Das Entgelttransparenzgesetz ist seit 2017 ein wichtiges Instrument für mehr Lohngerechtigkeit in deutschen Unternehmen. Doch trotz seiner Bedeutung für die Gleichstellung wissen viele Beschäftigte nicht, welche konkreten Rechte ihnen zustehen und wie sie diese effektiv nutzen können. Hier kommt dem Betriebsrat eine Schlüsselrolle zu: Als Interessenvertretung der Arbeitnehmer kann er nicht nur aufklären, sondern auch aktiv bei der Durchsetzung der gesetzlichen Ansprüche unterstützen.
Grundlagen des Entgelttransparenzgesetzes: Was Beschäftigte wissen müssen
Das Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern schafft konkrete Auskunftsansprüche für Arbeitnehmer. Beschäftigte haben das Recht zu erfahren, nach welchen Kriterien und Verfahren ihr Entgelt festgelegt wird. Besonders wichtig ist der individuelle Auskunftsanspruch: Mitarbeiter können Informationen über das Entgelt von Kollegen verlangen, die eine gleichwertige oder gleichartige Tätigkeit ausüben.
Allerdings gelten bestimmte Voraussetzungen. Der Auskunftsanspruch besteht nur in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten. Zudem müssen mindestens sechs Personen des jeweils anderen Geschlechts die Vergleichstätigkeit ausüben. Diese Schwellenwerte schränken die praktische Anwendung erheblich ein, doch wo das Gesetz greift, bietet es wirksame Instrumente gegen Lohndiskriminierung.
Die Auskunft muss schriftlich beantragt werden und der Arbeitgeber hat drei Monate Zeit für die Antwort. Dabei werden nicht die konkreten Gehälter einzelner Personen preisgegeben, sondern statistische Werte wie Median oder Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Diese Anonymisierung schützt die Privatsphäre der Kollegen, liefert aber dennoch aussagekräftige Vergleichsdaten.
Praktische Unterstützung durch den Betriebsrat
Betriebsräte können ihre Belegschaft auf verschiedenen Ebenen unterstützen. Zunächst ist Aufklärungsarbeit entscheidend: Viele Beschäftigte kennen ihre Rechte nicht oder scheuen sich, diese geltend zu machen. Der Betriebsrat kann durch Informationsveranstaltungen, Rundschreiben oder persönliche Beratungsgespräche das Bewusstsein für die Möglichkeiten des Entgelttransparenzgesetzes schärfen.
Bei der praktischen Umsetzung ist der Betriebsrat ein wichtiger Verbündeter. Er kann Beschäftigte dabei unterstützen, ihre Auskunftsanträge korrekt zu formulieren. Dabei ist Präzision wichtig: Der Antrag muss die Vergleichstätigkeit exakt beschreiben und alle relevanten Qualifikationen und Tätigkeitsmerkmale erfassen. Nur so lässt sich eine aussagekräftige Vergleichsgruppe definieren.
Darüber hinaus verfügt der Betriebsrat über eigene Informationsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Er kann vom Arbeitgeber Auskunft über die Grundsätze der Entgeltfindung verlangen und so ein umfassendes Bild der betrieblichen Entgeltstrukturen gewinnen. Diese Informationen helfen nicht nur bei der Beratung einzelner Beschäftigter, sondern ermöglichen auch eine systematische Analyse möglicher Ungleichbehandlungen.

Strategien für mehr Transparenz im Unternehmen
Erfolgreiche Betriebsratsarbeit geht über die reaktive Unterstützung einzelner Auskunftsanträge hinaus. Proaktive Betriebsräte entwickeln umfassende Strategien für mehr Entgelttransparenz. Dazu gehört die Initiative für Betriebsvereinbarungen, die über die gesetzlichen Mindeststandards hinausgehen.
Eine wirksame Maßnahme ist die Einführung transparenter Entgeltsysteme. Betriebsräte können mit der Geschäftsführung Vereinbarungen über einheitliche Bewertungskriterien und Gehaltsstrukturen aushandeln. Dabei sollten objektive Faktoren wie Qualifikation, Berufserfahrung und Verantwortungsbereich im Vordergrund stehen. Subjektive Bewertungen, die häufig zu unbewussten Diskriminierungen führen, werden so minimiert.
Regelmäßige Entgeltanalysen sind ein weiteres wichtiges Instrument. Der Betriebsrat kann durchsetzen, dass systematisch überprüft wird, ob gleichwertige Tätigkeiten auch gleich entlohnt werden. Solche Analysen decken nicht nur bestehende Ungleichbehandlungen auf, sondern beugen auch künftigen Diskriminierungen vor.
Die Zusammenarbeit mit externen Experten kann die Arbeit des Betriebsrats erheblich unterstützen. Arbeitsrechtler oder Entgeltspezialisten bringen das nötige Fachwissen mit, um komplexe Fälle zu beurteilen und rechtssichere Lösungen zu entwickeln. Viele Gewerkschaften bieten ihren Mitgliedern entsprechende Beratungsleistungen an, wie das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in seinen Informationsmaterialien ausführt.
Wichtig ist auch die Sensibilisierung der Führungskräfte. Der Betriebsrat kann Schulungen für Vorgesetzte initiieren, die über die rechtlichen Anforderungen des Entgelttransparenzgesetzes informieren und für das Thema Lohngerechtigkeit sensibilisieren. Denn oft entstehen Ungleichbehandlungen nicht aus böser Absicht, sondern aus Unwissen oder unbewussten Vorurteilen.
Die Dokumentation aller Maßnahmen und Gespräche ist für die Betriebsratsarbeit unverzichtbar. Sie schafft Transparenz über die eigenen Aktivitäten und kann bei rechtlichen Auseinandersetzungen wichtige Belege liefern. Zudem hilft eine systematische Dokumentation dabei, Erfolge zu messen und Strategien weiterzuentwickeln.
Das Entgelttransparenzgesetz bietet wichtige Instrumente für mehr Lohngerechtigkeit, doch seine Wirksamkeit hängt entscheidend von der praktischen Umsetzung ab. Betriebsräte sind dabei unverzichtbare Partner für die Beschäftigten. Durch kompetente Beratung, strategische Initiativen und konsequente Interessenvertretung können sie dazu beitragen, dass aus dem gesetzlichen Anspruch auf Entgelttransparenz gelebte Praxis wird. Die Investition in diese Arbeit lohnt sich: Faire Entlohnung stärkt nicht nur die Motivation der Belegschaft, sondern auch die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber.

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