Warum Formfehler bei der Betriebsratswahl 2026 so kritisch sind
Die Betriebsratswahl 2026 ist nicht nur ein demokratisches Ereignis im Betrieb, sondern auch ein hochformalisiertes Verfahren mit strengen gesetzlichen Vorgaben. Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) und die Wahlordnung (WO) regeln bis ins kleinste Detail, wie die Wahl durchzuführen ist. Diese Formstrenge hat einen guten Grund: Sie soll die Legitimität und Rechtmäßigkeit der Wahl sicherstellen und allen Wahlberechtigten gleiche Chancen garantieren.
Doch genau diese Komplexität führt in der Praxis immer wieder zu Fehlern. Statistisch gesehen wird etwa jede zehnte Betriebsratswahl angefochten – häufig erfolgreich. Die Konsequenzen sind erheblich: Im schlimmsten Fall muss die gesamte Wahl wiederholt werden, was mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden ist. Zudem wird die Arbeit des Betriebsrats durch eine laufende Anfechtung beeinträchtigt, da seine Entscheidungen bis zur gerichtlichen Klärung unter Vorbehalt stehen.
Der Wahlvorstand trägt die Hauptverantwortung für eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl des Betriebsrats. Umso wichtiger ist es, die häufigsten Fehlerquellen zu kennen und von vornherein zu vermeiden. Im Folgenden beleuchten wir die Top 5 der kritischen Stolpersteine.
Fehler 1: Nicht ordnungsgemäße Bestellung des Wahlvorstands
Die Bestellung des Wahlvorstands ist der erste und zugleich einer der kritischsten Schritte auf dem Weg zur Betriebsratswahl 2026. Nach § 16 BetrVG muss der amtierende Betriebsrat spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen Wahlvorstand bestellen. Diese Frist ist zwingend und nicht verhandelbar.
Häufige Fehler in der Praxis:
- Der Betriebsrat versäumt die Frist zur Bestellung des Wahlvorstands
- Die Bestellung erfolgt nicht durch förmlichen Beschluss in einer ordnungsgemäß einberufenen Betriebsratssitzung
- Der Wahlvorstand wird mit einer ungeraden Anzahl von Mitgliedern bestellt, was zu Problemen bei Abstimmungen führen kann
- Es werden nicht mindestens drei Mitglieder bestellt (bei Betrieben mit mehr als 50 Wahlberechtigten)
Existiert kein Betriebsrat oder kommt dieser seiner Pflicht nicht nach, können mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft beim Arbeitsgericht die Bestellung eines Wahlvorstands beantragen (§ 16 Abs. 2 BetrVG).
Praxistipp: Dokumentieren Sie die Bestellung des Wahlvorstands sorgfältig im Protokoll der Betriebsratssitzung. Notieren Sie das genaue Datum, die Namen aller Mitglieder und deren Funktion (Vorsitzender, Stellvertreter). Diese Dokumentation ist später bei einer möglichen Anfechtung von entscheidender Bedeutung.

Fehler 2: Fehlerhafte Wählerliste – die unterschätzte Gefahrenquelle
Die Wählerliste ist das Herzstück jeder Betriebsratswahl und gleichzeitig eine der häufigsten Fehlerquellen. Nach § 2 WO muss der Wahlvorstand eine Liste aller Wahlberechtigten erstellen und diese mindestens zwei Wochen vor der Wahl zur Einsichtnahme auslegen.
Typische Fehler bei der Erstellung:
- Leiharbeitnehmer werden nicht oder fehlerhaft berücksichtigt (diese sind nach drei Monaten Einsatzdauer wahlberechtigt, § 7 BetrVG)
- Auszubildende, Praktikanten oder Werkstudenten werden übersehen
- Die Geschlechtszugehörigkeit wird nicht korrekt erfasst (relevant für die Geschlechterquote)
- Die Einsichtsfrist wird nicht eingehalten oder nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht
- Einsprüche gegen die Wählerliste werden nicht oder nicht fristgerecht bearbeitet
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin weist in ihren Handlungshilfen darauf hin, dass eine fehlerhafte Wählerliste zu den häufigsten Anfechtungsgründen gehört.
Praxistipp: Beginnen Sie frühzeitig mit der Erstellung der Wählerliste und gleichen Sie diese mit der Personalabteilung ab. Klären Sie besonders die Situation von Leiharbeitnehmern, befristet Beschäftigten und Teilzeitkräften. Jeder Wahlberechtigte muss mit Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum geführt werden.
Fehler 3: Missachtung der Geschlechterquote und Minderheitenschutz bei der Betriebsratswahl 2026
Seit der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 gilt: Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein (§ 15 Abs. 2 BetrVG). Diese Regelung wird bei der Betriebsratswahl 2026 streng kontrolliert.
Häufige Fehler:
- Der Wahlvorstand prüft nicht, ob die Geschlechterquote auf den Vorschlagslisten eingehalten wird
- Bei der Auszählung wird die Quote nicht berücksichtigt
- Die Nachrückregel bei Ausscheiden von Betriebsratsmitgliedern wird falsch angewendet
Die Geschlechterquote greift bereits bei der Kandidatenaufstellung: Enthält eine Vorschlagsliste mehr Namen, als Betriebsratsmitglieder zu wählen sind, und werden mindestens sechs Betriebsratsmitglieder gewählt, muss auch die Liste die Geschlechterquote beachten.
Praxistipp: Informieren Sie potenzielle Kandidaten frühzeitig über die Quotenregelung. Prüfen Sie jede Vorschlagsliste auf Konformität, bevor Sie diese zulassen. Bei Unklarheiten ziehen Sie einen Wahlrechtsexperten hinzu oder wenden Sie sich an das zuständige Arbeitsgericht.
Fehler 4: Versäumte Fristen – wenn Zeit zum Risikofaktor wird
Das Wahlverfahren zur Betriebsratswahl 2026 ist von zahlreichen Fristen durchzogen, die strikt einzuhalten sind. Ein Fristversäumnis gehört zu den sichersten Wegen, eine Wahlanfechtung zu provozieren.
Kritische Fristen im Überblick:
- Bestellung des Wahlvorstands: spätestens zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des alten Betriebsrats
- Wahlausschreiben: muss spätestens sechs Wochen vor der Wahl erlassen werden (vereinfachtes Verfahren: eine Woche vor der Wahl)
- Einreichung von Vorschlagslisten: endet zwei Wochen vor der Wahl (vereinfachtes Verfahren: eine Woche)
- Auslegung der Wählerliste: mindestens zwei Wochen vor der Wahl
- Einsprüche gegen die Wählerliste: müssen drei Tage vor der Wahl entschieden sein
Praxistipp: Erstellen Sie einen detaillierten Zeitplan mit allen relevanten Fristen und Meilensteinen. Nutzen Sie Erinnerungsfunktionen und arbeiten Sie mit Puffern. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung bietet praktische Checklisten zur Wahlvorbereitung an.
Fehler 5: Unzureichende Bekanntmachungen und Dokumentation
Der Grundsatz der Öffentlichkeit ist zentral für die Legitimität der Wahl des Betriebsrats. Alle wesentlichen Schritte müssen den Wahlberechtigten bekannt gemacht werden – und zwar so, dass jeder tatsächlich davon Kenntnis nehmen kann.
Typische Versäumnisse:
- Das Wahlausschreiben wird nicht an allen Standorten ausgehängt
- Schichtarbeiter oder Außendienstmitarbeiter werden nicht erreicht
- Die Bekanntmachung erfolgt nur digital, obwohl nicht alle Beschäftigten Zugang zu elektronischen Medien haben
- Wichtige Unterlagen werden nicht vollständig dokumentiert oder archiviert
Eine lückenlose Dokumentation ist bei einer späteren Anfechtung unerlässlich. Der Wahlvorstand muss nachweisen können, dass alle Verfahrensschritte korrekt durchgeführt wurden.
Praxistipp: Fotografieren Sie alle Aushänge mit Datum- und Zeitstempel. Führen Sie ein Wahlprotokoll, in dem Sie jeden Verfahrensschritt dokumentieren. Bewahren Sie alle Unterlagen mindestens für die Dauer der Amtszeit des Betriebsrats auf.
Fazit: Vorbereitung ist der Schlüssel zur erfolgreichen Betriebsratswahl 2026
Eine rechtssichere Durchführung der Betriebsratswahl 2026 erfordert Sorgfalt, Fachkenntnis und ein strukturiertes Vorgehen. Die gute Nachricht: Die meisten Fehler sind vermeidbar, wenn der Wahlvorstand sich frühzeitig vorbereitet und die kritischen Punkte kennt. Nutzen Sie Schulungsangebote, ziehen Sie bei Unsicherheiten rechtzeitig Experten hinzu und arbeiten Sie mit einer detaillierten Checkliste. So stellen Sie sicher, dass Ihre Betriebsratswahl nicht nur rechtmäßig ist, sondern auch von allen Beteiligten als fair und transparent wahrgenommen wird. Eine erfolgreiche Wahl ist die Grundlage für eine starke und legitimierte Interessenvertretung in den kommenden vier Jahren.

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