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Zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres im August oder September sind – wie in den vergangenen Jahren – noch viele Ausbildungsplätze unbesetzt. Für Jugendliche und junge Erwachsene bietet das grundsätzlich die besten Chancen auf einen guten Ausbildungsplatz. Für Arbeitgeber bedeutet es, dass sie den Auszubildenden etwas bieten müssen. Vor allem sind sie mehr denn je gefordert, die Rechte der Auszubildenden zu wahren. Neben den Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes sind dabei vor allem die Regeln für das Berufsausbildungsverhältnis zu beachten.
§ 80 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG
Der Betriebsrat hat folgende allgemeine Aufgaben: 3. Anregungen von Arbeitnehmern und der Jugend- und Auszubildendenvertretung entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken […];
Sie sind verpflichtet, sich um jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende zu kümmern
Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat die Wahrung und Förderung der Interessen und Belange der Jugendlichen und der Auszubildenden zu einer besonderen Aufgabe von Ihnen als Betriebsrat gemacht (§ 80 Abs. 1 Nr. 3 und 5 BetrVG). Zudem haben Sie im Bereich der Berufsbildung umfangreiche Beteiligungsrechte.
Das ist unter Berufsbildung zu verstehen
Der Begriff Berufsbildung in §§ 96 ff. BetrVG ist weit gefasst. Darunter fallen sowohl die Aus- als auch die Weiterbildung.
▸ Ausbildung in diesem Sinne meint die Vermittlung der erforderlichen Berufserfahrung durch Ihren Arbeitgeber bzw. den bestellten Ausbilder.
▸ Die Weiterbildung von Ihnen und Ihren Kollegen erfasst in erster Linie die Fortbildung. Aber: Auch die Umschulung Ihrer Kolleginnen und Kollegen gehört dazu.
Wie Ihr Arbeitgeber Ihren Kollegen das Wissen vermittelt, spielt keine Rolle. Die von ihm getroffene Maßnahme muss lediglich berufsbezogen sein.
Achtung! Hier haben Sie ein Beratungsrecht
Bei allen Angelegenheiten, die Ihre und die Berufsbildung Ihrer Kollegen betreffen, haben Sie nur ein Beratungsrecht (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Ein echtes Mitbestimmungsrecht können Sie hingegen nicht geltend machen.
Beispiele für berufsbezogene Maßnahmen
▸ Ausbildungsmaßnahmen für Praktikanten/Volontäre
▸ betriebliche Lehrgänge und Seminare
▸ Bildungsprogramme
▸ Vorträge zu einzelnen Themen
▸ Anleitung zur Bedienung neuer Maschinen
▸ Veranstaltungen zum Zweck des Erfahrungs- und Informationsaustauschs
▸ Besuch von Messen und Kongressen
▸ Trainee-Programme für Führungskräfte
§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG
Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur gekündigt werden
1. aus einem wichtigen Grund ohne Einhalten einer Kündigungsfrist,
Bei der Durchführung betrieblicher Maßnahmen bestimmen Sie mit
Ein Mitbestimmungsrecht steht Ihnen bei allen Fragen zu, die die Durchführung betrieblicher Maßnahmen betreffen (§ 98 BetrVG). Solche Maßnahmen liegen immer dann vor, wenn Ihr Arbeitgeber die Weiterbildung veranstaltet. Voraussetzung ist zudem, dass er tatsächlich Einfluss auf den Inhalt und die Organisation der Veranstaltung nehmen kann.
Sie haben auch ein Vorschlagsrecht
Damit Sie überhaupt die Chance haben, Ihrem Arbeitgeber die richtigen Maßnahmen vorzuschlagen, können Sie von ihm verlangen, dass er den Berufsbildungsbedarf im Betrieb ermittelt (§ 96 Abs. 1 Satz 2 und 3 BetrVG). Nur wenn Sie diesen kennen, können Sie ihm passende Vorschläge unterbreiten.
Wenn Sie den Bedarf selbst ermitteln wollen
Möchten Sie den Berufsbildungsbedarf selbst ermitteln, ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, die voraussichtlichen künftigen Anforderungen an die jeweiligen Arbeitsplätze, den Personalbedarf und die dazu notwendigen Qualifikationen dem derzeitigen Istzustand im Unternehmen gegenüberzustellen. Fordern Sie die Daten an!
Ihr Arbeitgeber muss mit Ihnen beraten
Wie bereits erwähnt muss Ihr Arbeitgeber nach § 96 Abs. 1 Satz 2 BetrVG mit Ihnen alle Fragen der betrieblichen und außerbetrieblichen Berufsbildung beraten. Davon ist vor allem die Beratung über den ermittelten Bildungsbedarf und die individualrechtliche Gestaltung der Maßnahmen erfasst. Hierzu gehört auch die Vereinbarung bezüglich einer Rückzahlung der Fortbildungskosten für den Fall, dass der Kollege das Unternehmen vorzeitig verlässt.
Tipp: Fordern Sie das Gespräch
Solche Fragen muss Ihr Arbeitgeber nur mit Ihnen beraten, wenn Sie es von ihm verlangen. Fordern Sie also ein Gespräch mit ihm ein. Aus freien Stücken wird er nicht auf Sie zukommen.
Wenn ein Auszubildender bei Ihnen anfängt
Bevor ein Jugendlicher eine Ausbildung in Ihrem Betrieb startet, schließt Ihr Arbeitgeber mit ihm einen Ausbildungsvertrag, § 10 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Dabei reden Sie als Betriebsrat – wie bei allen anderen Arbeitsverträgen – nicht mit. Wie sonst auch sind Sie aber bei der Einstellung gefragt (§ 99 Abs. 1 BetrVG).
Achtung! Vereinbarung einer Probezeit möglich
Ihr Arbeitgeber und der Auszubildende können in diesem Rahmen auch eine Probezeit von mindestens einem und höchstens 3 Monaten vereinbaren (§ 20 BBiG). Diese kann sich um eventuelle Ausfallzeiten verlängern.
So kann das Ausbildungsverhältnis gekündigt werden
Während der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Gründen schriftlich gekündigt werden (§ 22 Abs. 1 und 3 BBiG). Nach Ablauf der Probezeit kann Ihr Arbeitgeber dem Azubi nur noch außerordentlich kündigen (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG).
Der Kündigungsgrund kann dabei in einem wiederholten Verstoß des Auszubildenden gegen seine Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis bestehen. (Beispiel: Ein Auszubildender schwänzt trotz Ermahnungen immer wieder den Berufsschulunterricht.) Es kann sich aber auch um Störungen aus dem Vertrauensbereich handeln, die auch bei Ihren anderen Kollegen eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würden.
Diese Kündigungsgründe hat die Rechtsprechung anerkannt
▸ Unzuverlässigkeit und mangelnde Bereitschaft zur Eingliederung in den Betrieb (z. B. wiederholte Verspätung und nicht rechtzeitige Entschuldigung für das Fernbleiben vom Berufsschulunterricht und von der betrieblichen Ausbildung)
▸ keine bzw. verspätete Vorlage der Berichtshefte
An die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses werden generell sehr strenge Maßstäbe gestellt. Dabei gilt: Je näher der Auszubildende an seinem Ziel ist, der Abschlussprüfung, desto schwieriger wird die Kündigung. Zudem verlangt die Rechtsprechung meistens die vorherige Abmahnung.
Tipp: Vorherige Anhörung ist ein Muss
Als Betriebsrat müssen Sie auch vor der Kündigung eines Auszubildenden angehört werden. Klären Sie im Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, ob es keine andere Möglichkeit gibt, den Auszubildenden weiterzubeschäftigen (Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes). Hören Sie sich zudem die Position des von der Kündigung bedrohten Auszubildenden an und lassen Sie Argumente, die für ihn sprechen, mit in Ihre Stellungnahme einfließen.
Wie Auszubildende bezahlt werden müssen
Es gibt immer wieder Arbeitgeber, die glauben, Auszubildende extrem schlecht bezahlen zu dürfen. Das geht allerdings nicht. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, Ihren jungen Kolleginnen und Kollegen eine angemessene Vergütung zu zahlen. Im Hinblick auf die aktuelle Not der Arbeitgeber, gute Auszubildende zu finden, dürfte das eigentlich gar kein Thema mehr sein. Die Praxis zeigt allerdings, dass einige Arbeitgeber auch weiterhin gern an den Kosten für die Ausbildung sparen.
Was angemessen ist, hängt von der jeweiligen Ausbildung und dem Ausbildungsjahr ab. Ihr Arbeitgeber ist verpflichtet, die Vergütung entsprechend dem Ausbildungsfortschritt mindestens einmal jährlich zu erhöhen (§ 17 Abs. 1 BBiG).
Die Regelungen zum Mindestlohn finden bis dato allerdings keine Anwendung. Setzen Sie sich dafür ein, dass das Ausbildungsgehalt in Ihrem Betrieb zumindest dem Durchschnitt entspricht.
§ 17 Abs. 1 BBiG
Ausbildende haben Auszubildenden eine angemessene Vergütung zu gewähren. Die Vergütung steigt mit fortschreitender Berufsausbildung, mindestens jährlich, an.
Ihre jungen Kollegen sollten ein breites Berufsfeld kennenlernen
Die Hauptaufgabe Ihres Arbeitgebers ist es, dafür zu sorgen, dass den Azubis während der Ausbildung ein breites berufliches Grundwissen und die Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, die sie später zur Ausübung ihrer Berufe benötigen (§§ 1 Abs. 2, 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BBiG).
Reden Sie regelmäßig mit Ihren jungen Kolleginnen und Kollegen und finden Sie heraus, ob Ihr Arbeitgeber seinen Pflichten auch tatsächlich nachkommt. Wenn Sie dabei auf Mängel stoßen, dann führen Sie ein Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber, in dem Sie ihn auffordern, seinen Aufgaben nachzukommen.
Tipp: Empfehlen Sie die Teilnahme an der Ausbildereignungsprüfung
Setzen Sie sich dafür ein, dass die in Ihrem Betrieb tätigen Ausbildenden eine erfolgreiche Teilnahme an der Ausbildereignungsprüfung nachweisen. Denn diese Personen haben sich zumindest schon einmal damit auseinandergesetzt, wie eine Ausbildung durchgeführt wird. Plädieren Sie auch dafür, dass die mit der Ausbildung beschäftigten Personen sich ständig weiterbilden.
Checkliste: Fristlose Kündigung von Auszubildenden wirksam?
- Hat Ihr Arbeitgeber schriftlich gekündigt und die Kündigung eigenhändig unterzeichnet?
- Wenn ein Bevollmächtigter kündigen soll: Ist sichergestellt, dass dem Kündigungsschreiben eine Vollmacht beigefügt ist?
- Ist die Kündigung zugestellt worden? Kann die Zustellung bewiesen werden?
- Hat Ihr Arbeitgeber berücksichtigt, dass eine außerordentliche Kündigung binnen 2 Wochen nach Kenntnis des Grundes ausgesprochen werden muss?
- Wurde der zu kündigende Auszubildende ggf. zuvor abgemahnt?
- Sind Sie als Betriebsrat angehört worden?
- Wurden Ihnen die Personaldaten mitgeteilt? Also: Name, Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Unterhaltsverpflichtungen etc.?
- Wurden Ihnen andere besondere Umstände mitgeteilt? Beispielsweise: Krankheit infolge eines Arbeitsunfalls, Schwerbehinderung oder Gleichstellung, Pflegebedürftigkeit naher Angehöriger, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, anderer Kündigungsschutz, alleinerziehend?
- Kennen Sie den Zeitpunkt der Kündigung?
- Kennen Sie die Kündigungsart sowie den Kündigungsgrund?
- Handelt es sich um einen triftigen Grund?
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