7 Betriebsratsvorsitzender
Der Betriebsratsvorsitzende führt die laufenden Geschäfte des Gremiums. Das heißt: Er erledigt den Schriftverkehr, organisiert das Betriebsratsbüro, bereitet die Betriebsratssitzungen vor und koordiniert die Betriebsratsarbeit. Der Betriebsratsvorsitzende vertritt den Betriebsrat zudem nach außen hin.
§ 8 Zuständigkeiten
Der Betriebsrat teilt jedem seiner Mitglieder eine Aufgabe zu. Jedes Betriebsratsmitglied, dem eine besondere Aufgabe übertragen wurde, ist verpflichtet, über diese Arbeit zu berichten.
§ 9 Inkrafttreten der Geschäftsordnung
Die Geschäftsordnung tritt am … in Kraft und gilt für diese Amtsperiode. Sie kann zudem jederzeit durch Beschluss des Betriebsrats mit absoluter Mehrheit der Stimmen der Betriebsratsmitglieder geändert werden.
Ort, Datum, Unterschrift
© 05/2018 VNR AG
 
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