Azubi-Engpässe: Wie kann der Betriebsrat angehende Mitarbeitende unterstützen?

28. Oktober 2024
duale ausbildung bbig Bild von XtravaganT / Adobe Stock

Viele Betriebe suchen aktuell vergebens nach neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Am Ende des Jahres 2023 waren es rund 69.800 Ausbildungsstellen, die im Bundesgebiet unbesetzt geblieben sind. Zusammen mit dem Arbeitgeber kann der Betriebsrat jedoch dafür sorgen, dass der eigene Betrieb für Auszubildende wieder attraktiver wird. Ein Überblick über die Möglichkeiten.

Mangel an neuen Azubis: Woran liegt das?

Eine Studie der Bundesagentur für Arbeit macht die Problematik auf dem deutschen Ausbildungsmarkt deutlich: Im Jahr 2011 bewarben sich auf 100 Azubi-Stellen statistisch gesehen noch 106 Menschen, zehn Jahre später bereits nur noch 84. Da die Tendenz weiter absinkt, fragen sich viele Betriebe: Was sind die Ursachen für den Mangel und welche Möglichkeiten gibt es, diesem entgegenzuwirken?

In der Statistik lassen sich einige Hauptgründe erkennen:

  • Zunehmende Akademisierung: Rund ein Drittel der Schülerinnen und Schüler in Deutschland machen Abitur – und entscheiden sich nachfolgend nicht für eine Ausbildung, sondern für ein Studium.
  • Mehr Studiengänge: Die Zahl der verfügbaren Studiengänge in Deutschland liegt mittlerweile bei über 20.000. Da es immer weniger Ausbildungsberufe gibt, entscheiden sich viele junge Menschen lieber für einen passenden Studiengang.
  • Hohe Lebenshaltungskosten: Wenn Auszubildende nicht die Möglichkeit haben, bei ihren Eltern zu wohnen, reicht das Gehalt häufig nicht für ein eigenständiges Leben aus. Das macht eine Ausbildung in vielen Fällen schlicht unmöglich.
  • Abweichende Vorstellungen: Nur wenige Menschen können sich einen körperlich anstrengenden Beruf vorstellen. Beliebter dagegen sind Berufe, bei denen die Kreativität gefragt ist, dies findet sich häufiger in Studiengängen.

Fazit: Gerade der demografische Wandel belastet den Arbeits- und Ausbildungsmarkt zunehmend. Die Zahl der Fachkräfte sinkt weiter, da sich immer weniger junge Menschen entscheiden, einen Ausbildungsberuf auszuüben. Erschwerend kommt hinzu, dass einige Interessenten sich die Ausbildung ohne finanzielle Unterstützung der Eltern nicht leisten könnten. Der Betriebsrat kann jedoch entscheidend zur Attraktivität des Betriebs für Auszubildende beitragen – und dem Trend so entgegenwirken.

Der Spezialratgeber „KI im Betriebsrat: Ihre Rechte, Pflichten und Chancen“  zeigt Ihnen alle Fälle auf, in denen Sie aktuell bei künstlicher Intelligenz mitbestimmen dürfen und wie Sie die Vorteile als Betriebsrat nutzen können. Hier klicken!

Übersicht: Was der Betriebsrat für Auszubildende tun kann

Wenn ein Unternehmen Auszubildende einstellen möchte, dann unterscheidet sich das im Wesentlichen nicht von der Einstellung eines „regulären“ Arbeitnehmers oder einer Arbeitnehmerin. Das hat zur Folge, dass der Betriebsrat für Azubis viele Aufgaben wahrnimmt, die er auch im Rahmen der Arbeitnehmervertretung durchführt.

Neben seinen Routineaufgaben wie der Überwachung der Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen kann er jedoch auch die Attraktivität des Betriebs für neue Bewerberinnen und Bewerber steigern sowie bestehende Azubis trotz Schwierigkeiten im Unternehmen halten. Unter anderem durch die folgenden Maßnahmen.

Verbesserung der Ausbildungsbedingungen

In § 98 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ist geregelt, dass der Betriebsrat bei Fragen der Berufsbildung mitwirken kann. Das bedeutet, er kann in einem bestimmten Rahmen auf angemessene Ausbildungsvergütungen, eine moderne und digitale Arbeitsausstattung und flexible Arbeitszeiten einwirken.

Dazu gehören:

  • Digitale und schlanke Abläufe
  • Nutzung flacher Hierarchien
  • Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice
  • Individuelle Ansprechpartner für Azubis

Studien zeigen, dass diese Aspekte (chronologisch sortiert) für Auszubildende bei der Wahl des Betriebs besonders wichtig sind: Vergütung, Arbeitsklima, Karriereperspektiven, Work-Life-Balance, Standort / Anfahrt / Mobilität. Auf alle diese Gebiete kann der Betriebsrat einwirken.

Nutzung der betrieblichen Mitbestimmung

Der § 99 BetrVG gibt dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei personellen Angelegenheiten. Er kann also auch auf die Planung der Ausbildungsinhalte und den Einsatz der Auszubildenden Einfluss nehmen, um die Ausbildungsqualität nachhaltig zu verbessern. Regelmäßige Feedbackgespräche helfen hier, herauszufinden, welche Aspekte die Auszubildenden noch stören und wo Dinge verbessert werden können.

Mitgestaltung der Karriereperspektiven

In der Ausbildung sind die Karriere- und Einkommensmöglichkeiten gering. Umso wichtiger ist es für die angehenden Mitarbeitenden, zu wissen, welche Chancen sich in der Zukunft ergeben können. Nach § 98 Abs. BetrVG kann der Betriebsrat bei Maßnahmen zur Berufsbildung mitwirken und Vorschläge einbringen.

Für Auszubildende besonders interessant sind Weiterbildungsangebote während der Ausbildung, Übernahmegarantien für eine Anstellung oder auch das Aufzeigen von unterschiedlichen Karrierewegen nach der Ausbildungszeit. So können sich gerade junge Menschen besser vorstellen, wie das eigene Berufsleben weitergeht und warum es sich lohnt, die Ausbildung zu Ende zu bringen.

Ansprechpartner bei Problemen und Unklarheiten

Es ist wichtig, neuen Auszubildenden zu zeigen, dass sie ein Teil des Unternehmens sind und keine untergeordnete Rolle spielen. Der Betriebsrat sollte während der gesamten Ausbildungszeit in einem engen Austausch mit den Azubis stehen, um Schwierigkeiten bereits im Ansatz zu erkennen und aus dem Weg zu räumen. Fühlen sich junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht gehört, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie frühzeitig kündigen.

Durch seine Überwachungsfunktion sollte der Betriebsrat zudem immer sicherstellen, dass die Ausbildung den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Wenn der Betriebsrat seine Maßnahmen für Auszubildende ernst nimmt, spricht sich das in der Regel schnell herum. Moderne Arbeitsbedingungen, flache Hierarchien und gute Karrierechancen überzeugen junge Menschen, sich für das eigene Unternehmen, statt die Konkurrenz zu entscheiden.

Azubi Betriebsratsarbeit Personalmangel
Sie haben eine individuelle Sachlage, die Sie kurz besprechen möchten? Dann schreiben Sie unsere Experten über den nachfolgenden Button an.

Preview Image
Experten befragen

Sie erhalten innerhalb von 24 Stunden Ihre Antwort!
Neueste Beiträge
Schulungstermin buchen
Ihr Lotsenservice
Rufen Sie unser Service-Team jederzeit kostenlos an:
Tel.: +49 228 9550-290
E-Mail: team@smart-br.net
Oder buchen Sie jetzt Ihren unverbindlichen Schulungstermin bei unserem Smart BR-Serviceteam:
Wir zeigen Ihnen wie Sie jederzeit und von jedem Ort jedes Mitbestimmungsproblem lösen!
Wie Sie mit wenigen Klicks auf rechtsichere Fachinformationen und Arbeitshilfen zugreifen können.
Wie Sie individuelle Zugänge anlegen und Ihre Betriebsratsarbeit optimieren können.
Produkt Manager
Bitte wählen Sie Ihren Wunschtermin aus und vereinbaren Sie jetzt Ihren persönlichen Online-Termin.
Kristin Richter, Produktmanagerin von Smart BR.