Eingruppierungen: So unterstützen Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen optimal

23. November 2019

Als Betriebsrat haben Sie bei Ein- und Umgruppierungen ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. In der Praxis müssen Sie allerdings dennoch häufig zahlreiche Hürden nehmen. So werden z. B. immer wieder Vorbeschäftigungszeiten nicht berücksichtigt. Und zwar selbst dann, wenn sie im eigenen Unternehmen bzw. im Unternehmensverbund Ihres Arbeitgebers entstanden sind.

Lesen Sie deshalb im Folgenden, wie Sie mitbestimmen und wie Sie Ihre Kolleginnen und Kollegen in Ein- und Umgruppierungsfällen optimal unterstützen.

Hier reden Sie mit

Als Betriebsrat bestimmen Sie bei Ein- und Umgruppierungen nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) mit, wenn Ihr Arbeitgeber mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Für Sie kommt es dabei maßgeblich darauf an, dass die individuelle Ein- oder Umgruppierung richtig vorgenommen wurde bzw. ob eine höhere Eingruppierung möglich ist.

Eine Eingruppierung ist jede Einstufung in eine bestimmte für den jeweiligen Kollegen maßgebende Lohn- oder Gehaltsgruppe. Von einer Umgruppierung spricht man, wenn ein Kollege von einer Entgeltgruppe in eine andere wechseln soll.

Wie eingestuft werden muss

In welche Entgeltgruppe ein Mitarbeiter eingestuft werden muss, ergibt sich aus der Entgeltordnung, also entweder aus dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus einer betrieblich festgelegten Entgeltordnung. In der Entgeltordnung sind verschiedene Stufen genannt, in die ein Mitarbeiter eingruppiert werden kann. Jeder Gruppe sind Tätigkeitsmerkmale zugeordnet. Je nachdem, welche Tätigkeit der Arbeitnehmer ausübt, wird er also eingestuft.

! ACHTUNG: Frühzeitige Information ist wichtig

Ihr Mitbestimmungsrecht können Sie nur dann effektiv wahrnehmen, wenn Ihr Arbeitgeber Sie umfassend und rechtzeitig über die geplante Eingruppierung informiert. Sie müssen zudem Gelegenheit haben, eine Stellungnahme abzugeben und Ihre Zustimmung oder Zustimmungsverweigerung zu erklären.

■     Rechtzeitig heißt dabei vor der Eingruppierung. Sie müssen noch Gelegenheit haben, einer Eingruppierung zu widersprechen.

■     Umfassend heißt, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen so viele Informationen vorlegen muss, dass Sie Ihr Mitbestimmungsrecht ohne Rückfragen ausüben können.

Diese Informationen benötigen Sie

■         Namen des Kollegen

■         Tätigkeit des Kollegen

■         Stellenbeschreibung

■         die im Betrieb geltende Entgeltordnung

■         Gründe für die Notwendigkeit der Umgruppierung

Überzeugen Sie Ihren Arbeitgeber davon, dass er mit einer objektiv richtigen sowie umfassenden Information und Begründung dafür sorgt, dass Sie Ihre Zustimmung zur beabsichtigten Eingruppierung schneller erteilen können.

Wenn Sie einer Ein- oder Umgruppierung nicht zustimmen wollen

Halten Sie eine Entscheidung Ihres Arbeitgebers zu einer Ein- oder Umgruppierungsmaßnahme für richtig, werden Sie zustimmen. Anders sieht es aus, wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr Arbeitgeber eine Maßnahme fehlerhaft plant. Ist einer der Fälle des § 99 Abs. 2 BetrVG gegeben, können Sie die Zustimmung verweigern.

Folgende Zustimmungsverweigerungsgründe sind anerkannt

■     Verstoß gegen ein Gesetz: Die personelle Maßnahme verstößt gegen ein Gesetz, eine Unfallverhütungsvorschrift, gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung, gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung.

■     Verstoß gegen eine Richtlinie: Die personelle Maßnahme verstößt gegen eine Richtlinie nach § 95 BetrVG.

Bedenken Sie im Hinblick auf § 99 Abs. 2 BetrVG stets die Anwendbarkeit. Denn die Vorschrift nennt zwar noch mehr Zustimmungsverweigerungsgründe; diese sind auf die Einund Umgruppierung aber nicht anwendbar. Sie können sich deshalb nur auf die zuvor genannten berufen.

Zustimmungsverweigerung: Denken Sie an Folgendes

Möchten Sie als Betriebsrat die Zustimmung zu einer geplanten Ein- oder Umgruppierung verweigern, ist die Zustimmungsverweigerung Ihrem Arbeitgeber unter Angabe des Verweigerungsgrunds schriftlich mitzuteilen. Er hat dann allerdings wie bei der Einstellung und Versetzung die Möglichkeit, die fehlende Zustimmung gerichtlich ersetzen zu lassen.

Nach § 99 Abs. 3 BetrVG müssen Sie Ihrem Arbeitgeber Ihre Entscheidung zwingend binnen einer Woche nach Einleitung des Zustimmungsverfahrens schriftlich mitteilen. Lassen Sie diese Frist verstreichen, gilt Ihre Zustimmung als erteilt.

Tipp: 

Hier beginnt keine Frist

Hat Ihr Arbeitgeber Sie nicht umfassend und rechtzeitig informiert, dann läuft die Wochenfrist nicht an! Damit Sie hier im Fall einer Auseinandersetzung nicht schlecht dastehen, sollten Sie das auf jeden Fall schriftlich festhalten.

Muster-Schreiben: Mangelnde Information

An den Arbeitgeber

Sehr geehrte Frau …, / Sehr geehrter Herr …,

am … teilten Sie uns mit, dass Sie beabsichtigen, Herrn … an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, verbunden mit einer Umgruppierung.

Leider haben Sie uns als Betriebsrat nicht mitgeteilt, ab wann die Umgruppierung/Versetzung greifen und auf welcher Stelle Herr … zukünftig arbeiten soll.

Diese Informationen müssten Sie uns bitte bis zum … (Frist) nachliefern. Zudem weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass die Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG noch nicht zu laufen begonnen hat. Ursache dafür ist, dass Sie Ihrer Informationspflicht nicht vollumfänglich nachgekommen sind.

Freundliche Grüße

Unterschrift Betriebsvorsitzende(r)

Eile ist geboten

Unterrichtet Ihr Arbeitgeber Sie über eine geplante Maßnahme, sollten Sie immer sofort eine Betriebsratssitzung einberufen. In dieser erörtern Sie die Maßnahmen zunächst aus Ihrer Sicht. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, sollten Sie auch den Betroffenen bzw. andere von der Maßnahme tangierte Kollegen zu der Angelegenheit hören.

Im Anschluss entscheiden Sie über die geplante Maßnahme per Beschluss. Kommen Sie zu dem Ergebnis, dass Sie Ihre Zustimmung verweigern wollen, müssen Sie dies natürlich auch formulieren. Dabei reicht es nicht, wenn Sie nur den Gesetzestext des § 99 Abs. 2 BetrVG abschreiben. Sie sind vielmehr verpflichtet, in eigenen Worten zu begründen, warum Sie Ihre Zustimmung nicht erteilen möchten.

Es kommt dabei nicht darauf an, ob Ihre Einschätzung rechtlich richtig ist. Maßgeblich ist vielmehr lediglich, dass Sie eine nachvollziehbare Begründung liefern. Nur eine offensichtlich unsinnige Begründung wäre für Ihren Arbeitgeber unbeachtlich.

! ACHTUNG: Arbeitgeber kann Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen

Bei einer Zustimmungsverweigerung kann Ihr Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung Ihrer Zustimmung einleiten (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Gewinnt er vor Gericht, kann er seine Maßnahme wie geplant umsetzen. Unterliegt er, muss er seine Maßnahme überdenken und verbessern. Im Anschluss muss er Sie als Betriebsrat erneut anhören.

Wenn Sie nicht beteiligt wurden

Hat Ihr Arbeitgeber Sie als Betriebsrat bei einer Ein- oder Umgruppierung nicht beteiligt, können Sie beantragen, dass diese aufgehoben wird.

Ausnahmen bestätigen die Regel

In der betrieblichen Praxis können für bestimmte Personengruppen gerade bei Eingruppierungen Ausnahmen und Besonderheiten gelten. So z. B. für außertariflich Angestellte, befristet beschäftigte Arbeitnehmer, geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer, die vorübergehend niedriger eingruppiert werden.

Außertariflich Angestellte: Unter außertariflich Angestellten sind solche Mitarbeiter zu verstehen, die einen Aufgaben- und Verantwortungsbereich mit höheren Anforderungen innehaben, als in der höchsten Vergütungsgruppe eines einschlägigen Tarifvertrags verlangt wird. Hinzu kommen die Kollegen des Unternehmens, die wegen der Andersartigkeit ihrer Tätigkeit nicht in den fachlichen Geltungsbereich eines Tarifvertrags passen. Unterliegen die außertariflich Angestellten einer betrieblichen Gehaltsgruppenregelung, sind Sie zu beteiligen nach § 99 Abs. 1 BetrVG.

Befristet Beschäftigte und Weiterbeschäftigung: Schließt sich unmittelbar an ein befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres Beschäftigungsverhältnis an, wird eine erneute Eingruppierung nach § 99 BetrVG nicht erforderlich. Dieser Ausnahmefall ist laut Bundesarbeitsgericht (BAG) aber darauf beschränkt, dass sich weder die Tätigkeit des Arbeitnehmers noch das maßgebliche Entgeltgruppenschema ändert (11.11.1997, Az. 1 ABR 29/97).

Geringfügig Beschäftigte: Bei geringfügig beschäftigten Arbeitnehmern gelten dieselben Regeln wie bei anderen Arbeitnehmern. Selbst wenn Ihr Arbeitgeber mit geringfügig beschäftigten Kollegen einen Nettolohn vereinbart, sind Sie als Betriebsrat zu beteiligen. Die geringfügige Beschäftigung ist keine besondere Kategorie einer Tätigkeit, die einer Eingruppierung entgegensteht.

Vorübergehende niedrigere Eingruppierung: Bei neuen Mitarbeitern kommt es immer wieder vor, dass sie vorübergehend in eine niedrigere Gehaltsklasse eingruppiert werden sollen. Das gilt in der Regel so lange, bis die Einarbeitung abgeschlossen ist.

Eine entsprechende Regelung wird von Arbeitgeberseite meist damit begründet, dass sie ihre Aufgaben erst dann vollwertig ausüben können. Das setzt aber voraus, dass eine entsprechende tarifvertragliche Regelung diese Besonderheit zulässt.

Zulagen: Die Entscheidung über die Gewährung einer Zulage ist als Ein- oder Umgruppierung nach § 99 BetrVG nur dann mitbestimmungspflichtig, wenn neben den für die Eingruppierung entscheidenden Tätigkeitsmerkmalen weitere Merkmale für den Anspruch auf die Zulage erfüllt sein müssen, die Zulage also eine Zwischenstufe zwischen Vergütungsgruppen darstellt. Das ist allerdings nicht der Fall, wenn die Zulage nur in angemessener Höhe für eine unspezifische Kombination von Tätigkeiten gewährt wird, deren Wertigkeit beliebig die Merkmale einer tariflichen Vergütungsgruppe übersteigt (BAG, 2.4.1996, Az. 1 ABR 50/95).

Muster-Schreiben: Mangelnde Information

An den Arbeitgeber

Ort, Datum …

Verweigerung der Zustimmung zur Umgruppierung von …

Sehr geehrte Frau …, / Sehr geehrter Herr…,

am … teilten Sie uns mit, dass Sie beabsichtigen, … (Name des Betroffenen) mit Wirkung zum … an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen, und zwar … (konkreten Arbeitsplatzwechsel darstellen). Mit dieser Maßnahme einhergehen soll eine Umgruppierung von … in die Gruppe .

Wir als Betriebsrat haben nach entsprechender Beratung im Gremium am … beschlossen, dieser Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG zu widersprechen.

In der Betriebsvereinbarung „Entgeltsystem“ vom … haben wir uns geeinigt, dass … Nach der Tätigkeitsbeschreibung müsste … (Name des Betroffenen) in die Entgeltgruppe … und nicht in Gruppe … eingruppiert werden.

Entgeltgruppe … bezieht sich auf leichtere Tätigkeiten; darin sind ausdrücklich Schreibarbeiten genannt. Allerdings übernimmt … an seinem neuen Arbeitsplatz zusätzlich zur reinen Schreibtätigkeit Verantwortung. Schließlich soll er …

Übernahme der Verantwortung als Eingruppierungsmerkmal ist bei Entgeltgruppe … genannt. Insofern ist die von Ihnen vorgenommene Umgruppierung falsch und verstößt gegen unsere Betriebsvereinbarung.

Freundliche Grüße

Unterschrift Betriebsratsvorsitzende(r)

© 11/2019 VNR AG

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