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Frage: In jedem Monatsgespräch fordern wir die Zeitsalden der Mitarbeiter aus der Zeiterfassung ab. Leider haben wir für 2023 noch keine Daten erhalten und werden immer wieder vertröstet. Wie können/sollen wir reagieren?
Antwort: In einem neueren Urteil hat das Arbeitsgericht Hamm den Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat monatlich ausgedruckte Zeiterfassungsnachweise, aus denen sich der Stand des Arbeitszeitkontos ergibt, sowie für jeden Tag der Beginn und das Ende der Arbeitszeit und Beginn und Ende der Pausen für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme der leitenden Angestellten zu überlassen (ArbG Hamm, Beschluss vom 29.5.2020, 2 BV 2/20).
Das Gericht stützt diesen Anspruch auf § 80 Abs. 1 Nummer 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat unter anderem darüber zu wachen hat, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Betriebsvereinbarungen durchgeführt und beachtet werden. In dem Unternehmen bestand eine Betriebsvereinbarung zur Gestaltung von Arbeitszeiten und zu den Modalitäten der für jeden Arbeitnehmer geführten Arbeitszeitkonten. Ohne die genannten Ausdrucke könne der Betriebsrat nicht überprüfen, ob und wie der Arbeitgeber die Verpflichtungen aus dem Arbeitszeitgesetz erfüllt. Durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.9.2022 zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes ist diese Argumentation noch gestärkt worden.
Allerdings war im Fall des Arbeitsgerichts Hamm dem Betriebsrat kein Leserecht auf die Daten der elektronischen Zeiterfassung einzuräumen. Der Arbeitgeber hatte dies abgelehnt. Aus § 80 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ergibt sich nach Ansicht des Gerichts lediglich, dass der Betriebsrat einen Anspruch auf Zurverfügungstellung von erforderlichen Unterlagen hat, nicht aber auf Einräumung eines gegebenenfalls auch anlasslos nutzbaren Lesezugriff.
Der Anspruch auf Zurverfügungstellung der Daten jedenfalls in ausgedruckter Form dürfte damit unstreitig sein. Ich würde an Ihrer Stelle den Arbeitgeber noch einmal unter Hinweis auf die Rechtsprechung (siehe oben) unter Fristsetzung auffordern, die erforderlichen Ausdrucke vorzulegen. Kommt der Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht nach, bleibt letztendlich nur der Weg über das Arbeitsgericht. Dies können Sie dem Arbeitgeber ankündigen und dabei auch darauf hinweisen, dass der Betriebsrat sich gegebenenfalls durch einen Rechtsanwalt in dem Verfahren vertreten lassen würde. Die Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen. Bevor Sie einen Rechtsanwalt beauftragen, bedarf es dazu eines entsprechenden Beschlusses des Betriebsrats.
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