Die deutsche Lohnlandschaft steht vor bedeutsamen Veränderungen: Der Weg zum Mindestlohn 2027 ist geebnet, und Betriebsräte sollten sich bereits jetzt auf die Herausforderungen und Chancen vorbereiten. Mit der schrittweisen Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns eröffnen sich neue Handlungsfelder für die betriebliche Interessenvertretung.
Die Mindestlohnkommission hat am 27. Juni 2025 eine stufenweise Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 13,90 Euro zum 1. Januar 2026 und 14,60 Euro zum 1. Januar 2027 beschlossen. Diese Entwicklung bedeutet eine erhebliche Verbesserung für Millionen von Beschäftigten in Deutschland und stellt Betriebsräte vor neue Aufgaben.
Von den aktuellen 12,82 Euro pro Stunde steigt die gesetzliche Lohnuntergrenze bis zum Mindestlohn 2027 um insgesamt 1,78 Euro – das entspricht einer Steigerung von knapp 14 Prozent in zwei Jahren. Zunächst um 8,42 Prozent zum Januar 2026 und im Folgejahr um weitere 5,04 Prozent.
Auswirkungen des Mindestlohn 2027 auf die betriebliche Praxis
Die Erhöhung des Mindestlohns hat weitreichende Folgen, die über die reine Lohnsteigerung hinausgehen. Parallel zur Mindestlohnentwicklung steigen auch die Minijob-Grenzen: Ab Januar 2026 auf rund 602 Euro pro Monat, ab 2027 auf etwa 633 Euro. Diese Anpassung sorgt dafür, dass die zulässigen Arbeitsstunden im Minijob-Bereich konstant bleiben.
Für Betriebsräte bedeutet dies konkrete Handlungsfelder: Sie müssen die Auswirkungen auf verschiedene Beschäftigtengruppen im Blick behalten und mögliche Anpassungen in der Personalstruktur begleiten. Besonders wichtig ist die Beratung von Beschäftigten, die von Minijob- in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wechseln möchten oder müssen.
Die Lohnentwicklung kann auch Auswirkungen auf die betriebliche Tarifstruktur haben. Wenn der Mindestlohn 2027 näher an die unteren Tariflöhne heranrückt, entstehen möglicherweise Diskussionen über Lohngerechtigkeit und -abstände, bei denen Betriebsräte eine wichtige Moderatorenrolle übernehmen können.

Mitbestimmungsrechte und Überwachungsaufgaben nutzen
Als Betriebsrat verfügen Sie über wichtige Instrumente, um die Umsetzung der Mindestlohn-Erhöhungen zu begleiten. Der Betriebsrat hat die Aufgabe sicherzustellen, dass der Arbeitgeber die geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen einhält. Dazu gehört die Überwachung von Arbeitszeiten, Arbeitsbedingungen, Gehaltszahlungen und anderen relevanten Aspekten.
Während der reine Mindestlohn nicht der Mitbestimmung unterliegt, eröffnen sich bei betrieblichen Anpassungsmaßnahmen durchaus Beteiligungsrechte. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, einschließlich Vergünstigungen, Prämien und Zielvereinbarungen oder Gehaltserhöhungen, fallen unter das Mitbestimmungsrecht.
Praktische Überwachungsaufgaben umfassen:
- Kontrolle der korrekten Berechnung und Auszahlung des Mindestlohns
- Überprüfung der Arbeitszeiterfassung, um versteckte Unterschreitungen zu verhindern
- Beratung von Beschäftigten über ihre Rechte bei der Mindestlohn-Gewährung
- Begleitung von Übergängen zwischen verschiedenen Beschäftigungsformen
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales stellt umfangreiche Informationen zur Mindestlohn-Entwicklung zur Verfügung, die Betriebsräte bei ihrer Arbeit unterstützen können.
Strategien für Betriebsräte bis zum Mindestlohn 2027
Die schrittweise Erhöhung bietet Betriebsräten die Möglichkeit, sich strategisch auf die Veränderungen vorzubereiten. Bereits jetzt sollten Sie eine Bestandsaufnahme der betroffenen Beschäftigten durchführen und mögliche Auswirkungen auf die Betriebsorganisation analysieren.
Wichtige Schritte für eine erfolgreiche Begleitung:
Frühzeitige Kommunikation: Informieren Sie die Belegschaft über die kommenden Änderungen und deren Auswirkungen. Nutzen Sie Betriebsversammlungen und andere Kommunikationskanäle, um Transparenz zu schaffen.
Datenerhebung: Verschaffen Sie sich einen Überblick über die Anzahl der vom Mindestlohn betroffenen Beschäftigten und deren Verteilung auf verschiedene Bereiche und Beschäftigungsformen.
Schulung und Weiterbildung: Nutzen Sie die Zeit bis zum Mindestlohn 2027, um sich und Ihr Gremium über die rechtlichen Grundlagen und praktischen Auswirkungen zu informieren.
Vernetzung: Tauschen Sie sich mit anderen Betriebsräten über bewährte Praktiken und Erfahrungen aus. Gewerkschaften bieten oft spezielle Seminare und Beratungen zu diesem Thema an.
Die Deutsche Gewerkschaftsbund-Website bietet aktuelle Informationen und Materialien, die Betriebsräte bei ihrer Arbeit unterstützen können.
Betriebsvereinbarungen vorbereiten: Überlegen Sie, ob spezielle Betriebsvereinbarungen zur Umsetzung der Mindestlohn-Erhöhungen sinnvoll sind, etwa zur Arbeitszeiterfassung oder zu Übergangeregelungen.
Fazit: Chancen der Mindestlohn-Entwicklung nutzen
Der Weg zum Mindestlohn 2027 bietet Betriebsräten die Möglichkeit, ihre Rolle als Interessenvertretung zu stärken und einen wichtigen Beitrag zu fairen Arbeitsbedingungen zu leisten. Die stufenweise Erhöhung auf 14,60 Euro pro Stunde bedeutet nicht nur mehr Geld für die Beschäftigten, sondern auch neue Verantwortung für Betriebsräte.
Nutzen Sie die kommenden Monate, um sich strategisch vorzubereiten und die Weichen für eine erfolgreiche Begleitung der Mindestlohn-Erhöhungen zu stellen. Ihre aktive Rolle bei der Umsetzung kann entscheidend dazu beitragen, dass die positiven Effekte der höheren Lohnuntergrenze bei den Beschäftigten ankommen und betriebliche Konflikte vermieden werden.
Mit der richtigen Vorbereitung wird der Mindestlohn 2027 zu einer Erfolgsgeschichte für alle Beteiligten – Beschäftigte, Betriebe und Betriebsräte gleichermaßen.

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