Kann eine Corona-Sonderzahlung gepfändet werden?

31. August 2021

FRAGE: Eine Kollegin ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Um zur Arbeit zu gelangen, ist sie zwingend auf ein Auto angewiesen. Da ihr altes nicht mehr funktionierte, hat sie sich kürzlich einen Gebrauchtwagen gekauft. Sie verdient nur sehr wenig und konnte den Preis nicht in einer Summe zahlen. Deshalb hat sie eine Ratenzahlung vereinbart. Nun konnte sie eine Rate nicht vollständig bedienen. Deshalb wurde ihr Lohn gepfändet. Zudem ist auch ihre Corona-Sonderzahlung gepfändet worden. Ist das rechtmäßig? Wir sind bis dato davon ausgegangen, dass Sonderzahlungen nicht gepfändet werden dürfen.

UNTER DIESEN UMSTÄNDEN KANN EINE SONDERZAHLUNG UNPFÄNDBAR SEIN

ANTWORT: Sie liegen richtig in der Annahme, dass die Pfändung der Corona-Sonderzahlung im Einzelfall unwirksam sein kann. Allerdings setzt das voraus, dass einer der folgenden Fälle gegeben ist: Es müsste sich um sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) handeln. Diese Norm schützt alles, was nicht klassisches Arbeitsentgelt ist, vor Pfändung. Insoweit könnte man argumentieren, dass die Corona-Son- derzahlung eher als Beihilfe zu bewerten ist, und nicht als Arbeitslohn. Leider sieht die Rechtsprechung das anders. Sie geht davon aus, dass die Sonderzahlung Teil des Vergütungsanspruchs wird und damit grundsätzlich pfändbar bleibt.

WENN DIE SONDERZAHLUNG ALS AUFWANDSENTSCHÄDIGUNG GEZAHLT WURDE

Pfändungsfrei sind zudem Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen nach § 850a Nr. 3 ZPO. Wurde die Sonderzulage als eine der genannten Zulagen und Entschädigungen gezahlt, ist sie pfändungsfrei. Voraussetzung ist allerdings, dass bei der Zahlung klar gewesen ist, dass sie erfolgt, um z. B. die Unannehmlichkeiten einer Gefahr auszugleichen. Das ist problematisch, wenn alle Kollegen die Sonderzahlung bekommen haben.

§ 850i ZPO

Werden nicht wiederkehrend zahlbare Vergütungen für persönlich geleistete Arbeiten oder Dienste oder sonstige Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind, gepfändet, hat das Gericht dem Schuldner auf Antrag während eines angemessenen Zeitraums so viel zu belassen, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Einkommen aus laufendem Arbeits- und Dienstlohn bestünde.

! ACHTUNG: SONDERZAHLUNGEN VON PFLEGEKRÄFTEN FALLEN UNTER DIE PFÄNDUNGSFREIHEIT

Eine weitere Sonderregelung zur Pfändungsfreiheit findet sich in § 150a Abs. 8 Satz 4 Sozialgesetzbuch XI. Danach sind Corona-Prämien für Pflegekräfte unpfändbar. Sie als Betriebsrat haben jetzt zu prüfen, ob die Sonderzahlung Ihrer Kollegin unter eine dieser Regelungen fallen könnte. Wenn ja, sollte sie die Pfändungsfreiheit geltend machen. Am besten lässt sie sich dabei von einem Rechtsanwalt unterstützen.

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